Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückabwicklung eines Gebrauchtwagen-Kaufvertrags wegen eines behaupteten arglistigen Verschweigens eines Unfallschadens

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Klausel im Gebrauchtwagen-Kaufvertrag "Angaben über Beschädigungen und KM-Stände werden wie vom Vorbesitzer ausgesagt weitergegeben. Für Unfallfreiheit (Rahmenschaden etc.) km-Stand keine Garantie, sofern dies nicht vom Verkäufer arglistig verschwiegen wurde" stellt eine Vereinbarung dar, nach der die Angaben über Vorschäden als reine Wissenserklärung zu werten sind und damit hinsichtlich deren Vorliegens die Gewährleistung (bis zur Grenze der Arglist) ausgeschlossen ist. Ein solcher (partieller) Gewährleistungsausschluss ist rechtlich nicht zu beanstanden. (Rn. 35)

2. Ein Gebrauchtwagenhändler ist grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung ("Sichtprüfung") des Fahrzeugs verpflichtet. Er ist zu einer näheren Überprüfung des Fahrzeugs nur aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen konkreten Verdacht auf Mängel begründen, gehalten, etwa dann, wenn er die Vorschädigung eines zu veräußernden Fahrzeugs kennt (Anschluss BGH, Urteil vom 15. April 2015 - VIII ZR 80/14). (Rn. 40)

3. Ein Verkäufer, der eine einfache Sichtprüfung des Fahrzeugs unterlässt, handelt arglistig, wenn die korrekte Sichtprüfung konkrete Anhaltspunkte für einen Unfallverdacht ergeben hätte (Fortführung OLG Karlsruhe, Beschluss vom 20. Mai 2020 - 9 W 10/20). (Rn. 42)

 

Normenkette

BGB § 311a Abs. 2, § 323 Abs. 1, § 326 Abs. 5, §§ 346, 437 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Konstanz (Urteil vom 27.07.2021; Aktenzeichen D 2 O 335/19)

 

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 27.07.2021, Az. D 2 O 335/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 15.939,37 EUR festzusetzen.

3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 02.05.2023.

 

Gründe

I. Streitgegenständlich sind Zahlungsansprüche wegen Rückabwicklung eines Kaufvertrags über einen Pkw.

Der Kläger schloss mit der Beklagten am 19.02.2019 einen Kaufvertrag über einen gebrauchten Pkw der Marke Mercedes-Benz Typ E220 T BT, Avantgarde (FIN: WDD2122011B245660), zum Preis von 22.000 Euro. Die Erstzulassung des Fahrzeugs war am 21.10.2015, es hatte einen Kilometerstand von 112.000 km.

Der schriftliche "Kaufvertrag/Rechnung" enthält den Zusatz "Gewerblich" in der Überschrift. Er enthält unter anderem folgende Regelungen:

"Kauft das nachstehende Fahrzeug gebraucht, wie ausgiebig besichtigt, unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung und Sachmängelhaftung (...)

Nebenabreden und nachträgliche Änderungen dieser Bestellung und etwaige Zusicherungen bedürfen zu ihrer Gültigkeit der schriftlichen Bestätigung des Verkäufers. Der Verkäufer weist darauf hin, dass die Fahrzeuge von der B... nicht selbst gefahren wurden und rein zum Weiterverkauf erworben wurden. Angaben über Beschädigungen und KM-Stände werden wie vom Vorbesitzer ausgesagt weitergegeben. Für Unfallfreiheit (Rahmenschaden etc.) km-Stand keine Garantie, sofern dies nicht vom Verkäufer arglistig verschwiegen wurde."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den "Kaufvertrag/Rechnung" vom 19.02.2019 verwiesen.

Am 18.02.2019 erfolgte ein Telefonat zwischen dem Kläger und dem Zeugen S..., einem Mitarbeiter der Beklagten. Nach dem Telefonat wies der Kläger den Kaufpreis an. Am nächsten Tag erfolgte die Anreise des Klägers nach G... mit der Bahn, wo nach Abschluss des schriftlichen Kaufvertrages das im beleuchteten Außenbereich zur Abholung bereit gestellte Fahrzeug übergeben wurde. Eine Probefahrt erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 14.04.2019 wurde die Beklagte unter Fristsetzung bis zum 23.04.2019 durch einen Bevollmächtigten des Klägers, Rechtsassessor E..., zur Rückabwicklung des Kaufvertrages und Zahlung von Schadensersatz aufgefordert. Das Fahrzeug weise einen Unfallschaden, massive Eindellungen durch Hagel sowie unfallbedingt einen Achsschaden auf. Eine Aufforderung zur Mängelbeseitigung erfolgte nicht.

Mit Schreiben vom 23.04.2019 wies die damalige Bevollmächtigte der Beklagten die Ansprüche zurück. In dem Schreiben, auf das verwiesen wird, heißt es unter anderem:

"Der guten Ordnung halber darf ich vorab darum bitten, dass sie ihre Bevollmächtigung, insbesondere auch im Hinblick auf das Rechtsdienstleitungsgesetz, nachweisen."

Der Kilometerstand des streitgegenständlichen Fahrzeugs betrug zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz 168.243 km.

Wegen der weiteren Feststellungen des Landgerichts und den erstinstanzlich gestellten Anträgen wird auf das a...

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