Entscheidungsstichwort (Thema)

Berücksichtigung des Anspruchs auf Familienunterhalt gem. § 1360 BGB der zweiten Ehefrau des Unterhaltsschuldners bei der Berechnung des von ihm zu leistenden Kindesunterhalts für seine minderjährigen Kinder aus erster Ehe

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Berechnung des von dem Unterhaltsschuldner für seine minderjährigen Kinder aus erster Ehe zu leistenden Kindesunterhalt ist der Anspruch der zweiten Ehefrau auf Familienunterhalt aus § 1360 BGB zu berücksichtigen.

2. Die Pflicht der Ehegatten aus § 1356 Abs. 2 S. 2 BGB, bei der Wahl und Ausübung einer Erwerbstätigkeit auf die Belange des anderen Ehegatten und die Familie gebotene Rücksicht zu nehmen, geht nicht soweit, dass der zweite Ehegatte seinerseits zugunsten der minderjährigen Kinder aus erster Ehe einer Erwerbstätigkeit nachgehen muss, um seinen Barunterhaltsbedarf zu decken, damit das Einkommen des Unterhaltsschuldners nicht um seinen Unterhaltsanspruch aus § 1360 BGB geschmälert wird.

 

Normenkette

BGB §§ 1601, 1609 Abs. 2 S. 1, §§ 1360, 1356 Abs. 1-2; GG Art. 6 I

 

Verfahrensgang

AG Lüdenscheid (Urteil vom 11.11.2003; Aktenzeichen 17 F 293/03)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 25.04.2007; Aktenzeichen XII ZR 189/04)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das am 11.11.2003 verkündete Urteil des AG - FamG - Lüdenscheid abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin zu 1) für die Monate März bis Juni 2003, jeweils fällig zum 3. eines Monats, über die im Verfahren 17 F 108/02 AG Lüdenscheid gemäß Teilurteil vom 16.5.2002 titulierten 153 EUR hinaus monatlich weitere 23 EUR, insgesamt 176 EUR, sowie ab Juli 2003, jeweils fällig zum 3. eines Monats, monatlich weitere 30 EUR, insgesamt 183 EUR, zu zahlen sowie an den Kläger zu 2) für die Monate März bis Juni 2003, jeweils fällig zum 3. eines Monats, über die im Verfahren 17 F 108/02 AG Lüdenscheid gemäß Teilurteil vom 16.5.2002 titulierten 118 EUR hinaus monatlich weitere 58 EUR, insgesamt 176 EUR, sowie ab Juli 2003, jeweils fällig zum 3. eines Monats, monatlich weitere 59 EUR, insgesamt 177 EUR, zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten der ersten Instanz tragen die Kläger zu 37 %, der Beklagte zu 63 %, die Kosten der zweiten Instanz tragen die Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für die Berufung wird auf 608 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Mutter der Kläger und der Beklagte sind geschiedene Eheleute. Beide Elternteile sind wieder verheiratet, der Beklagte seit November 2002. Seine Ehefrau arbeitet nicht und betreut zwei Kinder aus einer früheren Beziehung, die am 3.10.1990 bzw. 9.12.1991 geboren wurden. Die Kläger sind neben dem am 1.6.1986 geborenen Sohn E die gemeinsamen Kinder ihrer Mutter und des Beklagten. Sie leben bei ihrer Mutter, die über keinerlei Einkünfte verfügt. Im Verfahren 17 F 108/02 AG Lüdenscheid war der Beklagte durch Teilurteil vom 6.5.2002 verurteilt worden, für E monatlichen Unterhalt von 180 EUR, für die Klägerin zu 1) von 153 EUR und für den Kläger zu 2) von 118 EUR zu zahlen.

Die Kläger haben mit der Klage Abänderung auf Zahlung der Mindestunterhaltsbeträge ab März 2002 geltend gemacht. Sie haben vorgetragen, dass ein Abänderungsgrund gegeben sei, weil Unterhalt nur noch für zwei Kinder geltend gemacht werde. Es sei von einem monatlichen Einkommen des Beklagten i.H.v. 1.500 EUR auszugehen. Die Ehefrau des Beklagten sei nicht zu berücksichtigen, da die Ansprüche der Kläger vorrangig seien.

Die Kläger haben beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin zu 1) beginnend mit März 2003, für März zahlbar sofort, für die Folgemonate zahlbar jeweils bis zum 3. und fällig im voraus, über die in dem Verfahren 17 F 108/02 gemäß Teilurteil vom 16.5.2002 titulierten 153 EUR hinaus weitere 78 EUR, insgesamt 231 EUR, zu zahlen sowie ihn weiterhin zu verurteilen, an den Kläger zu 2) beginnend mit März 2003, für März zahlbar sofort, für die Folgemonate zahlbar jeweils bis zum 3. und fällig im voraus, über die in dem Verfahren 17 F 108/02 gemäß Teilurteil vom 15.5.2002 titulierten 118 EUR hinaus weitere 59 EUR, insgesamt 177 EUR, zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat eingewandt, dass ein Abänderungsgrund nicht gegeben sei. Anders wäre es, wenn die Mutter der Kläger für E erklärt hätte, dass dessen Bedarf aus eigenem Einkommen gedeckt sei und sie im Hinblick darauf auf die Rechte aus dem Urteil vom 16.5.2002 verzichtet hätte. Im Übrigen sei der Beklagte über den titulierten Betrag hinaus nicht leistungsfähig. Seine jetzige Ehefrau sei im Hinblick auf die Betreuung ihrer Kinder aus einer früheren Verbindung nicht erwerbstätig. Es liege ein Mangelfall vor. Neben dem Existenzminimum für die ...

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