Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 6 O 45/20)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 24.09.2020 verkündete Urteil des Landgerichts Essen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.500,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 08.03.2020 zu zahlen, Zug um Zug gegen die Erklärung des Klägers, aus der Beklagten ausscheiden zu wollen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die Berufung wird im Übrigen zurückgewiesen.

Wegen der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens bleibt es bei der Kostenentscheidung im landgerichtlichen Urteil.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Die Parteien streiten um die Zahlung von 12.500,00 EUR aus dem Vermögen der beklagten Genossenschaft.

Im Jahr 2015 beabsichtigte der Kläger einen Teil seines Vermögens anzulegen. Er wurde über den Anlagevermittler A an die Beklagte, die zum damaligen Zeitpunkt unter "Z01 eG" und später unter "Z02 eG" firmierte, herangeführt. Die Beklagte ist eine eingetragene Genossenschaft, deren Zweck nach § 2 Abs. 1 ihrer Satzung "die wirtschaftliche Förderung der Mitglieder durch gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb" ist. Nach § 2 Abs. 2 der Satzung ist Gegenstand der Genossenschaft "vorrangig im Rahmen der Genossenschaft Preisvorteile im Einkauf von Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs sowie Finanzdienstleistungen zu vereinbaren und zu erreichen."

Der Kläger unterzeichnete am 23.10.2015 eine Beitrittserklärung, durch die er seinen Beitritt als investierendes Mitglied erklärte (Anlage B1). Die Parteien kamen überein, dass der Kläger 1000 Genossenschaftsanteile zu je 50,00 EUR, also zu einem Gesamtbetrag von 50.000,00 EUR, an der Beklagten übernimmt. Zudem vereinbarten sie die Zahlung eines Einmalbetrages (Verwaltungs- und Bearbeitungsgebühren) in Höhe von 2.500,00 EUR. Die Beitrittserklärung enthält auf der zweiten Seite eine Aufnahmebestätigung des Vorstands, auf der handschriftlich die Mitgliedsnummer MGnummer01 eingetragen ist. Die Satzung der Beklagten (Anlage B2) wurde dem Kläger übergeben. Der Kläger erhielt ein "Willkommensschreiben" vom 27.10.2015 (Anlage K11) und zahlte an die Beklagte einen Betrag in Höhe von 52.500,00 EUR.

Am 14.12.2015 erstellten die Parteien einen individuell ausgehandelten "persönlichen Auszahlungsplan". Die Beklagte wurde dabei durch den zu jenem Zeitpunkt alleinvertretungsberechtigten Vorstand C vertreten. Mit Schreiben vom 15.12.2015 (Anlage K1) bestätige C dem Kläger u.a. die nachfolgenden Vereinbarungen:

"1. Ihre Einlage in die Genossenschaft in Höhe von 50.000,00 Euro bleibt bestehen.

2. Nach Ablauf des ersten Jahres, also zum 01.11.2016 wird 1/5tel der Anlagesumme nebst Vergütung ausgekehrt. Dies erfolgt zum 01.11ten eines jeden der Folgejahre, bis die Summe in Höhe von 50.000,00 Euro gänzlich ausgekehrt wurde, nebst Vergütung versteht sich. [...]"

Mit Wertstellung vom 06.05.2016, 01.11.2016, 01.11.2017 und 01.11.2018 entrichtete die Beklagte an den Kläger je 10.000,00 EUR, mithin insgesamt 40.000,00 EUR, wobei jeweils der Buchungstext "Auszahlung gemäß Auszahlungsplan vom 14.12.2015" verwandt wurde.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.12.2019 (Anlage K2) forderte der Kläger die Beklagte unter Hinweis auf die Vereinbarung vom 15.12.2015 zur Zahlung des Restbetrages von 16.698,67 EUR und anwaltlicher Kosten in Höhe von 1.348,98 EUR auf.

Mit Klageschrift vom 03.02.2020, per Fax vorab bei dem Landgericht Essen eingegangen am 04.02.2020 und der Beklagten zugestellt am 07.03.2020, hat der Kläger die vorliegende Zahlungsklage erhoben.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, im Hinblick auf die festen und unbedingten Auszahlungstermine und die feste Verzinsung sei die Vereinbarung vom 15.12.2015 als Darlehensvertrag zu qualifizieren; hierdurch sei ein unterstellt wirksamer Beitritt abgeändert worden. Er sei als "nicht investierendes Mitglied" anzusehen, was auch dadurch verdeutlicht werde, dass er kein Eintrittsgeld gezahlt habe. Hierzu hat der Kläger behauptet, er habe sich noch innerhalb der eingeräumten Widerrufsfrist an den Vermittler A gewandt und diesem erklärt, dass er den Vertrag widerrufen müsse, da er für etwaige Steuernachzahlungen "liquide" bleiben müsse. Der Vorstand der Beklagten, Herr C, habe dafür Verständnis gehabt und eine Lösung versprochen, wonach der Kläger kein investierendes Genossenschaftsmitglied im Sinne der Satzung werde, sondern die 50.000,00 EUR als nach dem Auszahlungsplan rückzahlbare Darlehenseinlage behandelt werden solle. Wenn er diese Sondervereinbarung nicht erhalten hätte, hätte er den Beitrittsvertrag widerrufen und keine Einzahlung geleistet. Sollte das Gericht die Auszahlungsvereinbarung anders als die Gewährung eines Darlehens durch ein nicht investierendes Mitglied bewerten, sei von den Parteien zumindest eine schriftliche Ausscheidensvereinbarung formuliert worden. Damit sei bei den erfolgten Auszahlungen nicht gegen § 22 A...

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