Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Bemessung der Barunterhaltspflicht der (leistungsfähigen) Elternteile beim sog. Wechselmodell

 

Leitsatz (amtlich)

Sind bei Betreuung eines Kindes im Wechsel durch beide Elternteile (sog. Wechselmodell) beide (leistungsfähigen) Elternteile barunterhaltspflichtig, ist es naheliegend, die Barunterhaltsverpflichtung beider Elternteile direkt aus dem sich aus ihrem jeweiligen Einkommen ergebenden hälftigen Tabellenunterhalt abzuleiten.

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1606 Abs. 3, § 1612a

 

Verfahrensgang

AG Baden-Baden (Urteil vom 17.12.2004; Aktenzeichen 6 F 58/04)

 

Tenor

I. Der Klägerin wird ratenfreie Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Berufung gegen das Urteil des AG - FamG - Baden-Baden vom 17.12.2004 (6 F 58/04) bewilligt, soweit sie einen Anspruch auf Trennungsunterhalt i.H.v. 511 EUR monatlich geltend macht.

Ihr weiter gehendes Prozesskostenhilfegesuch wird zurückgewiesen.

Im Umfang der Bewilligung wird ihr RA ... beigeordnet.

II. Das Verfahren wird gem. § 527 ZPO der Berichterstatterin, Richterin am OLG ..., zur Vorbereitung der Entscheidung zugewiesen.

 

Gründe

I. Gegenstand des Verfahrens sind Ansprüche der Klägerin auf Trennungsunterhalt und Unterhalt für das gemeinsame Kind A., geboren am .... 1994, ab April 2004. Dieses hat im Schuljahr 2004/2005 die dritte Grundschulklasse besucht. Die Ehe der Parteien ist durch Urteil des AG - FamG - Baden-Baden vom 5.8.2005 geschieden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Aus der Ehe ist ein weiteres Kind K., geboren am .... 1991, hervorgegangen. In Abweichung von einer ursprünglichen Vereinbarung, dass jeder Elternteil ein Kind betreuen sollte, betreuen die Eltern im Wechsel jeweils beide Kinder zusammen.

Die Klägerin ist im Gaststättengewerbe teilzeitbeschäftigt und verdient 242,50 EUR netto monatlich. Der Beklagte arbeitet bei der Firma B. im Schichtdienst. Sein durchschnittliches Nettoeinkommen beträgt 2.250,88 EUR. Der Beklagte bewohnt zusammen mit seiner Lebensgefährtin die frühere Ehewohnung, die in seinem Alleineigentum steht und einen objektiven Wohnwert von 400 EUR besitzt. Für Zins und Tilgung wendet er monatlich 476 EUR auf.

Hinsichtlich des Sachverhalts wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das AG hat den Beklagten zur Zahlung von 224 EUR Trennungsunterhalt und 124,50 EUR Kindesunterhalt für A. monatlich verurteilt. Dabei hat es der Klägerin ein fiktives Einkommen aus zumutbarer Halbtagstätigkeit i.H.v. 800 EUR netto zugerechnet.

Die Klägerin beabsichtigt, gegen dieses Urteil Berufung einzulegen, um ihre Forderung auf 710 EUR Trennungsunterhalt und 252 EUR Kindesunterhalt für A. weiter zu verfolgen.

Der Beklagte hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und erstrebt die Abweisung der Klage.

Die Klägerin rügt die Zurechnung fiktiver Einkünfte. Sie betreue die Kinder an unterschiedlichen Tagen, abhängig vom Schichtenplan des Beklagten. Sie könne deshalb keine Halbtagsstelle finden. Selbst wenn man auf ihrer Seite ein Einkommen von 360 EUR in die Unterhaltsberechnung einstellen würde, ergäbe sich noch ein Anspruch von 710 EUR.

Die Hauslasten müsse der Beklagte strecken. Da die Restschuld nur noch ca. 7.000 EUR betrage, sei der aufgewandte Betrag von monatlich 476 EUR mit den Interessen der unterhaltsberechtigten Personen nicht zu vereinbaren. Es könne allenfalls ein Betrag von 200 EUR abgezogen werden.

Die Kinder würden überwiegend von der Mutter betreut, weshalb sie zur Geltendmachung des Unterhalts berechtigt sei. Unstreitig betreue sie die Kinder aber zumindest in gleichem Umfang wie der Vater. Der Barunterhalt der Kinder dürfe deshalb nur zur Hälfte vom Einkommen des Beklagten abgezogen werden.

Der Beklagte macht u.a. geltend, er schulde keinen Barunterhalt, weil er für beide Kinder Betreuungsunterhalt leiste. Zudem zahle er Urlaube und teure Gebrauchsgegenstände. Außerdem liege in der Absprache, die Kinder wechselseitig zu betreuen, eine konkludente Freistellungsvereinbarung hinsichtlich des zu zahlenden Kindesunterhalts.

Im Hinblick auf die beiderseitige Kinderbetreuung sei entweder sein Einkommen zur Hälfte als überobligatorisch zu werten oder der Klägerin ein fiktives Einkommen aus Ganztagstätigkeit zuzurechnen. In der Trennungsphase könne ihm nur der angemessene Wohnwert als Wohnvorteil zugerechnet werden.

II. Die Berufung der Klägerin hat nur teilweise Aussicht auf Erfolg i.S.v. § 114 ZPO.

Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand ist von hälftiger Betreuung der Kinder durch beide Elternteile und damit einem echten Wechselmodell auszugehen. Beide Parteien haben deshalb im gleichen Umfang für den Barunterhalt und den Betreuungsunterhalt der Kinder aufzukommen.

Das Einkommen des Beklagten ist nicht als überobligatorisch anzusehen, weil er während des Zusammenlebens der Parteien ebenfalls in diesem Umfang tätig war und hieran durch die Kinderbetreuung auch jetzt nicht gehindert ist, weil die Klägerin die Betreuung in dem durch seine Berufstätigkeit vorgegebenen Umfang übernimmt. Es ist deshalb ...

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