Leitsatz (amtlich)

Zur Herausgabe einer an einen Treuhänder erfolgten Auszahlung des Hinterlegungsbetrages; zur Abänderung der Kostenentscheidung erster Instanz unter Einbeziehung einer in zweiter Instanz nicht beteiligten Partei

 

Normenkette

BGB § 816 Abs. 2, § 822; HinterlegungsO § 13; BauGB §§ 97, 119; ZPO § 91

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 25.11.2009; Aktenzeichen 014 O 32/08)

 

Tenor

Das Teil- und Schlussurteil des LG Münster vom 25.11.2009 (14 O 32/08) wird abgeändert.

Die Zahlungsklage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

A. Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO; 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

B. Die zulässige Berufung des Beklagten zu 2. hat auch in der Sache Erfolg; denn der Klägerin steht gegen den Beklagten zu 2. kein Anspruch auf Zahlung i.H.v. 5.218,22 EUR zu, so dass die darauf gerichtete Klage abzuweisen war.

I. Auf § 816 Abs. 2 BGB kann die Klägerin ihren Zahlungsanspruch nicht erfolgreich stützen, weil der Beklagte zu 2. unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt als Leistungsempfänger i.S.d. § 816 Abs. 2 BGB im Verhältnis zur Klägerin zu qualifizieren ist.

§ 816 Abs. 2 BGB verlangt, dass an einen Nichtberechtigten eine Leistung bewirkt wird, die dem Berechtigten gegenüber wirksam ist. Nur für einen solchen Fall ordnet § 816 Abs. 2 BGB an, dass der Nichtberechtigte dem Berechtigten zur Herausgabe verpflichtet ist.

Unmittelbar erhalten hat der Beklagte zu 2. die streitgegenständliche Summe durch eine Überweisung seitens der Rechtsanwälte D pp.. Auch wenn es sich hierbei um einen Anteil aus der Entschädigungssumme, die das AG Bünde als Hinterlegungsgericht an die Rechtsanwälte D pp. ausgekehrt hatte, handelte, lässt sich diese Überweisung seitens der Rechtsanwälte D pp. an den Beklagten zu 2. nicht als eine Leistung i.S.d. § 816 Abs. 2 BGB qualifizieren; denn mit dieser Überweisung wollten die Rechtsanwälte D pp. lediglich ihre Verpflichtung aus der Treuhandabrede ggü. dem Beklagten zu 2. erfüllen. Eine solche Verfügung konnte keine Rechtswirkungen im Verhältnis zur Klägerin entfalten. Diese war am Treuhandverhältnis nicht beteiligt. Vielmehr war nach Maßgabe der Treuhandabrede der Beklagte zu 2. und nicht die Klägerin die berechtigte Leistungsempfängerin.

Als mögliche Leistung an einen Nichtberechtigten, die der Klägerin gegenüber als Berechtigter wirksam war, kommt somit allein die Auszahlung des Hinterlegungsbetrages durch das AG Bünde in Betracht.

Eine Berechtigung der Klägerin in Bezug auf die Entschädigungssumme gem. § 97 Abs. 4 BauGB unterstellt ist die Auszahlung seitens des AG Bünde als Hinterlegungsgericht jedoch nicht als Leistung an den Beklagten zu 2., sondern als Leistung an die Rechtsanwälte D pp. zu qualifizieren:

Nach § 13 Abs. 1 Hinterlegungsordnung verfügt das Hinterlegungsgericht die Herausgabe des Hinterlegungsgutes nur dann, wenn die Berechtigung des Empfängers nachgewiesen ist. Nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 Hinterlegungsordnung ist der Nachweis der Berechtigung des Empfängers als geführt anzusehen, wenn die am Hinterlegungsverfahren Beteiligten die Herausgabe an den Empfänger schriftlich bewilligen oder seine Empfangsberechtigung in gleicher Weise anerkannt haben.

Als berechtigte Empfänger waren dem AG Bünde neben der I AG ausschließlich die Rechtsanwälte D pp. nachgewiesen; denn mit schriftlicher Erklärung vom 23.6.2006 haben Rechtsanwalt Dr. T und die Volksbank H sowie mit gemeinsamer Erklärung vom 21./23.6.2006 die übrigen vom zuständigen Rechtspfleger des AG Bünde festgestellten Beteiligten übereinstimmend die Auszahlung des Hinterlegungsbetrages an die I AG i.H.v. 159.866,96 EUR zzgl. Zinsen und hinsichtlich des überschießenden Teils an die Rechtsanwälte D pp. auf ein noch zu benennendes Anderkonto ausdrücklich bewilligt. Ausschließlich aufgrund dieser Erklärungen hat das AG Bünde die Auszahlungen veranlasst und so u.a. an die Rechtsanwälte D pp. als nachgewiesene berechtigte Empfänger geleistet.

Diese Leistung an die Rechtsanwälte D pp. stellt sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht zugleich als Leistung an den Beklagten zu 2. dar.

Zunächst verbietet sich bereits auf Grund dessen, dass - wie zuvor dargelegt - das AG Bünde an die Rechtsanwälte D pp. als berechtigte Empfänger i.S.d. Hinterlegungsordnung gezahlt hat, die Annahme, die Rechtsanwälte D pp. als bloße "Zahlstelle" anzusehen. Vielmehr haben sie bei der Entgegennahme des Hinterlegungsbetrages auf Grund der Bewilligung durch sämtliche festgestellte Beteiligte und damit auch der der Rechtsanwälte Dr. T und T2 und der Volksbank H, die jedenfalls nicht von den Rechtsanwälten D pp. anwaltlich vertreten wurden, gerade nicht nach außen als bloße Leistungsmittler fungiert und sind insbesondere entgegen der Ansicht der Klägerin nicht als bloße Vertreter aller vom AG Bünde festgestellten Beteiligten aufgetreten.

Hintergrund für ihre Benennung als Empfangsberechtigte war vielmehr eine Absprache unter den vom AG festgeste...

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