Verfahrensgang

LG Siegen (Urteil vom 26.06.2013; Aktenzeichen 8 O 208/10)

 

Tenor

Die Berufung des beklagten Landes gegen das am 26.06.2013 verkündete Urteil der 8. Zivilkammer des LG Siegen wird zurückgewiesen.

Das beklagte Land trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Das beklagte Land darf die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern der Kläger vor der Vollstreckung nicht Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger nimmt das beklagte Land wegen eines Verkehrsunfalls, den er am 11.07.2006 auf der Bundesstraße ... in Höhe Abschnittsnummer ...1, Stations-kilometer ...2 erlitten hat, aus dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherungspflichtverletzung in Anspruch.

Am 11.07.2006 befuhr der Kläger gegen 14.55 Uhr mit seinem Motorrad P, amtliches Kennzeichen X, die Bundesstraße ... aus Fahrtrichtung O kommend in Fahrtrichtung B. Im Bereich der Unfallstelle macht die Straße aus der damaligen Fahrtrichtung des Klägers gesehen zunächst eine Links- und sofort anschließend eine Rechtskurve. Beim Durchfahren der Linkskurve überholte der Kläger den Zeugen L, der ebenfalls mit einem Motorrad unterwegs war. Ausgangs der anschließenden Rechtskurve kam der Kläger sodann mit seinem Motorrad zu Fall, weil die Fahrbahnoberfläche infolge der zum Unfallzeitpunkt herrschenden sommerlichen Hitze von 29 Celsius weich und rutschig geworden war. Eine Geschwindigkeitsbegrenzung war für diesen Bereich nicht angeordnet. Ca. 1.700 m vor der Unfallstelle war in Fahrrichtung des Klägers das Gefahrenzeichen 105 (Kurve links) mit dem Zusatzschild "Unfallkurve" aufgestellt. Außerdem war einige hundert Meter vor der Unfallstelle - die genaue Entfernung zur Unfallstelle ist zwischen den Parteien streitig - das Gefahrenzeichen 114 (Schleuder- oder Rutschgefahr) aufgestellt.

Der Kläger wurde bei dem Unfall schwer verletzt. Er zog sich unter anderem ein Polytrauma, mehrere Frakturen am linken Ober- und Unterschenkel sowie eine Halswirbelsäulen- und Brustwirbensäulenkontusion zu. Er wurde deswegen vom 11.06.2006 bis 29.07.2006 stationär im Krankenhaus behandelt und musste sich in der Folgezeit bis zum 07.02.2008 insgesamt 14 Operationen unterziehen.

Auf dem entsprechenden Streckenabschnitt der Bundesstraße B ... war im Jahr 2002 im Auftrag des beklagten Landes von einem Straßenbauunternehmen eine neue Fahrbahndecke aus Asphaltbeton 0/11 aufgebracht worden. Als eine in der Folgezeit durchgeführte Prüfung der Fahrbahndecke Anhaltspunkte für fehlende Griffigkeit und eine daraufhin am 21.05.2003 durchgeführte erneute Prüfung weiter gehende Mängel zeigte, forderte das beklagte Land das Straßenbauunternehmen zur Mängelbeseitigung auf. Dieses führte sodann im Jahr 2005 auf dem betreffenden Straßenabschnitt eine so genannte Oberflächenbehandlung durch, bei der zunächst eine Bitumenemulsion auf die Straßenoberfläche aufgesprüht und anschließend mit Splitt abgestreut wurde. In der Folgezeit zeigte die Oberflächenbehandlung Schäden. Es löste sich stellenweise der Splitt ab. Die Fahrbahn wurde deshalb an den schadhaften Stellen nochmals durch Aufbringen von Bindemittel und Splitt nachbearbeitet.

Im November 2006 leitete der Kläger gegen das beklagte Land vor dem LG Siegen ein selbständiges Beweisverfahren (1 OH 12/06) ein, in dem vom dort bestellten Sachverständigen U Feststellungen zum Fahrbahnzustand und den Unfallursachen getroffen wurden. Anschließend hat der Kläger die vorliegende, noch im Dezember 2010 rechtshängig gewordenen Klage erhoben, mit der er vom beklagten Land Zahlung von Schadensatz in Höhe von 9.896,22 EUR sowie die Feststellung dessen Ersatzpflichtverpflichtung für alle ihm durch den Unfall bereits entstandenen oder noch entstehenden materiellen und immateriellen Schäden begehrt.

In erster Instanz haben die Parteien darüber gestritten, ob der Feststellungsantrag zulässig ist, insbesondere der Kläger alle ihm schon entstandenen materiellen und immateriellen Schäden bereits mit der Leistungsklage geltend machen muss. Weiter haben die Parteien darüber gestritten, ob die im Jahr 2005 durchgeführte Oberflächenbehandlung auf der zuvor vorhandenen Fahrbahndecke überhaupt ausgeführt werden durfte bzw. sie danach zur Verbesserung der Griffigkeit der Fahrbahnoberfläche geeignet war, die Oberflächenbehandlung möglicherweise selbst fehlerhaft ausgeführt worden und nicht dazu geeignet war, den üblichen sommerlichen Temperaturen standzuhalten, und ob das beklagte Land die Ungeeignetheit oder Mangelhaftigkeit der Oberflächenbehandlung vor dem Unfall hätte erkennen und noch Gegenmaßnahmen ergreifen müssen. Weiter stand zwischen den Parteien im Streit, ob der Kläger zum Unfallzeitpunkt mit einer den örtlichen Gegebenheiten unangepassten, zu hohen Geschwindigkeit gefahren ist und er das Weichwerden der Fahrbahnoberfläche noch rechtzeitig vor dem Unfall hätte erkennen können und den Unfall...

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