Leitsatz (amtlich)

Wird in dem Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers die Geltung des Kündigungsschutzgesetzes vereinbart, steht dies einer fristgemäßen ordentlichen Kündigung durch die Gesellschaft bei Beendigung der Organstellung nicht entgegen. Der Verlust des Geschäftsführeramtes stellt in dem Fall einen personenbedingten Kündigungsgrund i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG dar, ohne dass die Kündigung einer weitergehenden sozialen Rechtfertigung bedarf.

 

Normenkette

BGB § 611; GmbHG § 38; KSchG § 1 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Urteil vom 22.11.2005; Aktenzeichen 6 O 15/05)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.11.2005 verkündete Anerkenntnis- und Schlussurteil der 1. Kammer für Handelssachen des LG Detmold teilweise abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen, soweit der Kläger beantragt hat festzustellen,

dass das Anstellungsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 1.4.2005, zugegangen per Post am 7.4.2005, und nicht durch sonstige Beendigungstatbestände zum 31.12.2005 beendet wurde und über den 31.12.2005 hinaus fortbesteht.

Weiterhin wird die Zurückweisung des Antrags der Beklagten, das Dienstverhältnis des Klägers gegen Zahlung einer Ablösung aufzulösen, aufgehoben.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert für den Rechtsstreit wird endgültig - auch in Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung - auf 312.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

A. Der Kläger wendet sich mit seinen Feststellungsanträgen gegen die Kündigung seines Geschäftsführeranstellungsvertrages mit der Beklagten, die diese mit Schreiben vom 1.4.2005 zum 31.12.2005 erklärt hat. Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Feststellungen des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Mit diesem Urteil hat das LG - nach teilweisem Anerkenntnis der Beklagten - den Feststellungsanträgen entsprochen und den hilfsweise von der Beklagten gestellten Antrag, das Dienstverhältnis des Klägers gegen Zahlung einer Ablösung aufzulösen, abgewiesen. Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten. Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Sachvortrag und trägt ergänzend vor:

Die ordentliche Kündigung vom 1.4.2005 sei wirksam.

Ein Kündigungsgrund ergebe sich aus der Abberufung des Klägers als Geschäftsführer. Insoweit handele es sich um einen personenbedingten Grund zur Kündigung. Für diese Auslegung von § 11 Nr. 3 und 8 des Geschäftsführeranstellungsvertrages spreche der Wortlaut, die Systematik, die Entstehungsgeschichte des Vertrages sowie die Interessenlage der Parteien.

Im Übrigen seien auch weitere Kündigungsgründe gegeben. Insbesondere habe der Kläger selbst erklärt, wegen Überforderung und aus gesundheitlichen Gründen die Geschäftsführerfunktion nicht mehr ausüben zu wollen. Er habe damit und durch Erklärungen gegenüber Mitarbeitern seinen Abkehrwillen zum Ausdruck gebracht. Im Übrigen lägen auch die bereits erstinstanzlich vorgetragenen weiteren Kündigungsgründe vor; dies führt die Beklagte näher aus.

Jedenfalls sei der hilfsweise gestellte Auflösungsantrag analog §§ 9 und 10 des Kündigungsschutzgesetzes begründet. Zumindest ergebe sich aus der Vereinbarung der Parteien über die Anstellung des Klägers als Geschäftsführer ein materiell-rechtlicher Anspruch auf Auflösung des Vertrages gegen eine Abfindungszahlung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags der Beklagten wird Bezug genommen auf den Inhalt ihrer Berufungsschriftsätze nebst Anlagen.

Die Beklagte beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und

I. die Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung vom 1.4.2005, dem Kläger zugegangen per Post am 7.4.2005, abzuweisen,

II. hilfsweise das Dienstverhältnis des Klägers analog §§ 9, 10 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung in Höhe eines Bruttomonatsgehalts zum 31.12.2005 aufzulösen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er wiederholt und vertieft seinen erstinstanzlichen Sachvortrag.

Seine Abberufung durch die Gesellschafterversammlung der Beklagten genüge allein nicht, um die Kündigung zu rechtfertigen. Dies folge aus dem Wortlaut, der Systematik und der Entstehungsgeschichte des Anstellungsvertrages sowie dem Parteiwillen. Die abweichende Ansicht der Beklagten führe dazu, dass die vereinbarte Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes und seine Intention, sich gegen eine vorzeitige und unberechtigte Kündigung abzusichern, leer laufe.

Die sonstigen von der Beklagten vorgetragenen Kündigungsgründe würden die Aufhebung des Geschäftsführeranstellungsverhältnisses mit Ablauf des 31.12.2005 nicht rechtfertigen. Im Übrigen sei der von der Klägerin in zweiter Instanz ergänzte Sachvortrag, der erstinstanzlich unsu...

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