Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 31.03.2004; Aktenzeichen 6 Ns 5 Ds 170 Js 904/01-A 1/04 VI)

 

Tenor

Das Urteil der VI. kleinen Strafkammer des LG Bielefeld vom 31.3.2004 wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere kleine Strafkammer des LG Bielefeld zurückverwiesen.

 

Gründe

I. Das LG hat den Angeklagten von dem gegen ihn mit Anklageschrift vom 27.5.2002 erhobenen Vorwurf des Betruges in mittelbarer Täterschaft in 12 Fällen, begangen im Zeitraum vom 6.1.1998 bis zum 9.10.2000, freigesprochen. Die Anklageschrift hatte dem Angeklagten zur Last gelegt, für seine urologische Praxis sog. Sprechstundenbedarf, nämlich Röntgenkontrastmittel, bei der Firma T. GmbH zu Lasten der B.-Krankenkasse bestellt zu haben, ohne der B.-Krankenkasse anzuzeigen, dass er im Gegenzug von der Firma T. Vergünstigungen der Art erhalten habe, dass die Firma U. GmbH im Auftrag der Firma T. kostenlos die Entsorgung medizinischen Sondermülls aus der Praxis des Angeklagten vornahm. Durch die kostenlosen Entsorgungsleistungen habe der Angeklagte einen Betrag von 3.230,07 DM eingespart. Um diesen Betrag hätte, so die Anklage, die B.-Krankenkasse die Rechnung der Firma T. gemindert, wenn der Angeklagte sie pflichtgemäß über die gewährten Entsorgungsleistungen aufgeklärt hätte.

Die Berufungskammer hat folgende Feststellungen getroffen:

"Aufgrund der Berufungshauptverhandlung, deren Umfang und Förmlichkeiten sich aus der Sitzungsniederschrift ergeben, hat die Kammer folgende Feststellungen getroffen:

I. Der Angeklagte betreibt in N. eine urologische kassenärztliche Praxis. Im Zeitraum vom 6.1.1998-9.10.2000 stellte der Angeklagte in 12 Fällen Verordnungen von Röntgenkontrastmitteln, die zuvor bei der Behandlung von Kassenpatienten verbraucht worden waren, für die Praxis aus, übersandte die Verordnungen an die Firma T. als Herstellerin dieser Kontrastmittel; die Firma T. belieferte die Praxis des Angeklagten mit den verordneten Röntgenkontrastmitteln und rechnete sie ggü. der B.-Krankenkasse ab.

Unter anderem in dem Zeitraum, in welchem der Angeklagte die Verordnungen bei der Firma T. einreichte, ließ der Angeklagte es zu, dass in der Praxis anfallende medizinische Sonderabfälle von der insoweit von der Firma T. beauftragten Firma U. für medizinischen Sondermüll GmbH entsorgt wurden, ohne dass der Angeklagte für die Entsorgungsleistungen ein Entgelt erbrachte.

Die von dem Angeklagten verordneten und von der Firma T. gelieferten und von dieser Firma ggü. der B.-Krankenkasse abgerechneten Röntgenkontrastmittel zählen zu dem sog. Sprechstundenbedarf, über dessen ärztliche Verordnung am 17.2.1995 zwischen der kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe einerseits und der B.-Krankenkasse, dem BKK Landesverband NRW, dem KK-Landesverband Westfalen-Lippe, der Landwirtschaftlichen Krankenkasse NRW, der Bundesknappschaft und dem Verband der Angestellten Krankenkassen e.V. und dem AEV-Arbeiterersatzkassenverband e.V. andererseits eine Vereinbarung getroffen worden ist. Nach § 3 Abs. 3 der Vereinbarung erfolgt die Verordnung von Sprechstundenbedarf zu Lasten der B.-Krankenkasse auf dem Sprechstundenbedarfsverordnungsblatt, wobei Kontrastmittel für bildgebende Verfahren bzw. Impfstoffe getrennt vom übrigen Sprechstundenbedarf auf gesonderten Sprechstundenbedarfsverordnungsblättern anzufordern sind. In § 5 Abs. 1 bis 4 der Vereinbarung heißt es:

1. Bei der Verordnung und Verwendung von Sprechstundenbedarf ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten.

2. Sind von einem Mittel größere Mengen zu ersetzen, sind preisgünstige Groß-, Klinik- oder Bündelpackungen zu verordnen.

3. Die nach den §§ 44 und 47 Arzneimittelgesetz von der Apothekenpflicht oder von der Vertriebsbindung über die Apotheken ausgenommenen Arzneimittel sollen nach Möglichkeit direkt vom Hersteller oder Großhandel bezogen werden, wenn ein solcher Direktbezug bei der benötigten Menge in wirtschaftlicher Hinsicht sinnvoll ist.

4. Wird Sprechstundenbedarf aus anderen Quellen bezogen, so ist die Rechnung des Lieferanten mit der Verordnung des Arztes der B.-Krankenkasse WL einzureichen. Aus der Rechnung müssen Art und Menge des Mittels und die Kosten der Lieferung im Einzelnen sowie ggf. der vom Vertragsarzt verauslagte Betrag ersichtlich sein.

Die B.-Krankenkasse WL begleicht den Rechnungsbetrag oder erstattet die vom Vertragsarzt gezahlte Summe auf Anforderung.

C.I. Die Feststellungen unter B. beruhen auf der Einlassung des Angeklagten und der Bekundung des Zeugen N. sowie der Erörterung und teilweisen Vorlesung der Vereinbarung vom 17.2.1995 (Bl. 336-342 d.A.).

II. Der Angeklagte hat sich im Übrigen unwiderlegt dahingehend eingelassen, er habe mit der Firma T. keine Vereinbarungen im Hinblick auf die Abrechnung der Röntgenkontrastmittel und im Hinblick auf die Entsorgung des in seiner Praxis anfallenden Sondermülls getroffen. Ihm sei auch nicht bekannt gewesen, in welcher Höhe die Firma T. die Röntgenkontrastmittel ggü...

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