Tenor

Die Hinzuziehung des Nachlasspflegers als Beteiligter wird aufgehoben.

 

Gründe

I. Mit Beschluss des Nachlassgerichts vom 17.07.2020 (AS I, 347 ff.) wurde für die unbekannten Erben des Erblassers Nachlasspflegschaft mit dem Wirkungskreis Sicherung und Verwaltung des Nachlasses angeordnet. Zum Nachlasspfleger ausgewählt wurde der Beteiligte zu 3.

Im Rahmen des Verfahrens über den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 bestimmte das Nachlassgericht mit Verfügung vom 10.08.2020 Termin zur Anhörung der Beteiligten und zur Zeugenvernehmung und ordnete die Ladung des Nachlasspflegers als Verfahrensbeteiligten an (AS I, 369). Am Termin nahm der Nachlasspfleger teil und äußerte Zweifel, ob eine im Verfahren vorgelegte Erklärung des Erblassers vom 10.01.2016 von diesem abgegeben worden sei bzw. ihr rechtsgeschäftliche Bedeutung zukommen könne (AS I, 461).

Der den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 2 zurückweisende Beschluss des Nachlassgerichts vom 26.11.2020 (AS I, 695 ff.) führt im Rubrum als Beteiligten zu 3 den Nachlasspfleger. Mit ihrer gegen den Beschluss gerichteten Beschwerde hat die Beteiligte zu 2 auch geltend gemacht, dass eine Beteiligung des Nachlasspflegers an dem Erbscheinsverfahren nicht habe erfolgen dürfen.

II. Die durch das Nachlassgericht mit der Ladung des Nachlasspflegers zum Termin am 08.10.2020 jedenfalls konkludent getroffene Hinzuziehung zum Erbscheinsverfahren wird aufgehoben.

1. Beteiligter im Verfahren auf Erteilung eines Erbscheinsverfahrens ist nach § 345 Abs. 1 Satz 1 FamFG der Antragsteller. Daneben können auf Antrag oder von Amts wegen die in § 345 Abs. 1 Satz 2 FamFG Genannten als Beteiligte hinzugezogen werden. Eine Beteiligung des Nachlasspflegers ist im Erbscheinsverfahren hingegen grundsätzlich nicht möglich (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 23.06.2020 - 20 W 155/15 u.a. -, juris Rn. 54; Zimmermann, in: Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 345 FamFG Rn. 25; Grziwotz, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2019, § 345 FamFG Rn. 20). Er ist lediglich gesetzlicher Vertreter des Erben, aber selbst nicht unmittelbar betroffen im Sinne des § 345 Abs. 1 Nr. 5 FamFG. Seine Rechte werden durch eine im Erbscheinsverfahren ergehende Entscheidung nicht betroffen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 20.09.2000 - 1Z BR 86/99 -, Juris Rn. 48).

2. Grundsätzlich besteht eine durch Hinzuziehung begründete Beteiligtenstellung im Beschwerdeverfahren fort (vgl. BGH, Beschluss vom 11.04.2012 - XII ZB 531/11 -, Rn. 10). So wie es dem Nachlassgericht frei steht, die Hinzuziehung innerhalb der Instanz aufzuheben (vgl. Sternal, in: Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 7 FamFG Rn. 42; Fröhler, in: Prütting/Helms, FamFG, 5. Aufl. 2020, § 345 FamFG Rn. 15a), muss es aber auch im Beschwerdeverfahren möglich sein, die Beteiligtenstellung aufzuheben. Dies gilt jedenfalls dann, wenn Personen hinzugezogen worden sind, die in § 345 Abs. 1 Satz 2 FamFG nicht aufgeführt sind und deren Hinzuziehung dementsprechend auch nicht im Ermessen des Nachlassgerichts stand (anders demgegenüber wohl Sternal, in: Keidel, FamFG, 20. Aufl. 2020, § 7 FamFG Rn. 41). Im Hinblick auf die informationelle Selbstbestimmungsfreiheit der übrigen Beteiligten des Verfahrens muss in diesen Fällen eine Korrektur der rechtsfehlerhaften Entscheidung des Nachlassgerichts möglich sein. Dies gilt umso mehr, als ein isoliertes Vorgehen gegen die Hinzuziehung nicht möglich ist (vgl. Pabst, in: Münchener Kommentar zum FamFG, 3. Aufl. 2018, § 7 FamFG Rn. 39), und eine etwaige Überprüfung im Rahmen der Angriffe gegen die Endentscheidung die eingetretene Rechtsverletzung nicht mehr beseitigen könnte.

 

Fundstellen

Haufe-Index 15805228

ErbR 2023, 865

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