Leitsatz (amtlich)

Zu den Anforderungen an die Darlegungslast bei konkreter Bedarfsberechnung.

Voraussetzungen der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs bei Äußerung eines Verdachts auf sexuellen Missbrauch gemeinsamer Kinder bzw. bei versuchtem Prozessbetrug.

Kein ehebedingter Nachteil bei bereits vor der Ehe bestehender psychischer Erkrankung, wenn auch ohne die Ehe ein bei Ehebeginn laufendes, aber kurz danach abgebrochenes Fernstudium aufgrund dieser Erkrankung nicht erfolgreich hätte absolviert werden können.

 

Verfahrensgang

AG Schwerte (Beschluss vom 19.12.2013; Aktenzeichen 3 F 107/11)

 

Tenor

Auf die Beschwerden beider Beteiligten wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Schwerte vom 19.12.2013 teilweise unter Zurückweisung der weiter gehenden Beschwerden abgeändert und zu Ziffer 3) wie folgt neu gefasst:

Der Antragsteller wird verpflichtet, an die Antragsgegnerin ab dem 03.05.2014 nachehelichen Unterhalt in Höhe von monatlich

1.381 EUR (Elementarunterhalt: 1.161 EUR; Altersvorsorgeunterhalt: 220 EUR) für 2014

925 EUR (Elementarunterhalt: 789 EUR; Altersvorsorgeunterhalt: 136 EUR) für Januar bis Mai 2015

1.107 EUR (Elementarunterhalt: 939 EUR; Altersvorsorgeunterhalt: 168 EUR) für Juni bis Oktober 2015

1.228 EUR (Elementarunterhalt: 1.039 EUR; Altersvorsorgeunterhalt: 189 EUR) ab November 2015

zu zahlen. Der Unterhaltsanspruch der Antragsgegnerin wird bis zum 30.04.2019 befristet. Der weiter gehende Unterhaltsantrag der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Die Entscheidung ist sofort wirksam.

 

Gründe

I. Die Beteiligten sind seit dem 03.05.2014 rechtskräftig geschiedene Ehegatten; der Scheidungsantrag wurde am 18.05.2011 zugestellt. Im vorliegenden Verfahren macht die Antragsgegnerin im Verbund Nachscheidungsunterhalt ab Rechtskraft der Scheidung (3.5.2014) geltend.

Die Beteiligten heirateten am ... 2003. Aus der Ehe sind die gemeinsamen Kinder N, geb am ... 2004 (jetzt 11 Jahre alt), und H, geb. am ... 2007 (jetzt 8 Jahre alt), hervorgegangen.

Der Trennungszeitpunkt ist zwischen den Beteiligten streitig. Der Senat ist im Verfahren 4 UF 132/13 (Gegenstand: Zustimmung zur gemeinsamen Veranlagung) von einem Trennungszeitpunkt Februar 2010 ausgegangen.

Nach der Trennung verblieben die Kinder zunächst im Haushalt der Antragsgegnerin. Sie wechselten aufgrund des Ergebnisses des wegen der zwischen den Beteiligten seinerzeit streitigen Sorge und des Umgangs eingeholten Gutachtens der Dipl.- Psych. F am 22.08.2013 in den Haushalt des Antragstellers. Die Antragsgegnerin bezog trotz des Wechsels der Kinder in den Haushalt des Antragstellers zunächst das Kindergeld weiter. Das zu Unrecht bezogene Kindergeld hat sie aufgrund eines gegen sie ergangenen Bescheids zwischenzeitlich zurückgezahlt. In der Sorgerechts- und Umgangssache (4 UF 65/14) haben die Beteiligten sich im Senatstermin vom 16.11.2015 dahingehend geeinigt, dass das Aufenthaltsbestimmungsrecht sowie das Recht der Gesundheitsfürsorge beim Antragsteller verbleibt; ferner haben sie einvernehmlich eine Umgangsregelung dergestalt getroffen, dass der Antragsgegnerin jedes zweite Wochenende der uneingeschränkte Umgang eingeräumt wird sowie ferner Ferienzeiten sowie hohe Feiertage wie Weihnachten, Ostern oder Pfingsten zwischen den Beteiligten hälftig geteilt werden.

Der Antragsteller ist Pilot bei der A-Gesellschaft. Bis Oktober 2010 war er 1. Offizier, anschließend Pilot in Kurzstrecke und seit März 2012 ist er Pilot in Langstrecke.

Die Antragsgegnerin ist gelernte Kauffrau in der Grundstücks- und Wohnungswirtschaft. Im Unterhaltszeitraum hat sie 19 Stunden pro Woche für eine Erbengemeinschaft als Immobilienverwalterin mit teilweise jährlich unterschiedlichen Einkünften gearbeitet (siehe Einkommensberechnung, dazu unter II.).

Sie hat zunächst vorgetragen, sie könne aufgrund der Betreuung der Kinder nicht mehr arbeiten. Dann hat sie ergänzend auf ihre unstreitig vorliegenden psychischen Probleme hingewiesen (Bulimie, Suizidversuch 2006, Depressionen). Das Familiengericht hat im Trennungsunterhaltsverfahren ein arbeitsmedizinisches Gutachten des Sachverständigen Dr. G eingeholt, mit dessen Verwertung im vorliegenden Verfahren die Beteiligten sich einverstanden erklärt haben. Hiernach ist die Antragsgegnerin nicht in der Lage, eine vollschichtige Tätigkeit auszuüben. Die ausgeübte Arbeitszeit von 19 Stunden sei gerade noch zumutbar.

Aus dem Verkauf des in ihrem Miteigentum stehenden ehemaligen Familieneigenheims erhielten beide Beteiligte jeweils 64.000,-- EUR.

Der Antragsteller hat Kindesunterhalt zunächst nach der 9. Einkommensstufe und ab Juni 2011 nach der 10. Einkommensstufe der Düsseldorfer Tabelle gezahlt.

Der Antragsteller zahlte monatlich durchgehend 1.100,-- EUR Unterhalt für die Antragsgegnerin.

Die Antragsgegnerin hat behauptet, dass sie ohne die Ehe ihr Studium zur Immobilienassistentin/staatl. geprüften Betriebswirtin abgeschlossen hätte. Sie würde dann ein Bruttoeinkommen von mindestens 4.500 EUR monatlich e...

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