Leitsatz (amtlich)

1. Zur Frage, ob für die Begründung der Stellung eines faktischen Geschäftsführers einer GmbH die Billigung der tatsächlichen Geschäftsführertätigkeit durch eine Mehrheit der Gesellschafter genügt.

2. Ein Handeln auf Grund des Auftrags i.S.d. § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, dass der Beauftragte bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zumindest auch für die Belange des Betriebes tätig werden will und nicht nur eigennützige Vermögensinteressen verfolgt.

 

Normenkette

GmbHG §§ 64, 84 Abs. 1; StGB § 14 Abs. 2 S. 1 Nr. 1

 

Tenor

I. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des LG M. vom 2.5.2005

1. im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte in den Fällen III.6. b) und c) der Urteilsgründe jeweils des Betrugs schuldig ist;

2. mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

a) im Schuldspruch, soweit der Angeklagte wegen Insolvenzverschleppung und Bankrotts in 14 Fällen (III.2., 4. und 5. der Urteilsgründe) verurteilt worden ist;

b) hinsichtlich der Einzelstrafen für die Taten III.2., 4., 5., 6b) und c) der Urteilsgründe sowie im Gesamtstrafenausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des LG zurückverwiesen.

II. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

 

Gründe

I. Das AG M. verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 22.5.2003 unter Freisprechung im Übrigen wegen Insolvenzverschleppung, Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 20 Fällen, Bankrotts in 15 Fällen und wegen Betrugs in 16 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten. Gegen das amtsgerichtliche Urteil legten im Umfang der Verurteilung sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft fristgerecht Berufung ein. Durch Urteil des AG M. vom 8.7.2003 wurde der Angeklagte des Weiteren wegen gewerbsmäßiger unerlaubter Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in drei Fällen und wegen Betrugs in drei Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Gegen dieses Urteil wandte sich der Angeklagte mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung.

Nach Verbindung beider Berufungsverfahren durch Beschluss vom 22.2.2005 hat das LG M. die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen die Urteile des AG M. vom 22.5. und 8.7.2003 mit der Maßgabe verworfen, dass es den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen der Insolvenzverschleppung, des Bankrotts in 15 Fällen, des Betrugs in 12 Fällen, des Vorenthaltens von Arbeitsentgelt in 18 Fällen und der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke in zwei Fällen schuldig gesprochen und ihn unter Einbeziehung der Strafe aus dem Strafbefehl des AG M. vom 9.7.2003 zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt hat. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte, auf eine Verfahrensbeanstandung und die Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten.

Das zulässige Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang teilweise vorläufigen Erfolg. Im Übrigen erweist es sich als unbegründet i.S.d. § 349 Abs. 2 StPO.

II. Verfahrensrüge

Die Verfahrensbeschwerde, mit der geltend gemacht wird, die Strafkammer habe den Inhalt von verschiedenen Urkunden, die zum Gegenstand des Selbstleseverfahrens nach § 249 Abs. 2 StPO gemacht worden seien, bei ihrer Überzeugungsbildung nicht berücksichtigt und damit gegen § 261 StPO verstoßen, ist bereits nicht zulässig erhoben, weil das Revisionsvorbringen dem Senat nicht die Beurteilung ermöglicht, ob die Urkunden prozessordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden sind. Denn die Revision teilt nicht mit, dass - wie aber nach § 249 Abs. 2 S. 1 StPO erforderlich - die übrigen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit hatten, vom Inhalt der Urkunden Kenntnis zu nehmen (vgl. Meyer/Goßner, 48. Aufl., § 249 StPO Rz. 23; Gollwitzer in Löwe/Rosenberg, 25. Aufl., § 249 StPO Rz. 111).

Der Rüge müsste im Übrigen der Erfolg versagt bleiben, da der behauptete Verfahrensverstoß jedenfalls nicht nachgewiesen ist.

Die Ergebnisse der Beweisaufnahme festzustellen und zu würdigen ist allein Sache des Tatrichters; der dafür bestimmte Ort ist das Urteil. Was in ihm über das Ergebnis der Verhandlung zur Schuld- und Straffrage festgestellt ist, bindet das Revisionsgericht (vgl. BGH v. 3.7.1991 - 2 StR 45/91, BGHSt 38, 14 [15] = MDR 1991, 1186; v. 2.6.1992 - 1 StR 182/92, MDR 1992, 890 = NStZ 1992, 506; Urt. v. 9.10.2002 - 5 StR 42/02, insoweit in BGHSt 48, 34 nicht abgedruckt; OLG Karlsruhe, Beschl. v. 22.3.2005 - 3 Ss 22/05). Allein aus dem Schweigen der Urteilsgründe kann grundsätzlich nicht geschlossen werden, dass der Tatrichter sich mit einem bestimmten, aus der Akte ergebenden Gesichtspunkt nicht befasst hat. Denn die Erörterungspflicht im Urteil beschränkt sich auf solche Umstände, denen im Zeitpunkt der Urteilsfällung eine wesentliche Beweisbedeutung zukommt. Ob der In...

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