Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 09.06.2005; Aktenzeichen 43 O 20/05)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.01.2009; Aktenzeichen I ZR 31/06)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 9.6.2005 verkündete Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Essen wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 20.000 EUR abzuwenden, falls nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I. Der Kläger ist eine Vereinigung zur Förderung gewerblicher Belange, zu dessen Mitgliedern Bundes- und Landesverbände aus dem Bereich des Einzelhandels sowie auch Einzelunternehmen gehören. Die Beklagte betreibt bundesweit mehr als 300 Filialen unter der Bezeichnung "F".

Ende September 2004 warb die Beklagte im Rundfunk, im Internet und durch Zeitungsbeilagen unter der Überschrift "JEDER 100. EINKAUF GRATIS" damit, dass in der Woche ab Montag, dem 27.9.2004 jeder 100. Kunde seinen Einkauf als Geschenk erhalten würde (vgl. Beilagenwerbung Bl. 20).

Der Kläger hält diese Werbung für wettbewerbswidrig. Er hat dazu u.a. ausgeführt, in der Werbung liege ein Verstoß gegen § 4 Nr. 6 UWG, weil die beworbene Aktion ein Gewinnspiel darstelle, an dem man durch Zahlung des Kaufpreises teilnehmen könne. Damit sei das Gewinnspiel mit dem Absatz von Waren gekoppelt. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 4 Nr. 6 UWG genüge allein eine solche Kopplung, ohne dass es weiterer Umstände bedürfe. Nur wenn eine solche Kopplung fehle, müsse nach § 4 Nr. 1 UWG geprüft werden, ob die Werbung mit dem Gewinnspiel einen unangemessenen unsachlichen Einfluss auf die angesprochenen Verbraucher ausüben könne. Insoweit hat der Kläger auf eine Entscheidung des OLG Hamburg vom 21.10.2004 betreffend die Werbung mit "Glücksbon-Tagen" (Bl. 28 ff.) verwiesen, in der eine entsprechende Werbung der L AG verboten worden sei. Der Kläger hat gemeint, die gegenteilige Entscheidung des LG Essen und des Senats in der Sache 4 W 163/03 sei im Hinblick auf den neu geschaffenen § 4 Nr. 6 UWG nicht mehr haltbar. Im Übrigen hat er geltend gemacht, die Werbung verstoße hier auch gegen § 4 Nr. 1 UWG, weil damit ein unangemessener unsachlicher Einfluss auf die angesprochenen Verbraucher ausgeübt werde. Angesichts der hohen Gewinnquote sähen sich die Verbraucher veranlasst, die ohnehin benötigten Lebensmittel diesmal in den Geschäften der Beklagten einzukaufen, ohne auf deren Qualität und Preise im Verhältnis zu den Mitbewerbern zu achten. Dies gelte insbesondere auch, weil bei den Discountern bekanntermaßen die Preisunterschiede gering seien. Als weitere Anspruchsgrundlage hat der Kläger auch noch einen denkbaren Verstoß gegen § 287 StGB angesprochen, weil eine unzulässige Lotterie vorliegen könnte.

Die Beklagte hat sich gegen die Klage verteidigt. Sie hat darauf verwiesen, dass das LG Essen und der Senat in der Entscheidung betreffend die Glücksbon-Tage zu Recht einen Wettbewerbsverstoß verneint hätten und dass sich die Rechtslage durch das neue UWG auch nicht geändert habe. Der vorliegende Fall sei nicht unter § 4 Nr. 6 UWG zu subsumieren, weil hier nicht die Teilnahme an einem Gewinnspiel von dem Erwerb einer Ware abhängig gemacht werde. Nach dem Sinn und Zweck des jetzt kodifizierten Kopplungsverbotes sei es Voraussetzung für ein solches verbotenes Gewinnspiel, dass die Kunden durch die Aussicht auf einen zusätzlichen Gewinn zum Kauf animiert würden. Das Gewinnspiel müsse ein getrennter Vorgang sein im Hinblick auf einen zuvor stattgefundenen entgeltlichen Warenerwerb und wie ein Köder wirken. Nur dann könne der Verbraucher veranlasst werden, eine Ware ungeachtet ihrer Preiswürdigkeit und Eigenschaft zu kaufen, weil es ihm entscheidend auf den Gewinn ankomme. Die bloße Verknüpfung bestimmter aleatorischer Reize mit dem Warenabsatz reiche wie schon früher nicht aus, um eine darauf gerichtete Werbung unzulässig zu machen. Hier kaufe der Kunde nicht, um an einem Gewinnspiel teilnehmen zu können, sondern um seinen Bedarf an Gebrauchsgütern zu decken. Da die Wahrscheinlichkeit, den Kauf wie üblich bezahlen zu müssen, so viel höher sei als die Wahrscheinlichkeit eines unentgeltlichen Warenerwerbs, hätte der durchschnittlich informierte, situationsbedingt aufmerksame und verständige Verbraucher als Kunde auch keine Veranlassung, beim Einkauf nicht auf Preiswürdigkeit und Qualität der Ware zu achten. Die Beklagte hat insoweit unter Beweisantritt behauptet, dass sich durch eine solche Aufmerksamkeitswerbung in der Werbewoche weder die Kundenfrequenz noch der durchschnittliche Einkaufswert tatsächlich erhöht habe. Die Beklagte hat gemeint, es könne schon deshalb keine unzulässige Lotterie i.S.d. § 287 ZPO vorliegen, weil es hier keinen Einsatz gebe, der verloren werden könne.

Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass zunächst kein Verstoß gegen § 4 Nr. 6 UWG vorl...

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