Entscheidungsstichwort (Thema)

Unterhaltsabänderung bei Zurechnung fiktiven Einkommens. Kindesunterhalt: Abänderung einer auf fiktivem Einkommen beruhenden Unterhaltsregelung

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Voraussetzungen der Abänderung einer auf der Zurechnung fiktiven Einkommens beruhenden Unterhaltsverpflichtung.

 

Normenkette

BGB § 1603 Abs. 2 S. 1; ZPO § 323

 

Verfahrensgang

AG Recklinghausen (Urteil vom 09.01.2008; Aktenzeichen 47 F 195/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 9.1.2008 verkündete Urteil des AG -FamG- Recklinghausen abgeändert.

Die Klage wird auf Kosten des Klägers abgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 2.587 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Nach § 540 I Nr. 1 ZPO wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, durch das das AG den ursprünglich für den Beklagten titulierten mindesten Kindesunterhalt von mtl. 199 EUR mangels Leistungsfähigkeit des Klägers auf dessen Antrag ab Oktober 2007 auf 0 abgeändert hat.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten.

Er hält an seinem Standpunkt fest, wonach sich der gesteigert unterhaltspflichtige Kläger nicht allein darauf berufen könne, dass sein nunmehr vollschichtig bei einer Zeitarbeitsfirma erzieltes Erwerbseinkommen unstreitig nicht hinreiche. Ihm sei darüber hinaus nämlich die Erzielung von Nebenverdienst zumutbar, den er sich deshalb fiktiv in einer Höhe zurechnen lassen müsse, dass insgesamt Leistungsfähigkeit begründet sei.

Der Beklagte beantragt, in Abänderung des erstinstanzlichen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sei ihm ein Nebenerwerb wegen der Ausgestaltung seiner Arbeitstätigkeit bei der Zeitarbeitsfirma und ferner wegen der wahrzunehmenden regelmäßigen Umgangskontakte mit dem Beklagten nicht zumutbar.

Ein höheres Erwerbseinkommen könne ihm nicht zugerechnet werden, da er sich um solches zwar im erforderlichen Maße, jedoch erfolglos bemüht habe.

II. Die zulässige Berufung ist begründet.

Die Abänderungsklage ist mangels Schlüssigkeit abzuweisen.

Die Abänderungsklage nach § 323 ZPO dient dazu, die im abzuändernden Titel enthaltene Zukunftsprognose daran anzupassen, dass diese Prognose aufgrund einer nachträglichen Veränderung der Verhältnisse nicht mehr gerechtfertigt ist und deshalb nicht aufrechterhalten werden kann (vgl. zuletzt BGH FamRZ 2008, 872 (873).

Das kann der Fall sein, wenn die Parteien den Eintritt einer bestimmten Tatsache unterstellt haben, die sich tatsächlich so nicht eingestellt hat. Dabei bedarf der Gegenstand der unterstellten Tatsache genauer Betrachtung.

Sie betrifft hier unstreitig die Prognose, dass der Kläger bei gehörigen Bemühungen Erwerbseinkommen in einer den mindesten Unterhalt ermöglichenden Höhe erzielen könnte (vgl. Bl. 2 d.A.). Daraus ergibt sich, dass es allein mit dem Vortrag des Klägers, er verdiene inzwischen vollschichtig, dies ergebe jedoch keine Leistungsfähigkeit, nicht getan ist, solange er nicht vorgelagerte gehörige Erwerbsbemühungen dartut.

Bei einer Prognose der vorliegenden Art kann sich der Unterhaltschuldner auf deren Nichteintritt nur berufen, wenn dies auf von ihm nicht beeinflussbaren Umständen beruht und er den Nichteintritt zudem nicht zu vertreten hat. Umstände, die seiner Risikosphäre zugeordnet sind, verbleiben in seiner gestaltenden Verantwortung.

Die Berufung auf den Nichteintritt der Prognose kann daher nur dann die Anpassung rechtfertigen, wenn er alles Erforderliche und Zumutbare für den unterstellten Eintritt getan hat und aus dem Grund nicht mehr an der Prognose festgehalten werden kann. Hatte die Unterhaltsregelung, wie hier, die Zurechnung eines fiktiven, zum damaligen Zeitpunkt nicht vorhandenen Erwerbseinkommens zum Gegenstand, so ist nachträglich nur dann eine Anpassung an tatsächliche Verhältnisse zu rechtfertigen, wenn der Pflichtige in der unterhaltsrechtlich gebotenen Weise darlegt und beweist, dass er gleichwohl keine Arbeitsstelle mit dem unterstellten Einkommen erlangen konnte (vgl. Senat 10 WF 192/05, Beschl. v. 20.1.2006).

Das hat der Kläger ungeachtet des terminsleitenden Hinweises des Senats (Bl. 69 d.A.) nicht vorgetragen. Es hätte der nachvollziehbaren Darlegung konkreter Bewerbungsbemühungen bedurft, die nach Form, Inhalt und Anzahl dem gerade bei Unterhaltspflichten gegenüber privilegiert Berechtigten -wie dem Beklagten- notwendigen, durchgängigen und ernsthaften Bemühen gem. § 1603 II 1 BGB Ausdruck verliehen. Dazu enthält das Vorbingen außer allgemein gehaltenen Beteuerungen des Klägers, alles ihm Mögliche getan zu haben, nichts.

Da der Klagevortrag schon deshalb nicht ausreicht, kommt es nicht auf die Frage an, ob der Kläger sich fiktives Nebeneinkommen zurechnen lassen müsste -was nicht zuletzt im Hinblick auf jüngste BGH-Rechtsprechung (FamRZ 2008, a.a.O., (874 f.), die vom Senat geteilt wird, zweifelhaft erscheint.

Die Nebenentscheidungen beru...

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