Leitsatz (amtlich)

Hat die Gesellschaft vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen Abschlussprüfer gemäß § 318 Abs. 1 HGB für solche Geschäftsjahre bestellt, die vor dem Jahr liegen, das der Insolvenzeröffnung unmittelbar vorangeht, wird die Wirksamkeit dieser Bestellung in entsprechender Anwendung des § 155 Abs. 3 S. 2 InsO durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht berührt und kann das Registergericht für diese Jahre keinen neuen Abschlussprüfer bestellen (entgegen OLG Dresden, Beschl. v. 30.09.2009 - 13 W 281/09 -).

 

Verfahrensgang

AG Freiburg i. Br. (Beschluss vom 21.12.2016; Aktenzeichen HRB 711635)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 08.05.2018; Aktenzeichen II ZB 17/17)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des AG Freiburg - Registergericht - vom 21.12.2016, Az. HRB 711635, wird zurückgewiesen.

2. Die Beteiligte zu 1 trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Beschwerdewert wird auf 60.000 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Gründe

I. Die Beteiligte zu 1 wendet sich gegen den Beschluss des AG, soweit mit dem ihr Antrag auf Bestellung eines Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2014 zurückgewiesen wurde.

Über das Vermögen der Beteiligten zu 1 wurde mit Beschluss vom 01.05.2016 das Insolvenzverfahren eröffnet. Mit Beschluss vom 11.05.2016 wurde sodann Eigenverwaltung angeordnet und ein Sachwalter bestimmt. Mit Antrag vom 10.03.2016 (AS 85 ff.) beantragte die Beteiligte zu 1 unter anderem, die Beteiligte zu 3 gerichtlich als Abschlussprüfer für die Prüfung des Jahresabschlusses auf den 31.12.2014 zu bestellen. Die Beteiligte zu 3 hat sich mit der beantragten Bestellung einverstanden erklärt (AS 137). Die Beteiligte zu 2 ist dem Antrag entgegengetreten (AS 149 ff.). Vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens hatte die Beteiligte zu 1 durch Gesellschafterbeschluss die Beteiligte zu 2 zum Abschlussprüfer für das zum 31.12.2014 endende Geschäftsjahr bestimmt und ihr Prüfungsauftrag erteilt.

Das AG hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 10.03.2016 (AS 85 ff.) den Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Die Bestellung der Beteiligten zu 2 (im Beschluss des AG bezeichnet als Beteiligte zu 1) sei nicht durch die Insolvenzeröffnung unwirksam geworden. Dies ergebe sich insbesondere nicht aus § 155 Abs. 3 S. 2 InsO. Auch die Voraussetzungen für die Bestellung eines neuen Prüfers nach § 318 Abs. 3 HGB lägen nicht vor.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt, die am 18.01.2017 beim AG eingegangen ist (AS 187 ff.). Sie ist der Ansicht, durch die Insolvenzeröffnung sei die Bestellung der Beteiligten zu 2 als Abschlussprüferin unwirksam geworden. Dies folge aus § 155 Abs. 3 S. 2 InsO. Außerdem sei der Prüfervertrag gemäß §§ 115, 116 InsO durch die Insolvenzeröffnung erloschen.

Der Senat hat mit Verfügung vom 17.02.2017 die Beteiligten zu 2 und 3 am Beschwerdeverfahren beteiligt.

II. Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet. Das AG hat die gerichtliche Bestellung eines neuen Abschlussprüfers für die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.2014 zu Recht abgelehnt.

A. Die Beschwerde ist gemäß §§ 402 Abs. 1, § 375 Nr. 1 FamFG statthaft und in zulässiger Form eingelegt. Die Beteiligte zu 1 ist als Antragstellerin gemäß § 59 Abs. 2 FamFG beschwerdeberechtigt.

B. Die Beschwerde hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Voraussetzungen für die gerichtliche Bestellung des Abschlussprüfers nach § 155 Abs. 3 S. 1 InsO in Verbindung mit § 318 HGB liegen nicht vor.

1. Der Abschlussprüfer einer Kapitalgesellschaft wird gemäß § 318 Abs. 1 S. 1 HGB grundsätzlich von den Gesellschaftern gewählt; ausnahmsweise wird er in den in § 318 Abs. 3 und 4 HGB geregelten Fällen auf Antrag vom Gericht bestimmt. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegt nach § 155 Abs. 3 S. 1 InsO die Zuständigkeit zur Bestellung des Abschlussprüfers nicht mehr bei den Gesellschaftern, sondern die Bestellung kann nur auf Antrag des Insolvenzverwalters durch das Gericht erfolgen. Dies gilt auch im Fall der Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO. Auch wenn hierfür § 281 Abs. 3 InsO bestimmt, dass zur Rechnungslegung (weiterhin) der Schuldner verpflichtet ist, macht die Bezugnahme in § 281 Abs. 3 InsO auf § 155 InsO deutlich, dass § 155 InsO entsprechend gilt, also auch bei der Insolvenz einer Kapitalgesellschaft in Eigenverwaltung nicht mehr diese die Bestellung des Abschlussprüfers vornehmen kann, wie in § 318 Abs. 1 S. 1 HGB vorgesehen, sondern nur noch auf ihren Antrag das Gericht.

2. Abweichend von § 155 Abs. 3 S. 1 InsO regelt § 155 Abs. 3 S. 2 InsO, dass dann, wenn für das Geschäftsjahr vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits ein Abschlussprüfer bestellt wurde, die Wirksamkeit dieser Bestellung durch die Eröffnung nicht berührt. Dabei wird die Regelung als gesetzliche Durchbrechung der §§ 115, 116 InsO angesehen (Kübler/Prütting/Bork, InsO, 70. Lieferung 01.2017, § 155 Rn. 70; Münchener Kommentar zur InsO, 3. Aufl. 2013, § 155 Rn. 21), wonach Geschäftsbesorgungsauft...

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