Leitsatz (amtlich)

Ein Arrestgrund liegt nicht allein deshalb vor, weil dem VN eine erhebliche Straftat zum Nachteil des Versicherers vorgeworfen wird.

 

Normenkette

ZPO § 917

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Urteil vom 20.02.2006; Aktenzeichen 9 O 24/06)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 20.2.2006 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Bielefeld wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Klägerin will die Anordnung eines dinglichen Arrests in das Vermögen des Beklagten erreichen.

Der Beklagte betreibt das Gewerbe einer Diamantenwerkzeugbearbeitung in einer Werkhalle in R. Für diesen Betrieb hat er bei der Klägerin eine Betriebsinhaltsversicherung, eine Feuer-Betriebsunterbrechungsversicherung sowie für die Werkhalle eine Gebäudeversicherung genommen.

Am 5.4.2002 kam es zu einem Brand im Betrieb des Beklagten; der Brandherd befand sich in einer Senkerodiermaschine.

Nach längeren Verhandlungen trat die Klägerin schließlich in die Schadenregulierung ein und zahlte insgesamt 172.089 EUR.

Unter dem 20.9.2005 ist gegen den Beklagten Anklage erhoben worden wegen Betruges zum Nachteil der Klägerin und Nötigung. In der Anklageschrift wird dem Beklagten vorgeworfen, die Senkerodiermaschine nach Betriebsschluss ohne Aufsicht weiter betrieben und die in der Maschine befindliche Feuerlöschanlage außer Funktion gesetzt zu haben. Wahrheitswidrig habe er jedoch dieses grob fahrlässige Verhalten, das zum Verlust des Versicherungsschutzes führe (§ 61 VVG), verschwiegen und behauptet, die Maschine sei bei Ausbruch des Brandes abgeschaltet gewesen. Überdies habe er den Zeugen K, seinen damals in seinem Betrieb beschäftigten Schwager, durch Drohungen genötigt, seine falsche Darstellung zu bestätigen.

Die Klägerin sieht sich leistungsfrei sowohl wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Brandes als auch wegen vorsätzlich falscher Angaben zum Schadenshergang.

Ihren Bereicherungsanspruch (§ 812 BGB) hat sie bislang noch nicht eingeklagt.

Die Klägerin hat beantragt, wegen ihrer Arrestforderung i.H.v. 172.089 EUR einen dinglichen Arrest in das Vermögen des Beklagten anzuordnen. Zur Glaubhaftmachung des Arrestanspruchs hat sie die Anklageschrift sowie eidesstattliche Versicherungen vorgelegt. Als Arrestgrund hat sie das "hochkriminelle Verhalten des Beklagten" angeführt, der seine Vermögensinteressen über die anderer stelle und auch die Nötigung seines Schwagers zur Falschaussage nicht gescheut habe. Daraus hat sie eine Wiederholungsgefahr abgeleitet; es sei zu besorgen, dass ohne die Verhängung des Arrestes eine Vollstreckung eines noch zu erstreitenden Urteils vereitelt oder wesentlich erschwert werde.

Das LG hat zunächst dem Antrag entsprochen (Beschluss vom 18.1.2006).

Der Beklagte hat Widerspruch eingelegt, den ihm angelasteten Betrug bestritten und insb. den Arrestgrund in Abrede gestellt. Selbst wenn der Anklagevorwurf zuträfe, sei daraus keine Wiederholungsgefahr abzuleiten. Er habe mit den Versicherungsleistungen seinen Betrieb wieder aufgebaut und führe ihn bis heute weiter. Er sehe sich bereits seit Anfang 2005 dem Vorwurf des Betruges ausgesetzt und habe seinen Geschäftsbetrieb in der gewohnten Weise fortgeführt. Dadurch sichere er potentiellen Gläubigern die Möglichkeit des Zugriffs auf vorhandenes Vermögen. Durch eine Vollstreckung des dinglichen Arrestes würde sein Geschäftsbetrieb zum Erliegen kommen, da ihm jegliche Liquidität entzogen würde.

Das LG hat durch das am 20.2.2006 verkündete Urteil den Arrestbefehl aufgehoben und den Antrag auf Anordnung des Arrests zurückgewiesen. Auf den Inhalt des Urteils wird - auch hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Parteivortrags in erster Instanz - Bezug genommen.

Die Klägerin greift das Urteil mit der Berufung an und verfolgt ihr Ziel weiter, die Anordnung des dinglichen Arrest in das Vermögen des Beklagten zu erreichen.

Der Beklagte verteidigt das Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrags aus erster Instanz und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das LG hat im Ergebnis zu Recht den Arrestbeschluss aufgehoben und den Antrag auf Anordnung des dinglichen Arrests zurückgewiesen.

1. Arrestanspruch

Der Senat hat schon Zweifel, ob die Klägerin mit der Vorlage der Anklageschrift einen Arrestanspruch hinreichend glaubhaft gemacht hat.

Diese Zweifel basieren nicht nur auf der als problematisch einzuschätzenden Glaubwürdigkeit des Zeugen K, auf dessen - wiederholt wechselnder - Aussage der gesamte Vorwurf der Anklage basiert und mit dem auch die Klägerin die Voraussetzungen ihres Bereicherungsanpruchs wird beweisen müssen. Zweifel ergeben sich auch deshalb, weil der Zeuge K die Werkshalle zeitlich vor dem Beklagten verlassen hat, so dass mit der Aussage dieses Zeugen nicht ohne Weiteres die Behauptung des Beklagten zu widerlegen sein wird, dass er am 5.4.2002 die Wer...

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