Leitsatz (amtlich)

Eine Krankenkasse hat es zu unterlassen, ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten bei Gewinnspielen persönliche Daten von minderjährigen Verbrauchern ab 15 Jahren zu erheben, um diese als Kunden werben zu können.

 

Normenkette

UWG § 8 Abs. 1, §§ 3, 4 Nr. 2

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 22.03.2012; Aktenzeichen 18 O 129/11)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.01.2014; Aktenzeichen I ZR 218/12)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird unter Zurückweisung des weiter gehenden Rechtsmittels das am 22.3.2012 verkündete Urteil der IV. Kammer für Handelssachen des LG Dortmund teilweise abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 EUR, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollstrecken am Vorstand, zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen im Zusammenhang mit Gewinnspielen, die die Beklagte für minderjährige Verbraucher veranstaltet, die Daten der Teilnehmer zu Werbezwecken zu erheben, wie aus der Anlage K 1 ersichtlich geschehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/3 und die Beklagte 2/3.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000 EUR abzuwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

A. Der Kläger verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, im Zusammenhang mit Gewinnspielen, die die Beklagte für minderjährige Verbraucher veranstaltet, die Daten der Teilnehmer zu Werbezwecken zu erheben.

Die Beklagte nahm am 15. und 16.6.2011 in L an der O-Messe teil. Diese Messe stellt Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten vor und richtet sich vornehmlich an Schülerinnen und Schüler. Die Beklagte verteilte während dieser Messe Teilnahmekarten für ein Gewinnspiel (Anlage K 1, GA 6). Auf der Vorderseite der Gewinnkarte steht unter einer Fotografie mit vier jungen Personen die Angabe

"Mitmachen und tolle Preise gewinnen."

Direkt über dieser Angabe steht in einem runden Feld die Angabe

"Bitte Rückseite ausfüllen und abgeben!"

Die Rückseite der "Gewinnkarte" trägt in der ersten Zeile die größer gedruckte Angabe "Gewinnkarte". Hierunter stehen in insgesamt neun Zeilen die Angaben "Vorname", "Name", "Geburtsdatum", "Straße/Hausnr.", "PLZ/Ort", "Telefon", "Handy", "E-Mail" und "Krankenkasse". Hierunter steht - etwas abgesetzt - und unter dem kleiner aber fett gedrucktem Wort "Datenschutzhinweis" die Angabe:

"Die Angaben sind freiwillig. Die Daten werden nicht an Dritte weitergegeben."

Direkt hierunter steht unter dem kleiner und ebenfalls fett gedruckten Wort "Einwilligungserklärung" folgender Text:

"Ich bin damit einverstanden, dass die B N Daten (bzw. die Daten meiner Tochter/meines Sohnes) speichert und nutzt, um mich telefonisch, schriftlich, per E-Mail oder per SMS über die Vorteile einer B-Mitgliedschaft und neue Angebote der B zu informieren und zu beraten.

Diese Einwilligung kann ich jederzeit mit Wirkung für die Zukunft bei der B widerrufen. N Daten werden dann gelöscht."

Hierunter steht - etwas abgesetzt - das Wort "Datum" und darunter das Wort "Unterschrift". Unter der für die Unterschrift vorgesehene Zeile steht kleingedruckt die Angabe

"(bei unter 15-Jährigen Unterschrift des Erziehungsberechtigten)".

Am unteren Rand der Rückseite der Gewinnkarte sind Angaben zur Beklagten angegeben.

Mit Abmahnung vom 12.9.2011 forderte der Kläger die Beklagte auf, sich strafbewehrt zu verpflichten, es

"im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern künftig zu unterlassen, die geschäftliche Unerfahrenheit von Minderjährigen auszunutzen, in dem unter dem Vorwand der Teilnahme an einem Gewinnspiel deren personenbezogene Daten zu Wettbewerbszwecken erhoben werden."

Begründet wurde diese Aufforderung mit näheren Ausführungen dazu, dass ein Verstoß der Beklagten gegen § 4 Nr. 2 UWG unter dem Gesichtspunkt der Ausnutzung des Alters und der geschäftlichen Unerfahrenheit von Verbrauchern vorliege. Mit Schreiben vom 5.10.2011 wies die Beklagte die Rechtsansicht des Klägers zurück, gab aber unter dem 14.10.2011 eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, in der es unter Ziff. 1) heißt:

"es vorbehaltlich einer angemessenen Umstellungsfrist bis 30.11.2011 zu unterlassen, im Wettbewerb handelnd eine an Minderjährige zwischen 15 und 18 Jahren gerichtete Werbung zur Teilnahme an einem Gewinnspiel einzusetzen, in der die Gewinnspielteilnahme und die Einwilligungserklärung zum Erhalt von Informationen über die B optisch derart verknüpft sind, dass die Unterscheidung zwischen beiden Angaben bzw. Erklärungen nicht hinreichend deutlich wird, wenn dies wie in der anliegend beigefügten Gewinnspielkarte erfolgt;"

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, diese Unterlassungserklärung sei nicht ausreichend, um die Wiederholungsgefahr für den von dem Kläger for...

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