Verfahrensgang

AG Lippstadt (Aktenzeichen 23 F 85/02)

 

Tenor

Auf die Berufung des Antragstellers wird unter Zurückweisung des weiter-gehenden Rechtsmittels das am 09.09.2003 verkündete Urteil des Amts-gerichts Familiengericht Lippstadt hinsichtlich des Ausspruchs zum Nach-scheidungsunterhalt (Ziffer 3. des Urteilstenors) wie folgt abgeändert:

Der Antragsteller bleibt verurteilt, an die Antragsgegnerin beginnend mit Rechtskraft der Ehescheidung einen monatlichen Elementarunterhalt in Höhe von 404,57 € zu zahlen, fällig jeweils monatlich im voraus bis zum 5. Tag eines jeden Monats.

Die weitergehende Unterhaltsklage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

(abgekürzt gem. §§ 540 Abs. 2, 313 a ZPO)

A.

Die Berufung des Antragstellers zur Folgesache Nachscheidungsunterhalt ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet und im übrigen zurückzuweisen.

Die Anschlußberufung gegen den Ausspruch der Ehescheidung hat die Antragsgegnerin zurückgenommen.

Der Antragsgegnerin steht gegenüber dem Antragsteller gem. §§ 1573 Abs. 2, 1578 Abs. 1 BGB ab Rechtskraft der Ehescheidung ein Anspruch auf Elementarunterhalt in Höhe von monatlich 404,57 € zu:

anrechenbares, gerundetes Nettoeinkommen des Antragstellers (wie im insoweit nicht angefochtenen Urteil) 1.644,00 €

erzielbares (teilfiktives) anrechenbares Nettoeinkommen der Antragsgegnerin 700,00 €

Differenz 944,00 €

3/7 hiervon als Elementarunterhaltsanspruch 404,57 €.

Hinsichtlich des zugrunde zu legenden anrechenbaren Nettoeinkommens des Antragstellers hat es bei den insoweit nicht angefochtenen Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil zu verbleiben.

Auf seiten der Antragsgegnerin geht der Senat im Wege der Schätzung gem. § 287 ZPO hinreichende Bewerbungsbemühungen, an denen es hier fehlt, vorausgesetzt von einem insgesamt erzielbaren, anrechenbaren Nettoeinkommen in Höhe von monatlich 700,00 € aus, welches die geschiedene Ehefrau aus einer halbschichtigen, versicherungspflichtigen Tätigkeit und einer ihr daneben zuzumutenden geringfügigen Beschäftigung, zum Beispiel durch das Austragen von Prospekten, selbst erwirtschaften könnte.

Allerdings trifft die Antragsgegnerin grundsätzlich eine Obliegenheit zur vollschichtigen Erwerbstätigkeit, da sie auch in zweiter Instanz nichts Konkretes dazu vorgetragen hat, aus welchem Grund sie die in Betracht zu ziehenden ungelernten Tätigkeiten nicht vollschichtig ausüben kann. Unter Berücksichtigung des persönlichen Eindrucks, den der Senat von der Antragsgegnerin gewonnen hat, sind selbst die Behauptungen im Schriftsatz vom 25.02.2004, für eine vollschichtige Tätigkeit fehle ihr die erforderliche Konzentrationsfähigkeit und für eine Reinigungstätigkeit in vollschichtigem Umfang sei ihre körperliche Konstitution nicht ausreichend, ohne eine ärztliche Bescheinigung nicht hinreichend substantiiert. Daß ihr der Senat gleichwohl keine (teilfiktiven) Einkünfte aus einer Vollzeittätigkeit zurechnet, liegt darin begründet, daß die Einkommensfiktion auf realistischerweise erzielbare Einkünfte beschränkt ist.

Angesichts der anhaltend schlechten Arbeitsmarktlage und der durch den Rentenversicherungsverlauf der LVA Westfalen vom 22.07.2002 dokumentierten Erwerbsbiographie der Antragsgegnerin, die inzwischen 41 Jahre alt zu keinem Zeitpunkt dauerhaft im vollschichtigen Erwerbsleben Fuß gefaßt hat, kann derzeit selbst für die einzig in Betracht kommenden Reinigungstätigkeiten und sonstigen ungelernten Arbeiten keine positive Prognose für die Erlangung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit abgegeben werden.

Als realistischerweise erzielbar kann vorliegend mithin nur ein Nettoeinkommen angesehen werden, welches die Antragsgegnerin aus einer halbschichtigen ungelernten Tätigkeit und einer ihr daneben noch zuzumutenden kleineren Nebentätigkeit erwirtschaften könnte. Dieses Einkommen schätzt der Senat unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, insbesondere auch des von der Antragsgegnerin gewonnenen persönlichen Eindrucks, auf 700,00 € monatlich. In dieser Höhe muß sich die geschiedene Ehefrau in Ermangelung geschuldeter Bemühungen um die Erlangung derartiger Tätigkeiten fiktive Einkünfte zurechnen lassen.

Aus diesen beiderseitigen Einkommensverhältnissen resultiert eine Einkommensdifferenz in Höhe von 944,00 € und ein Elementarunterhaltsanspruch in Höhe von 404,57 €.

Entgegen der Ansicht des Antragstellers ist das (teilfiktive) Einkommen der Antragsgegnerin vollständig im Wege der Differenzmethode in das Rechenwerk einzustellen und nicht, weil die Ehe kinderlos blieb, teilweise anzurechnen. Hierfür spricht die Regelung in § 1360 S. 2 BGB, wonach der Ehegatte, dem die Haushaltsführung überlassen ist, seine Verpflichtung, durch Arbeit zum Unterhalt der Familie beizutragen, in der Regel durch die Führung des Haushalts erfüllt. Aufgrund der genannten Vorschrift stellt die (fiktive) Erwerbstätigkeit ein Surrogat für die geleistete Tätigkeit im Haushalt dar mit der Folge...

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