Entscheidungsstichwort (Thema)

Befristung von Krankheitsunterhalt

 

Leitsatz (redaktionell)

Der nacheheliche Unterhalt wegen Krankheit nach § 1572 Nr. 2 BGB kann gemäß § 1578b Abs. 2 BGB zeitlich befristet werden, wenn der Anspruch auf Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung gemäß § 43 Abs. 1, Abs. 2 SGB VI durch eine Erwerbstätigkeit nach Beendigung der Betreuung und Erziehung eines gemeinsamen Kindes hätte erworben werden können.

 

Normenkette

BGB §§ 1572, 1578b Abs. 2

 

Verfahrensgang

AG Siegen (Urteil vom 15.04.2009; Aktenzeichen 15 F 1706/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 15.4.2009 verkündete Urteil des AG - Familiengericht - Siegen abgeändert. Der Vergleich vom 19.5.1999 (Aktenzeichen: 20 F 868/98, AG - Familiengericht - Siegen) wird dahingehend abgeändert, dass der Kläger der Beklagten ab Juli 2011 keinen nachehelichen Unterhalt mehr schuldet.

Die Kosten des Rechtsstreits werden insgesamt gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs vom 19.5.1999, in dem der Kläger sich verpflichtet hatte, an die Beklagte nachehelichen Unterhalt von monatlich 1.000 DM (= 511,29 EUR) zu zahlen.

Die heute 54-jährige Beklagte und der 57-jährige Kläger hatten am 28.8.1989 geheiratet. Aus ihrer Ehe sind zwei Kinder hervorgegangen, der am 7.12.1989 geborene Sohn T und der am 7.9.1993 geborene Sohn N. Die Ehe der Parteien ist seit dem 15.5.1999 geschieden. Seit der Scheidung versorgt und betreut die Beklagte durchgehend das gemeinsame Kind N. T blieb zunächst bei ihr, wechselte zum Jahreswechsel 2003/2004 in den Haushalt des Klägers und kehrte Ende 2007 wieder zur Beklagten zurück. T beendete im Sommer 2009 seine allgemeine Schulausbildung und leistet seit Juli 2009 Wehrdienst.

Der Kläger ist wieder verheiratet; aus der neuen Ehe ist das am 24.9.1999 geborene Kind M hervorgegangen.

Die Beklagte hat die Schule 1970 mit dem Hauptschulabschluss beendet. Von 1970 bis 1973 durchlief sie eine Ausbildung zur Rechtsanwalts- und Notargehilfin, schloss diese aber nicht ab, weil sie die Abschlussprüfung nicht bestand. In den folgenden 16 Jahren bis zur Heirat im August 1989 übte sie bei verschiedenen Arbeitgebern Bürotätigkeiten aus. Nach der Geburt des ersten Kindes im Dezember 1989 widmete sie sich nur noch der Versorgung des ehelichen Haushalts und der Betreuung der Kinder. Auch nach Trennung und Scheidung war sie allenfalls geringfügig erwerbstätig. Zu Beginn des Jahres 2009 stellte sie einen Antrag auf Erwerbsunfähigkeitsrente, der mit Bescheid vom 29.1.2009 abgelehnt wurde, weil sie in den letzten fünf Jahren vor Antragstellung nicht mindestens für drei Jahre Pflichtbeiträge geleistet hat.

Mit der vorliegenden Abänderungsklage möchte der Kläger die stufenweise Herabsetzung des an die Beklagte zu zahlenden nachehelichen Unterhalts ab Januar 2008 und eine Befristung bis zum 31.8.2009 erreichen. Dazu hat er sich auf Veränderungen bezüglich seiner Unterhaltspflichten und des Einkommens berufen. Auch müsse die Beklagte inzwischen für ihren Unterhalt durch eigene Erwerbstätigkeit selbst sorgen.

Die Beklagte hat sich zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags im Wesentlichen auf krankheitsbedingte Erwerbsunfähigkeit berufen. Außerdem lägen ehebedingte Nachteile vor, so dass eine Befristung nicht in Betracht komme.

Das AG hat zur Frage der Erwerbsfähigkeit Beweis erhoben durch Einholung eines arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Arztes für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin, Dr. med. S. E, vom 11.11.2008 Bezug genommen.

Das AG hat die Abänderungsklage abgewiesen. Die Beklagte habe einen Unterhaltsanspruch wegen Krankheit in einer Höhe, die keine Abänderung rechtfertige. Nach dem arbeits- und sozialmedizinischen Sachverständigengutachten sei von ihrer Erwerbsunfähigkeit auszugehen. Sie leide unter einer Somatisierungsstörung und einer mittelgradigen depressiven Episode. Darüber hinaus seien ihr körperlich schwere bis mittelschwere Tätigkeiten wegen einer degenerativen Rückenerkrankung nicht zumutbar. Die Voraussetzungen einer Begrenzung und Befristung seien nicht gegeben. Insbesondere die Erkrankung stehe derzeit einer sicheren Prognose der Einkommensverhältnisse der Beklagten entgegen.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Berufung. Er bestreitet die vollständige Erwerbsunfähigkeit der Beklagten; zumindest sei noch ein Restleistungsvermögen vorhanden. Ausgehend von einem fiktiven Einkommen der Beklagten aus teilschichtiger Erwerbstätigkeit stehe ihr rechnerisch nur noch ein geringerer Unterhaltsanspruch zu. Dieser sei - mangels ehebedingter Nachteile - zu begrenzen und zu befristen.

Er beantragt, unter Abänderung der angefochtenen Entscheidung den Vergleich der Parteien vom 19.5.1999 - 20 F 868/98/AG Siegen - zu Ziff. 2 dahingehend abzuändern, dass er nicht mehr verpflichtet ist ab dem 1.1.2008 mehr als monatlich 382 EUR und ab dem 1...

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