Verfahrensgang

LG Bochum (Entscheidung vom 31.03.2011; Aktenzeichen 14 O 147/10)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 22.11.2012; Aktenzeichen VII ZR 222/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 31.03.2011 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer - Kammer für Handelssachen - des Landgerichts Bochum abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Klägerin werden die Kosten des Rechtsstreits auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin betreibt in I eine Müllverbrennungsanlage, die über zwei Verbrennungslinien für Gewerbeabfälle verfügt und Anfang 2009 - finanziert durch die Landesbank Y - in Betrieb genommen wurde.

Die Klägerin gehört zur AGR Unternehmensgruppe, die seit Beginn der 80’iger Jahre die Müllverbrennungsanlage I2 in I unterhält. Nachdem die AGR die Genehmigung für den Bau der I erhalten hatte, plante sie zunächst mit diversen mittelständischen Abfallentsorgungsunternehmen unter Beteiligung ihrer Vertriebsgesellschaft die Gründung einer GmbH, die ihrerseits verpflichtet sein sollte, an die spätere Betreiberin der I eine bestimmte Abfallmindestmenge pro Jahr zu liefern. In diesem Zusammenhang nahm die AGR auch Kontakt zu der Beklagten auf und übermittelte dieser als potentieller Gesellschafterin der zu gründenden GmbH nach diversen Verhandlungen den Entwurf eines Anlieferungsvertrages, der die Verpflichtung der GmbH zur Bereitstellung einer jährlichen Abfallmindestmenge sowie im Falle der Nichtlieferung die Zahlung eines entsprechenden Entgeltes vorsah. Das angedachte Kooperationsmodell der AGR gelangte in der Folge jedoch nicht zur Durchführung. Stattdessen wandte sich 2005 die neu gegründete Klägerin an die Beklagte und bot dieser im Hinblick auf das Projekt I zu geänderten Bedingungen - weder ein Zusammenschluss der Entsorger und Anlieferer zu einer GmbH noch eine Beteiligung der AGR oder deren Vertriebsgesellschaft an selbiger war letztlich mehr vorgesehen - eine langfristige Zusammenarbeit an. Da die Beklagte Interesse signalisierte, übermittelte die Klägerin dieser am 02.09.2005 den Entwurf eines Anlieferungsvertrages, der bei einer Laufzeit von 17 Jahren u.a. folgende Regelung zur Anlieferung von Abfällen durch die Beklagte vorsah:

"1. FIRMA verpflichtet sich, eine Gesamtmenge von xx.xxx Mg/a Abfälle, die den in der Anlage 1 aufgeführten Spezifikationen entsprechen, zur Entsorgung frei im I anzuliefern oder anliefern zu lassen.

2. Quartalsweise hat FIRMA xx.xxx Mg an Abfällen anzuliefern.

Für den Fall, dass FIRMA diese Menge nicht anliefern kann oder mehr anliefern könnte, wird folgendes vereinbart:

a) Minderanlieferungen:

Stellt FIRMA fest, dass sie die vereinbarte Quartalsmenge von xx.xxx Mg voraussichtlich nicht wird anliefern können, unterrichtet sie unverzüglich, jedoch spätestens bis zum 25. des ersten Monats des Quartals, die AGR.

Minderanlieferungen bis 5 % in einem Quartal können innerhalb des ersten Monats des folgenden Quartals nachgeholt werden; dies gilt nicht für das letzte Quartal eines Jahres.

b) Mehranlieferungen:

Stellt FIRMA fest, dass sie voraussichtlich mehr als die vereinbarte Quartalsmenge von xx.xxx Mg wird anliefern können, unterrichtet sie unverzüglich die AGR. AGR wird ihrerseits FIRMA unverzüglich mitteilen, ob und in welchem Umfang und zu welchen Konditionen Mehranlieferungen möglich sind.

c) Mengenabweichungen von +/- 5 % im Quartal bedürfen keiner vorherigen Mitteilung an die AGR.

3. Hat FIRMA die vereinbarte Quartalsmenge nicht angeliefert und ist auch kein Ausgleich durch entsprechende Mehrlieferungen im ersten Monat des folgenden Quartals erfolgt, hat FIRMA das Entgelt für die volle vereinbarte Menge zu zahlen (bring-or-pay-Verpflichtung).

4 Die Anlieferung der Abfälle erfolgt nach einem von der AGR aufgestellten Anlieferungsplan……..AGR ist auch im Falle eines unvorhergesehenen Ausfalls von Verbrennungslinien verpflichtet, die vereinbarte Quartalsmenge von xx.xxx Mg abzunehmen. Dies gilt nicht, wenn sich AGR und FIRMA darüber einig werden, dass FIRMA in einem festzulegenden Zeitraum geringere Abfallmengen anliefert; in diesem Fall reduziert sich die Anlieferungsverpflichtung und die Zahlungsverpflichtung der FIRMA entsprechend."

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Anlage K 36 verwiesen.

Nachdem die Beklagte unter dem 13.09.2005 (Anlage K 37) nicht nur die im Entwurf vorgesehene Laufzeit beanstandet, sondern auch angeregt hatte, "§ 2 Ziffer 3 letzter Satz a.F. wieder aufzunehmen, um dem sinnvollen Gedanken Rechnung zu tragen, dass kein Ausgleich erfolgt, soweit und sofern AGR nachweisbar keinen Schaden erlitten hatte", leitete die Klägerin der Beklagten eine überarbeitete Vertragsfassung (Anlage K 38) zu, die eine Laufzeit von 10 Jahren mit Verlängerungsop...

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