Entscheidungsstichwort (Thema)

Versicherung von Mehrprämie als Betriebsunterbrechungsschaden

 

Leitsatz (amtlich)

Als Betriebsunterbrechungsschaden kann auch eine Mehrprämie versichert sein, die aus Anlass des Versicherungsfalles vereinbart wird.

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 11.07.2003; Aktenzeichen 23 O 54/03)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11.7.2003 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Münster abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 82.290,35 Euro nebst 8 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 16.1.2003 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Die Klägerin betreibt einen Metall verarbeitenden Betrieb. Sie, bzw. die gesamte W.-Gruppe, war gegen Feuer bei einem Versicherungskonsortium wie folgt versichert:

Feuer-Industrie-Versicherung IF 7713004.9-222-0891

EC-Sach-Versicherung IB 7713006.3-222-0891

Feuerbetriebsunterbrechungs- Versicherung IB 7713005.6-222-0891

ECBU-Versicherung IB 7713008.8-222-0891

Das Konsortium bestand aus folgenden Versicherern:

V. Versicherung AG 40 %

A. Versicherung AG 40 %

Z. Versicherung 10 %

A.L. 10 %

100 %

Die Beklagte ist Konsortialführerin.

Wegen der Ausgestaltung der Verträge wird auf das Vertragswerk Feuer-Betriebsunterbrechungs-Versicherung Bezug genommen. Vereinbart waren die FBUB, Stand 1995, die Zusatzbedingungen zu den FBUB, die Besonderen Vertragsvereinbarungen sowie die Sicherheitsvorschriften ASF.

Am 3.1.2002 kam es in der Betriebsstelle der Klägerin in T. zu einem Brand, der erheblichen Schaden sowie eine Betriebsunterbrechung verursachte. Die Schäden sowohl in der Feuerversicherung als auch in der Feuerbetriebsunterbrechungsversicherung sind unter Ausklammerung des streitgegenständlichen Komplexes in der FBU-Versicherung nach Durchführung eines Sachverständigenverfahrens reguliert worden; insofern besteht zwischen den Parteien kein Streit. Der Schaden in der FBU-Versicherung wurde mit 672.638 Euro reguliert.

Die Beklagte nahm den Versicherungsfall zum Anlass, mit Schreiben vom 7.2.2002 der Klägerin eine Prämienerhöhung sowie einen um das Terrorismusrisiko verminderten Versicherungsschutz anzutragen; das Angebot wurde nach Verhandlungen schließlich von der Klägerin akzeptiert. Der Mehrbetrag der Prämie belief sich auf jährlich 205.725,87 Euro, der Anteil der Beklagten (40 %) auf 82.290,35 Euro. Diese Zahlen sind zwischen den Parteien unstreitig.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Mehrbetrag der Prämie sei schadensbedingt und als Betriebsunterbrechungsschaden zu erstatten.

Sie hat die Beklagte auf Zahlung von 82.290,35 Euro in Anspruch genommen.

Die Beklagte hat die gegenteilige Auffassung vertreten und im Übrigen die dolo-agit-Einrede erhoben.

Das LG hat die Klage durch das am 11.7.2003 verkündete Urteil abgewiesen; auf den Inhalt der Entscheidung wird Bezug genommen.

Die Klägerin greift das Urteil mit der Berufung an und verfolgt ihren Klageantrag weiter.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

II. Die Berufung ist zulässig und begründet.

Sie führt zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und zur Verurteilung der Beklagten entsprechend dem Klageantrag.

1. Der Anspruch der Klägerin auf Erstattung der durch die Prämienerhöhung entstandenen Mehrkosten als Betriebsunterbrechungsschaden folgt aus Ziff. 3.1.14 der besonderen Vertragsvereinbarungen.

In Ziff. 3.1.14 der besonderen Vertragsvereinbarungen haben die Parteien unter der Überschrift "Mehrkosten" Folgendes vereinbart:

Versichert sind auch Kosten, die durch eine versicherte Betriebsunterbrechung entstehen und weder als fortlaufende Kosten noch als entgehender Betriebsgewinn entschädigt werden ...

Insbesondere sind folgende Mehrkosten unter der Voraussetzung, dass diese innerhalb der vereinbarten Haftzeit entstehen, versichert:

Zusätzliche Kosten aufgrund von Abnahmeverpflichtungen (z.B. Lagerungs- und Transportkosten, Zinsen etc.)

Vertragsstrafen

Wertminderung von Vorräten

Auslaufkosten, Stillstandskosten und Anlaufkosten

Soweit diese Kosten den Schaden an fortlaufenden Kosten und/oder entgehenden Betriebsgewinnen mindern, sind sie als Schadenminderungskosten zu ersetzen und fallen daher nicht unter die Mehrkosten im Sinne dieser Klausel.

Die Parteien stimmen darin überein, dass die Aufzählung der Mehrkosten lediglich beispielhaft und nicht abschließend ist.

Unter die Klausel Ziff. 3.1.14 fallen Kosten, die weder als fortlaufende (nicht erwirtschaftete) Kosten noch als entgangener Betriebsgewinn zu entschädigen sind. Die durch die Prämienerhöhung bedingten Mehrkosten fallen nicht unter die fortlaufenden Kosten, die auch ohne den Versicherungsfall aufzubringen waren. Sie stell...

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