Leitsatz (amtlich)

Zur Internationalen Zuständigkeit für die Klage einer KG gegen einen Kommanditisten mit Wohnsitz in Österreich auf Rückzahlung gewinnunabhängiger Ausschüttungen.

Für die Anwendung des Art. 17 Abs. 1c) EuGVVO ist es nicht erforderlich, dass der Gesellschaftszweck der KG einen Bezug zum Wohnsitzstaat des Beklagten aufweist. Insoweit genügt, dass die Gesellschaft gezielt Anleger im Wohnsitzstaat des Beklagten angeworben hat.

 

Normenkette

EuGVVO Art. 17 Abs. 1c, Art. 18 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 01.12.2015; Aktenzeichen 19 O 123/14)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 01.12.2015 verkündete Urteil des LG Dortmund abgeändert.

Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der in Österreich lebende Beklagte beteiligte sich im Jahre 2006 mit einer Einlage von 70.000,00 EUR als Treugeberkommanditist an der Klägerin. Bei dieser handelt es sich um eine Fondsgesellschaft, deren Gegenstand nach § 2 des Gesellschaftsvertrages der Erwerb und der Betrieb des Containerschiffs I ist.

Wegen des Inhalts des Gesellschaftsvertrages der Klägerin wird auf die zur Akte gereichte Vertragskopie Bezug genommen (Anlage K 1).

Dem Beklagten wurden in den Jahren 2006 bis 2008 seitens der Klägerin gewinnunabhängige Ausschüttungen in einer die Klageforderung übersteigenden Höhe ausgezahlt.

Infolge der Schiffsmarktkrise sah sich die Geschäftsführung der Klägerin im Jahre 2012 zur Aufstellung eines Sanierungskonzepts veranlasst, das für den Fall, dass nicht genügend zusätzliches Kapital eingeworben werden konnte, die Rückforderung der an die Kommanditisten ausgezahlten gewinnunabhängigen Ausschüttungen beinhaltete. Mit Schreiben an die Kommanditisten vom 26.10.2012 bat die Klägerin um Mitwirkung bei der Kapitalerhöhung und erklärte die Kündigung der in der Vergangenheit als Darlehen gewährten Auszahlungen. Da sich der Beklagte nicht an einer freiwilligen Kapitalerhöhung beteiligte, forderte die Klägerin ihn zur Rückzahlung der Ausschüttungen in Höhe von 8.330,00 EUR auf. Dem kam der Beklagte nicht nach.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin Ansprüche gegen den Beklagten auf Rückzahlung gewinnunabhängiger Ausschüttungen in Höhe von 8.330,00 EUR und auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 679,10 EUR, jeweils nebst Zinsen, geltend.

Die Klägerin hat vorgetragen: Die Klage sei zulässig, weil deutsche Gerichte gemäß Art. 7 Nr. 1a) EuGVVO international zuständig seien. Die Vorschrift des Art. 17 Abs. 1c) EuGVVO sei hingegen nicht anwendbar, weil die Klägerin ihre Geschäftstätigkeit nicht auf Österreich ausgerichtet habe. Die Klage sei nach dem insoweit anwendbaren deutschen Recht auch begründet. Der Beklagte sei aufgrund der Regelung in § 11 Ziff. 5 des Gesellschaftsvertrages zur Rückzahlung der gewinnunabhängigen Ausschüttungen verpflichtet. Die vorgenannte Regelung stelle eine hinreichende rechtliche Grundlage für das Rückforderungsverlangen dar, weil sich aus ihr der Darlehenscharakter der gewinnunabhängigen Ausschüttungen für den Fall des Eintritts der in der Klausel genannten Bedingungen eindeutig ergebe. Die fraglichen Bedingungen seien eingetreten, weil die Haftung des Beklagten im Außenverhältnis infolge der gewinnunabhängigen Ausschüttungen gemäß § 172 Abs. 4 HGB wiederaufgelebt sei und die Liquiditätsschwierigkeiten nach den Feststellungen der Geschäftsführung der Klägerin im Jahre 2012 eine Rückforderung der Ausschüttungen erforderlich gemacht hätten.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an sie 8.330,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.03.2013 sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 679,10 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 30.09.2013 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Er hat vorgetragen: Die Klage sei unzulässig, weil es an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte fehle. Denn gemäß Art. 17 Abs. 1c) i.V.m. Art. 18 Abs. 2 EuGVVO seien ausschließlich österreichische Gerichte international zuständig. Der Beklagte habe die Beteiligung an der Klägerin als Verbraucher gezeichnet. Zudem sei die Tätigkeit der Klägerin auf Österreich ausgerichtet gewesen, weil sie sich der Privatgeschäftsbank L & Co. AG bedient habe, um österreichische Anleger anzuwerben. Die Klage sei nach dem insoweit maßgeblich österreichischen Recht auch unbegründet. Es fehle an einer rechtlichen Grundlage für das Rückzahlungsverlangen. Die Regelung in § 11 Ziff. 5 des Gesellschaftsvertrages sei schon deshalb nicht anwendbar, weil sich der Beklagte lediglich als Treugeberkommanditist an der Klägerin beteiligt habe. Zudem sei die Geltendmachung des Erstattungsanspruchs durch die Klägerin treuwidrig, weil weder im Emissionsprospekt noch in der Informationsbroschüre darauf hingewiesen worden sei, dass Ausschüttungen zu einem Wiederaufleben der Haftung und damit zu einem ...

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