Entscheidungsstichwort (Thema)

Zeitliche Begrenzung des Aufstockungsunterhalts

 

Leitsatz (redaktionell)

Hat bei einer Ehezeit von kurzer Dauer (hier: 2 Jahre und 8 Monate) der unterhaltsberechtigte Ehegatte durch die Ehe keine nennenswerten beruflichen Nachteile erlitten, kann es ihm im Einzelfall auch ohne Zubilligung einer Übergangszeit zumutbar sein, auf einen Lebensstandard nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu verzichten und sich mit dem Lebensstandard zu begnügen, den er auch ohne die Ehe erreicht hatte.

 

Normenkette

BGB a.F. §§ 1573, 1578; BGB § 1573 Abs. 2, 5 (a.F.), § 1578 Abs. 1 (a.F.)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 20.3.2007 verkündete Urteil des AG - FamG - Recklinghausen wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien sind seit dem 3.11.2003 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung von nachehelichem Unterhalt.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz sowie wegen der dort gestellten Anträge wird gem. § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf das angefochtene Urteil im Verfahren 44 F 1/07 AG Recklinghausen Bezug genommen.

Das AG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Es könne dahingestellt bleiben, ob dem Kläger rein rechnerisch ein Anspruch auf Aufstockungsunterhalt zustehe. Ein etwaiger Anspruch sei jedenfalls gem. § 1579 Nr. 1 BGB zu versagen; die Ehe der Parteien habe lediglich 2 Jahre 8 Monate gedauert und sei eine solche von "kurzer Dauer". Insbesondere sei es während der Ehe zu keiner wirtschaftlichen Verflechtung der Parteien gekommen. Das - zivilrechtlich abgesicherte - finanzielle Engagement des Klägers im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb der Beklagten sei nämlich bereits 2 Jahre vor der Ehe erfolgt. Sämtliche eingegangenen wirtschaftlichen Verflechtungen seien mittlerweile auch zivilrechtlich ausgeglichen; der Kläger habe sein Darlehen zurückerhalten, sei von den Bürgschaften freigestellt worden und habe sich sein dingliches Wohnrecht auszahlen lassen. Auch sonstige Umstände erforderten keine Unterhaltsgewährung durch die Beklagte; der Kläger verfüge - wie schon vor der Ehe - über ein regelmäßiges Einkommen als Beamter des gehobenen Dienstes, wohingegen die Beklagte durch die Betreuung dreier minderjähriger Kinder und der vollschichtigen Tätigkeit als Zahnärztin einer erheblichen Mehrbelastung ausgesetzt sei.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Mit ihr begehrt er - wie in erster Instanz - Unterhaltszahlungen i.H.v. monatlich 2.006 EUR seit dem 5.11.2003, allerdings nunmehr befristet bis Oktober 2006. Der Kläger errechnet - unter näherer Darlegung und mit verschiedenen Angriffen gegen das vom AG eingeholte Sachverständigengutachten - ein unterhaltsrelevantes monatliches Nettoeinkommen der Beklagten von 7.296,45 EUR, was bei einem eigenen monatlichen Nettoeinkommen von 2.614,70 EUR zu einem Quotenunterhalt von rund 2.006 EUR führe. Er meint, dass die Ehe nicht von kurzer Dauer i.S.d. § 1579 Nr. 1 BGB gewesen sei, zumal die Parteien schon seit Juli 1998 zusammengelebt hätten. Eine Inanspruchnahme der Beklagten sei nicht grob unbillig. Er sei, um der Beklagten die berufliche Existenzgründung und den Erwerb der Wohnimmobilie zu Alleineigentum zu ermöglichen, mit seinem finanziellen Engagement erhebliche Risiken eingegangen. Unstreitig habe er der Beklagten ein Darlehen über 150.000 DM gewährt, sich i.H.v. mehr als 1.000.000 DM verbürgt und bis zur Trennung mit monatlich 1.578 DM eine Kapitallebensversicherung bedient, die der späteren Tilgung des Hausdarlehens gedient habe; außerdem - so behauptet er - habe er der Beklagten weitere rund 200.000 DM unentgeltlich zugewendet, die im Wesentlichen in das Haus investiert worden seien. Für all dieses sei er nicht hinreichend abgesichert gewesen. Es sei zwar richtig, dass die wirtschaftlichen Verflechtungen mittlerweile ausgeglichen seien; dazu habe es aber jahrelanger Rechtsstreitigkeiten bedurft. Der ihm zustehende Unterhaltsanspruch sei allenfalls bis Oktober 2006 zu befristen. Wegen seines finanziellen Engagements habe er ehebedingte Nachteile im Sinne der Rechtsprechung des BGH zu § 1573 Abs. 5 BGB erlitten. So habe ihn dieses Engagement daran gehindert, zusätzlich für eigene Belange ein Darlehen aufzunehmen; ein ehebedingter Nachteil sei auch darin zu sehen, dass durch seine Unterstützung die Beklagte mittlerweile ein Einkommen erziele, dass deutlich über dem seinigen liege.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Abänderung der Entscheidung des AG Recklinghausen zu verurteilen, an ihn monatlichen Unterhalt i.H.v. 2.006 EUR nebst Zinsen von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem jeweiligen Eintritt der Fälligkeit zu zahlen, beginnend mit dem 5.11.2003 und befristet bis einschließlich Oktober 2006.

Die Beklage beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil, soweit es ihr günstig ist. Die Beklagte errechnet - eb...

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