Verfahrensgang

LG Bielefeld (Entscheidung vom 19.12.2006; Aktenzeichen 10 O 99/06)

 

Tenor

Die Berufung des Antragsgegners gegen das am 19. Dezember 2006 verkündete Urteil der I. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bielefeld wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Antragsgegner, von Beruf Tiefbaufacharbeiter, vertreibt nebenberuflich das Getränk Y, das er direkt vom Hersteller aus den USA bezieht, wo es 2002 eingeführt wurde. Nach seinen Angaben erzielt er lediglich einen geringen Gewinn, der es ihm ermöglicht, seinen eigenen Y-Verzehr ohne eigene Aufwendungen zu bestreiten.

Unstreitig wird bei der Herstellung des Saftes die Mangostane-Frucht des in Ostasien wachsenden Mangostinenbaums als Ganzes verarbeitet. Nach der Säuberung wird die Frucht blanchiert, anschließend in Würfel geschnitten und dann in einer Mühle zu einem Mark vermahlen. Dies wird in gefrorenem Zustand von Ostasien in die USA verschifft, dort aufgetaut und mit firmeneigenen Fruchtsäften und Fruchtpüree angereichert.

Der Antragsteller, zu dessen satzungsmäßigem Zweck es gehört, den unlauteren Wettbewerb in allen Erscheinungsformen im Zusammenwirken mit Behörden und Gerichten zu bekämpfen, ist der Ansicht, dass Bewerbung und Vertrieb des Y der Novel-Food-Verordnung über neuartige Lebensmittel unterliege, und zwar deshalb, weil auch die Schale der Frucht unstreitig mitverwertet wird. Diese Schale sei bisher in der Gemeinschaft aber noch nicht in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden. Sie sei zudem nicht genießbar. Von der Mangostane-Frucht sei bislang lediglich das Furchtfleisch verzehrt worden.

Da für das Produkt unstreitig weder ein Genehmigungsverfahren noch ein Notifizierungsverfahren durchgeführt worden ist, dürfe dieses neuartige Lebensmittel nicht in den Verkehr gebracht werden. Der Antragsgegner verstoße damit gegen die Bestimmungen der Novel-Food-Verordnung. Diese Verordnung diene dem Verbraucherschutz und auch dem gleichförmigen Auftreten der Mitbewerber auf dem Markt, so dass der Antragsgegner auch wettbewerbswidrig handele.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 19. Dezember 2006 dem Antragsgegner antragsgemäß unter Androhung von Ordnungsmitteln verboten,

im geschäftlichen Verkehr das Produkt Y, das den Saft der ganzen Mangostane-Frucht einschließlich der Schale dieser Frucht enthält, selbst oder durch Dritte anzubieten, zu bewerben, zu vertreiben und/oder sonst wie in den Verkehr zu bringen, solange zum Verkehr der ganzen Mangostane-Frucht einschließlich der äußeren Umhüllung (Perikarp) in flüssiger Form als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat die Genehmigung für ein Inverkehrbringen nach der Verordnung (EG) Nr. 258/97 für neuartige Lebensmittel nicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft veröffentlicht ist.

Wegen des Inhalts des Urteils im Einzelnen wird auf Bl. 165 ff. d. A. verwiesen.

Gegen dieses Urteil hat der Antragsgegner form- und fristgerecht Berufung eingelegt, mit der er sein Abweisungsbegehren aus erster Instanz weiter verfolgt.

Unter Ergänzung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vortrags behauptet der Antragsgegner, dass das Y Getränk keineswegs neuartig sei. Denn die Frucht der Mangostane werde bereits seit 1968 und damit vor dem maßgeblichen Stichtag des 15. Mai 1997, nämlich dem Datum des Inkrafttretens der Novel-Food-Verordnung, in nennenswertem Umfang im EG-Bereich verzehrt. Zur Glaubhaftmachung hat sich der Antragsgegner u. a. auf Lebensmittellexika, die Internetseite von G, die eidesstattlichen Versicherungen eines Händlers vom W-Markt und des Herrn W zu thailändischen Statistiken über die Ausfuhr der Mangostane in die Europäische Union bezogen.

Der Verzehr der ganzen Frucht, also des Fruchtfleisch einschließlich der Schale, sei auch erfahrungsgemäß unbedenklich. Dies belege ein Auszug aus dem Lexikon exotischer Früchte ebenso wie ein Abschnitt in dem Buch Warenkunde Obst und Gemüse von Prof. Dr. Liebster. Die Unbedenklichkeit gehe ferner aus einem thailändischen Rezept für ein Dessert hervor, nämlich für den Thai-Mangostane-Rohkost-Nußpudding.

Die Schale der Mangostane sei auch gesundheitlich unbedenklich.

Zudem könne eine Genehmigung nach der Novel-Food-Verordnung nur für die ganze Pflanze oder für Stoffe, die aus Pflanzen isoliert werden, erteilt werden, nicht aber für einzelne Bestandteile der Pflanze. Die Schale könne auch nicht als Zutat angesehen werden. Zu Unrecht betrachte der Antragsteller isoliert nur den Verzehr der Schale. Er übersehe dabei, dass das Fruchtmark aus einer ganzen Frucht bestehen könne. Unter dem Fruchtmark verstehe man nämlich das gärfähige, jedoch nicht gegorene Erzeugnis, das durch Passieren des genießbaren Teils der ganzen oder geschälten Frucht ohne Abtrennen des Saftes gewonnen werde.

Zu Unrecht habe das Landgericht bei der Frage der Neuartigkeit auch auf den Zeitpunkt abgestellt, zu dem der Y Saft erstmals in den Verkehr gebracht worden sei. Es komme aber nicht auf das...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge