Leitsatz (amtlich)

1. Bei Gebäuden, die zu einer Zeit errichtet wurden, als Abdichtungsmaßnahmen der Kelleraußenwände noch nicht üblich waren, begründet anders als bei Bauwerken mit neuzeitlichem Standard nicht jede Feuchtigkeit in dem Kellermauerwerk einen Sachmangel (Anschluss an BGH, Urteil vom 07.11.2008 - V ZR 138/07 - juris). Es entspricht allerdings der berechtigten Erwartung des Käufers einer älteren Immobilie, deren Keller im Jahr 1938 errichtet wurde, dass in diesen nicht, und zwar mehr oder weniger regelmäßig bei stärkerem Regen, Wasser in flüssiger Form breitflächig eindringt. Ein derartiger Keller ist mit einem Sachmangel behaftet (§ 434 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BGB).

2. Das regelmäßige breitflächige Eindringen flüssigen Wassers in den Keller eines Wohnhauses stellt eine Tatsache dar, die der Verkäufer einer Immobilie grundsätzlich ungefragt, erst recht aber auf die Frage des Kaufinteressenten nach der Möglichkeit der Nutzung der Kellerräume zu Lagerzwecken, zu offenbaren hat.

3. Wird eine ausdrückliche Frage des Kaufinteressenten zum Zustand der Kaufsache vom Verkäufer (bewusst) falsch beantwortet, kann sich dieser anschließend nicht mit Erfolg darauf berufen, dass für den Käufer das Gegenteil erkennbar gewesen sei.

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 16.10.2015; Aktenzeichen 3 O 117/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 16.10.2015 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des LG Dortmund wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

Dieses Urteil und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Unzulässigerklärung der Zwangsvollstreckung aus einem notariellen Grundstückskaufvertrag über die Immobilie H-Weg 4 in M. Hierbei handelt es sich um ein Einfamilienhaus (mit Einliegerwohnung) in Form eines Wohnungseigentums (565/1.000 Miteigentumsanteil des Grundstücks H-Weg 4, 4a, verbunden mit dem Sondereigentum an einer Wohnung im Erdgeschoss und Kellerräumen sowie einem Sondernutzungsrecht an einer Grundstücksfläche von 435/1.000 verbunden mit Sondereigentum an der Wohnung im Dachgeschoss).

Der genaue Zeitpunkt der erstmaligen Erbauung des Gebäudes ist nicht bekannt; allerdings wurde der Keller im Jahr 1938 errichtet. Die Beklagte erwarb die Immobilie im Jahr 2006; Ende 2008 kam es zu einem Brand, aufgrund dessen ein weitgehender Wiederaufbau des Gebäudes erforderlich wurde.

Im November 2011 bot die Beklagte das Haus über den Zeugen L zum Verkauf an. Der Kläger besichtigte die Immobilie mehrfach, nahm aber zunächst von einem Kauf Abstand. Erst nachdem sich die Beklagte mit dem Makler L auf eine Reduktion des Angebotspreises verständigt hatte, zeigte der Kläger erneut Interesse am Erwerb des Grundbesitzes. Am 25.1.2012 und 16.2.2012 besichtigte der Kläger das Haus erneut. Im Rahmen der Besichtigung wurde die Beklagte von Klägerseite auch befragt, ob der Keller zu Lagerungszwecken geeignet, also hinreichend trocken sei, wobei die Einzelheiten zum Zeitpunkt dieses Gesprächs und zu dessen genauem Inhalt zwischen den Parteien umstritten sind. Mit notariellem Kaufvertrag vom 29.2.2012 (UR-Nr. 150/2012 des Notars Dr. T3 in M) erwarb der Kläger das vorbezeichnete Wohnungseigentum von der Beklagten. Als Kaufpreis wurde ein Betrag von 390.000 EUR vereinbart. Der Kläger unterwarf sich in § 10 des Vertrages wegen der Verpflichtung zur Zahlung des Kaufpreises der sofortigen Zwangsvollstreckung. § 2 des Kaufvertrages sah einen Gewährleistungsausschluss für Sachmängel vor. Wegen der Einzelheiten der kaufvertraglichen Regelungen wird auf die notarielle Urkunde vom 29.2.2012 (Anlagehefter zur Gerichtsakte) Bezug genommen. Unter dem 14./17.3.2012 vereinbarten die Parteien privatschriftlich, dass mit Zahlung eines Betrages von 388.000 EUR der Kaufpreis gemäß dem notariellen Vertrag als bezahlt gelten sollte. Wegen der Einzelheiten wird auf die "Kaufpreisbestätigung" (Anlage 11, Anlagehefter zur Gerichtsakte) Bezug genommen. Ende März 2012 wurde die Immobilie dem Kläger - vorzeitig - übergeben. In der Folgezeit - die genauen Daten sind zwischen den Parteien umstritten - kam es zu mehreren Gesprächen der Parteien, in denen der Kläger gegenüber der Beklagten verschiedene Mängel der Immobilie rügte und - vergeblich - einen Nachlass auf den Kaufpreis verlangte. Unter dem 5.4.2012 teilte der Notar dem Kläger die Fälligkeit des Kaufpreises mit. Am 10.4.2012 wurde der Beklagten eine vollstreckbare Ausfertigung der notariellen Urkunde erteilt. Im Zeitraum zwischen dem 27.4.2012 und dem 7.5.2012 zahlte der Beklagte auf den Kaufpreis insgesamt 358.000 EUR an die Beklagte. Unter dem 26./27.4.2012 erklärte der Kläger die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 40.000 EUR wegen behauptete...

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