Entscheidungsstichwort (Thema)

Werbung eines Diplom-Wirtschaftsjuristen mit dem Begriff "Wirtschaftsjuristenkanzlei"

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Irreführung über seine Qualifikation liegt vor, wenn ein Diplom-Wirtschaftsjurist mit den Bezeichnungen "Wirtschaftsjuristenkanzlei" und "Wirtschaftsjurist" wirbt, wenn die Bezeichnungen nicht unmittelbar mit dem klarstellenden Zusatz versehen sind, die die berufliche Qualifikation als Dipl.-Wirtschaftsjurist (FH) angeben. Ist es zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen, spricht eine tatsächliche Vermutung für die Wiederholungsgefahr.

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 19.06.2006; Aktenzeichen 16 O 61/06)

 

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 19.6.2006 verkündete Urteil der III. Kammer für Handelssachen des LG Dortmund teilweise abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu zahlenden Ordnungsgeldes von bis zu 250.000 EUR, für den Fall, dass dies nicht beizutreiben ist, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft, es zu unterlassen,

a) mit der Pluralform "Betriebswirt" oder "Wirtschaftsjurist" zu werben, solange die Kanzlei nicht aus mehr als einem Berufsträger besteht und/oder

b) mit dem Zusatz "& Kollegen" hinter seinem Namen zu werben, solange die Kanzlei nicht aus mehr als zwei Berufsträgern besteht,

wenn dies geschieht wie in dem als Anlage K 1 mit der Klageschrift überreich-ten Briefbogen des Beklagten mit dem Datum 24.2.2005.

Die Berufung des Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass es im Anschluss an die Unterlassungsverbote heißt: "wenn dies geschieht wie in dem als Anlage K 1 mit der Klageschrift überreichten Briefbogen des Beklagten mit dem Datum 24.2.2005".

Der Beklagte wird verurteilt, zugunsten der Klägerin an die Rechtsanwälte T und L, L-Straße in E. über die vom LG ausgeurteilten 515,62 EUR nebst Zinsen hinaus weitere 167,04 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.4.2006 zu zahlen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Beklagten wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung i.H.v. 40.000 EUR abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

 

Gründe

A. Die Klägerin verlangt von dem Beklagten, bei dem es sich um einen Fachhochschulabsolventen des Studiengangs Wirtschaftsrecht handelt und der als "Einzelkämpfer" schwerpunktmäßig auf dem Gebiet der Nachlasspflegschaft tätig ist, die Unterlassung bestimmter Werbeangaben, die dieser auf seinen Briefbögen verwendet hat.

In dem Fachhochschulstudiengang Wirtschaftsrecht, den der Beklagte absolviert hatte, werden juristische und wirtschaftswissenschaftliche Ausbildungsinhalte miteinander kombiniert. Nach erfolgreichem Abschluss des Studiengangs verleiht die Fachhochschule den Titel "Diplom-Wirtschaftsjurist (FH)". Diplom-Wirtschaftsjuristen sind keine Volljuristen und dürfen keine Rechtsberatung erteilen. Der Beklagte erwarb zudem die Qualifikation "Betriebswirt (Wi.-Dipl. VwA)". Er eröffnete in L eine Kanzlei, in der er nunmehr auf dieser Grundlage seine Dienste anbietet. Außer ihm sind dort keine weiteren Wirtschaftsjuristen oder Betriebswirte tätig.

Auf einem Briefbogen, den er im Zusammenhang mit einer Nachlassangelegenheit unter dem 24.2.2005 verwandte und auf den hinsichtlich der genauen weiteren Gestaltung Bezug genommen wird (Bl. 13), heißt es im Briefkopf wie folgt:

"Wirtschaftsjuristenkanzlei

L2 & Kollegen

Wirtschaftsjuristen Betriebswirte

L2 Diplom-Wirtschaftsjurist (FH)

Betriebswirt (Wi.-Dipl.-VWA)"

Die Klägerin mahnte den Beklagten unter dem 3.2.2006 ab und setzte ihm eine Nachfrist zur Abgabe der verlangten strafbewehrten Unterlassungserklärung bis zum 24.2.2006.

"Seit 2006" (was nicht näher konkretisiert ist) verwendet der Beklagte einen teilweise modifizierten Briefbogen, und zwar wie folgt:

"Wirtschaftsjuristenkanzlei

L2

Wirtschaftsjurist Betriebswirt

... L2

Diplom-Wirtschaftsjurist (FH)

Betriebswirt (Wi.-Dipl.- VWA)"

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Verwendung des Briefkopfes verstoße gegen §§ 3, 5 Abs. 1, 2 Nr. 3 UWG, da der Beklagte hiermit im Hinblick auf die Größe seiner Kanzlei und über die Art der angebotenen Dienstleistungen irreführend und damit unlauter werbe. Die Kanzleibezeichnung i.V.m. der Pluralangabe könne nur so verstanden werden, dass in der Kanzlei mehrere Berufsträger tätig seien. Zudem würden die Begriffe "Wirtschaftsjuristenkanzlei" und "Wirtschaftsjuristen" den Eindruck erwecken, die Kanzlei biete Rechtsberatung und anwaltliche Dienstleistungen an, obschon der Beklagte hierzu nicht berechtigt sei und eine entsprechende Beratung regelmäßig auch nicht durchführen könne.

Die Klägerin hat unter Einbeziehung der gesetzlichen Ordnungsmittel die Verurteilung des Beklagten beantragt, es zu unterlassen (Ziff. 1),

a) mit der Pluralform von "Betriebswirt" oder "Wirtschaftsjurist" zu werben, solange die Kanzlei nicht aus mehr als einem Berufsträger besteht und/...

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