Leitsatz (amtlich)

Eine Aufrechnung mit rückständigen Beiträgen ist im Notlagentarif ausgeschlossen.

 

Normenkette

VVG § 193

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 9 O 92/15)

 

Tenor

Die Berufung des Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger einen Betrag von 5.790,76 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz des BGB jeweils aus 186,80 Euro seit dem 02.04.2014, 02.05.2014, 02.06.2014, 02.07.2014, 02.08.2014, 02.09.2014, 02.10.2014, je aus 9,34 Euro seit dem 02.11.2014, 02.12.2014 und aus 9,58 Euro seit dem 02.10.2015, 1 Prozent Säumniszuschlag pro angefangenem Monat jeweils aus 702,98 Euro seit April 2014, je aus 574,86 Euro seit Mai 2014, Juni 2014, Juli 2014, August 2014, September 2014 und Oktober 2014, je aus 100,92 Euro seit November 2014, Dezember 2014 und Januar 2015 sowie als weitere Nebenforderung 360,81 Euro Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Widerklage wird abgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz, von den Kosten der Berufungsinstanz tragen der Kläger 85 % und der Beklagte 15 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt den Beklagten wegen rückständiger Beitragsforderungen aus einer nach seinem Vorbringen seit dem 01.01.2014 bestehenden Krankenversicherung mit Krankentagegeldversicherung für den Zeitraum April 2014 bis einschließlich Januar 2015 in Anspruch.

Der Beklagte verweigerte die Beitragsleistungen im Hinblick auf eine ebenfalls seit dem 01.01.2014 bei der I bestehende Krankenversicherung und machte Gegenansprüche geltend.

Der Vertrag wurde seit November 2014 nach Anmahnung der Beitragsrückstände ruhend gestellt und im Notlagentarif geführt.

Nachdem der Kläger zunächst die vollen Beitragsrückstände eingeklagt hatte, hat er im Hinblick auf die von ihm vorgenommene Verrechnung von Leistungsansprüchen aus dem Notlagentarif die Klage in erster Instanz in Höhe des entsprechenden Betrages teilweise für erledigt erklärt.

Wegen des Sach- und Streitstandes in erster Instanz wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das LG hat der Klage nach Vernehmung von Zeugen stattgegeben.

Der Vertrag sei wirksam und dem Beklagten stünden keine Gegenrechte zu.

Im Hinblick auf die vom Kläger vorgenommene Verrechnung der Beitragsschulden mit Leistungsansprüchen des Beklagten sei die Klage teilweise erledigt.

Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten.

Er hält daran fest, dass der Vermittler des Klägers bei Antragstellung auf die bei der I bestehende Krankenversicherung hingewiesen worden sei und dieser die Beendigung jenes Vertrages zugesagt habe. Die Beweiswürdigung des LG sei insofern fehlerhaft.

Der Vertrag mit dem Kläger sei widerrufen worden, als die I Anfang 2014 Beiträge abgebucht habe.

Daneben stünden dem Beklagten die schon in erster Instanz geltend gemachten Gegenrechte zu.

Außerdem sei der Rechtsstreit nicht in Höhe der vom Kläger verrechneten Leistungsansprüche erledigt, weil die Aufrechnung im Notlagentarif nach der abschließenden Regelung in § 193 Abs. 6 VVG unzulässig sei.

Der Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Widerklagend beantragt er, den Kläger zu verurteilen, an ihn 992,70 Euro nebst 5 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Hilfsweise beantragt er, den Beklagten zu verurteilen, weitere 5.502,88 Euro zu zahlen.

Zudem beantragt er, die Widerklage abzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Wegen des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die in der Berufungsinstanz zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II. Die Berufung ist - wie aus dem Tenor ersichtlich - unbegründet.

Die Klage hat mit dem im Berufungsrechtszug gestellten Hilfsantrag auf Zahlung der rückständigen Krankenversicherungsprämien nebst Nebenansprüchen Erfolg.

Die Widerklage ist unbegründet.

1. Der in zweiter Instanz hilfsweise erhobene Zahlungsantrag ist zulässig und begründet.

a) Bis zur Entscheidung des Gerichts kann der Kläger seine einseitig geblieben Erledigungserklärung widerrufen und zum ursprünglichen Klageantrag zurückkehren. Diesen Klageantrag kann er auch hilfsweise stellen, um sein Klagebegehren für den Fall durchzusetzen, dass das Gericht die Erledigung verneint (Musielak/Lackmann, ZPO 10. Aufl. 2013, § 91, Rn. 30, 31).

b) Der Kläger hat gegen den Beklagten Anspruch auf Zahlung der seit April 2014 rückständigen Krankenversicherungsprämien nebst Zinsen, Säumniszuschlägen und vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

aa) Zum 01.01.2014 ist wirksam ein Krankenversicherungsvertrag geschlossen worden.

Soweit der Beklagte mit der Berufung geltend macht, dass die Zeugin L im Januar 2014 telefonisch einen "Widerruf" des Vertrages erklärt habe, ist dies unabhängig von der Frage, ob zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon eine widerrufbare Vertrags...

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