Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Befristung des Betreuungsunterhalts ohne sichere Prognose

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Hauptrechtsmittelführer kann sein - auf eine Scheidungsfolgesache beschränktes - Rechtsmittel gegen eine im Scheidungsverbund getroffene Entscheidung des FamG nach Ablauf der für ihn geltenden Rechtsmittelfrist nicht mehr auf den Scheidungsausspruch erweitern. Das gilt auch für den Fall einer Anschließung an eine eigenständige - ebenfalls auf die Folgesache beschränkte - Berufung des Rechtsmittelgegners.

2. Eine fiktive Zurechnung von nicht ausgeschütteten Gewinnen aus dem Betrieb eines Unternehmens zu Lasten des unterhaltspflichtigen geschäftsführenden Mehrheitsgesellschafters setzt voraus, dass dieser seine unterhaltsrechtliche Obliegenheit, zumutbare Gewinne aus dem Unternehmen zu realisieren, in vorwerfbarer Weise verletzt hat. Vorwerfbar ist das Unterlassen eine Gewinnausschüttung an die Gesellschafter nur dann, wenn der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter die Grenzen seiner unternehmerischen Freiheit in einer Art und Weise überschreitet, die dem Unterhaltsgläubiger, unter Berücksichtigung der Belange der übrigen Mitgesellschafter und der Interessen der Unterhaltsberechtigten auf dauerhafte Sicherstellung ihres Unterhalts, nicht zumutbar ist. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen.

3. Der private Nutzungsvorteil eines Firmenfahrzeugs ist in der Regel mit dem nach Steuerrecht zu veranschlagenden Wert (Einprozentregelung) zu bemessen. Er ist zu bereinigen um den steuerlichen Nachteil, der dem Nutzungsberechtigten dadurch entsteht, dass er das Firmenfahrzeug als Sachbezug zu versteuern hat.

4. Eine zeitliche Befristung des Ehegattenunterhalts gem. § 1578b Abs. 2 BGB scheidet in der Regel aus, solange ein Anspruch des Berechtigten auf Zahlung von Unterhalt wegen der Betreuung minderjähriger Kinder nach § 1570 Abs. 1, S. 2 BGB besteht und (noch) keine sichere Prognose getroffen werden kann, ab wann der Anspruch auf Betreuungsunterhalt entfällt.

 

Normenkette

ZPO § 629a Abs. 3; BGB § 1570 Abs. 1, § 1578 Abs. 2, § 1581 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Witten (Urteil vom 20.02.2008; Aktenzeichen 5 F 31/08)

 

Tenor

Das Scheidungsverbundurteil des AG - FamG - Witten vom 20.2.2008 wird im Ausspruch zum Ehegattenunterhalt in Abs. 4 seines Tenors unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen der Parteien im Übrigen abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin für die Zeit ab Rechtskraft der Scheidung am 21.5.2008 bis einschließlich September 2008 monatlich 510 EUR (davon 127 EUR Krankenvorsorgeunterhalt und 383 EUR Elementarunterhalt) und für die Zeit ab Oktober 2008 monatlich 422 EUR (davon 127 EUR Krankenvorsorgeunterhalt und 295 EUR Elementarunterhalt) - fällig zum 1. eines jeden Monats im voraus - zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag der Antragsgegnerin auf Zahlung von Ehegattenunterhalt abgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Nettoeinkommen aus Geschäftsführertätigkeit 2.299,05 EUR

Einkünfte aus gewerblicher Vermietung 776,60 EUR

zzgl. Nutzungsvorteil Firmenfahrzeug 260,95 EUR

abzgl. Steuernachzahlung -70,10 EUR

abzgl. Altersvorsorgeleistungen -831,88 EUR

abzgl. Lebensversicherung für die Kinder -38,34 EUR

abzgl. dauernde Last ggü. den Eltern -1.278,25 EUR

Erwerbseinkommen: 1.118,03 EUR

davon 6/7 anrechenbar = 958,31 EUR

Zinseinkünfte 47,08 EUR

Einkünfte aus privater Vermietung 857,58 EUR

Wohnvorteil 526,35 EUR

sonstige Einkünfte gesamt: 1.431,01 EUR

Anrechenbar sind: 2.389,33 EUR

Bruttoeinkommen (inkl. Sonderzuwendungen) 46.766,52 EUR

Lohnsteuer -11.476 EUR

Sondersteuer -397,92 EUR

Kirchensteuer -651,15 EUR

Kranken- und Pflegeversicherung -6.652,80 EUR

Nettoeinkommen: 27.588,65 EUR

bzw. monatsdurchschnittlich: 2.299,05 EUR

Jahr 2005

Jahr 2006

Jahr 2007

Gewinn/Verlust (GuV)

-552,33 EUR

-26.401,48 EUR

-34.258,61 EUR

Korrektur Gebäudeabschreibung

1.137,23 EUR

947,05 EUR

963,54 EUR

Gewinn/Verlust:

584,90 EUR

-25.454,43 EUR

-33.295,07 EUR

Jahr 2005

Jahr 2006

Jahr 2007

Jahresüberschuss

11.461,34 EUR

-23.909,98 EUR

9.960,11 EUR

Korrektur Gebäudeabschreibung

2.627 EUR

2.627 EUR

2.626,62 EUR

Korrektur Instandhaltung

... EUR

35.408,33 EUR

... EUR

Korrektur Zinsleistungen für Darlehn

... EUR

536,21 EUR

1.920,98 EUR

Gewinn:

14.088,34 EUR

14.661,56 EUR

14.507,71 EUR

durchschnittlicher Gewinn mtl. ab 2008 1.201,60 EUR

abzgl. Darlehnsrückzahlung Sparkasse X -425 EUR (Zins und Tilgung)

Gewinn monatlich ab 2008 776,60 EUR

Jahr 2005

Jahr 2006

Jahr 2007

Einnahmen aus der Vermietung

17.430 EUR

17.738 EUR

18.464 EUR

Ausgaben für die Vermietung

-8.745 EUR

-7.732 EUR

-7.261 EUR

Korrektur Gebäudeabschreibung

... EUR

... EUR

979 EUR

Gewinn:

8.685 EUR

10.006 EUR

12.182 EUR

durchschnittlicher Gewinn monatlich ab 2008: 857,58 EUR

objektiver Mietwert 750 EUR

abzgl. Schuldzinsen (ohne Tilgung) -148,57 EUR (anteilig = 45,95 %)

abzgl. Grundbesitzabgaben -37,52 EUR (anteil...

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