Leitsatz (amtlich)

Wendet der Auftraggeber gegenüber einer Werklohnklage Mängel und Begleitschäden ein und weist das erstinstanzliche Gericht die Klage zu Unrecht bereits als (mangels Abnahme) nicht fällig ab, so kann in der Berufungsinstanz im Hinblick auf die geltend gemachten Zurückbehaltungsrechte und Aufrechnungen ein kombiniertes Grund- und Vorbehaltsurteil ergehen (Ausnahme zu BGH NJW 2006, 698) und die Sache zur weiteren Aufklärung der Mängel und Begleitschäden zurückverwiesen werden.

 

Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 26.01.2007; Aktenzeichen 17 O 310/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 26.1.2007 verkündete Urteil des LG Essen abgeändert.

Die Klage ist unter Vorbehalt der Entscheidung über die Aufrechnung des Beklagten mit Mängelbeseitigungskosten- und Schadensersatzforderungen dem Grunde nach gerechtfertigt.

Auf den Antrag der Klägerin wird das Verfahren zur Verhandlung und Entscheidung über den Betrag des Anspruchs sowie über die vorbehaltene Aufrechnung, einschließlich der Entscheidung über die Kosten insgesamt, an das LG Essen zurückverwiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I. Die Klägerin verlangt vom Beklagten Werklohn für die Lieferung und den Einbau von Fenstern in dessen Einfamilienhaus, den dieser bisher unter Berufung auf Mängel voll zurückhält.

Am 20.11.2004 hatte der Beklagte ein mit "Abnahmeprotokoll" überschriebenes Formular der Klägerin unterzeichnet, wobei in die Rubrik "Bemerkungen" handschriftlich eingesetzt ist

"Bis auf Pos. 1d im Angebot sind alle Arbeiten ausgeführt. Gardinen passen nicht mehr. Preisnachlass auf 4-tlg. Element (3,0 cm niedriger wie altes Element). Preisnachlass bzgl. unsauberer Montage (nicht abdecken von Böden, Teppiche müssen gereinigt werden) (Schlafzimmer Teppich muss neu). Eckelement Küche Kopplung innen überstehend, Preisnachlass."

und die Unterschrift mit dem Zusatz "unter Vorbehalt" versehen ist.

In einem vorgerichtlichen Schreiben vom 14.7.2005 an die Gegenseite hatte der Beklagtenvertreter u.a. ausgeführt:

"Vorläufig wird mit Hinweis auf § 641 Abs. 3 BGB die Zahlung verweigert."

In seiner Klageerwiderung hat er einerseits auf diese Formulierung noch einmal ausdrücklich hingewiesen, andererseits die Vergütung als noch nicht fällig bezeichnet. Im erstinstanzlichen Verhandlungstermin hat er wegen der Mängel vorrangig ein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht und hilfsweise die Aufrechnung mit den Mängelbeseitigungskosten, weiter hilfsweise mit Schadensersatzansprüchen, erklärt. Zur Aufrechnung stellt der Beklagte ferner Schadensersatzansprüche wegen behaupteter Beschädigungen und Verschmutzungen, die die Mitarbeiter der Klägerin im Zuge der Arbeiten verursacht haben sollen.

Das LG hat ein Sachverständigengutachten eingeholt, in dem die Mängelbehauptungen teilweise bestätigt wurden. Daraufhin hat es die auf 25.999,25 EUR nebst Rechtshängigkeitszinsen gerichtete Klage vollständig abgewiesen. Die Werkleistung der Klägerin sei nicht abgenommen, weil der Beklagte in dem Protokoll vom 20.11.2004 nur die Ausführung von Arbeiten bestätigt und es zudem nur unter Vorbehalt unterschrieben habe. Auch abnahmereif sei die Leistung mindestens im Hinblick auf zwei der festgestellten Mängel - nicht gleichzeitige Kippbarkeit der beiden Eckelemente in der Küche sowie Maßabweichungen - nicht.

Wegen der Einzelheiten wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen das Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, wobei sie die vom Sachverständigen ermittelten Mangelbeseitigungskosten (1.400 EUR) und Minderwerte (480 EUR), sowie ferner, wie bereits in erster Instanz, einen Nachlass für Verschmutzungen u..ä. (500 EUR) von ihrer Rechnungsforderung absetzt. Der Beklagte mache in Wirklichkeit kein Zurückbehaltungsrecht geltend. Vielmehr lehne er jegliche Mangelbeseitigung ab, die ihm nach dem erstinstanzlichen Urteil erneut angeboten worden sei. In dem Umstand, dass sich die beiden über Eck liegenden Küchenfensterelemente nicht gleichzeitig kippen ließen, liege entgegen dem LG kein Mangel. Gleiches gelte für die angeblichen Maßabweichungen. Es komme nicht auf die Maße der vorher vorhandenen Fenster, sondern auf die Maßangaben in dem Angebot an. Diesen Vorgaben entsprächen die eingebauten Fenster bis auf eine Abweichung von 10 mm, die jedoch im Toleranzbereich liege. Das LG habe auch die Bedeutung des Abnahmeprotokolls verkannt, und im Übrigen seien die Fenster in Gebrauch genommen.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils den Beklagten zu verurteilen, an sie 24.119,25 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.8.2005 zu zahlen, den Rechtsstreit an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II. Die zulässige Berufung hat insoweit Erfolg, als das LG die Klage zu Unrecht mangels Fälligkeit abgewiesen hat. Im Übrigen ist die Sache noch nicht entscheidungsreif.

1. Der Vergütungsanspruch der Klägerin ergibt sich ge...

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