Leitsatz (amtlich)

1. Ein Vorstandsmitglied einer rechtsfähigen Stiftung kann nicht frei aus einfachen Sachgründen abberufen werden, wenn die Stiftungssatzung dies nicht vorsieht. Es bedarf dann eines wichtigen Grundes.

2. Nimmt ein Vorstand einer Stiftung seine Tätigkeit auf, die nach allseitigem Willen vergütet werden soll, wird dadurch regelmäßig neben dem Organverhältnis ein Dienstvertrag begründet. Vergütungsregelungen in der Stiftungssatzung sind dann als - die Vertretungsmacht des Kreationsorgans begrenzende - Vorgaben anzusehen, die nicht geeignet sind, den erforderlichen Anstellungsvertrag zu ersetzen.

3. Ist die freie Abberufung des Vorstands einer Stiftung nicht vorgesehen, kann die Auslegung des konkludent geschlossenen Anstellungsvertrages ergeben, dass auch dieser nicht ordentlich kündbar ist.

 

Normenkette

BGB §§ 86, 27 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Urteil vom 18.08.2016; Aktenzeichen 12 O 376/12)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 18.08.2016 verkündete Teilurteil der 12. Zivilkammer des LG Dortmund (12 O 376/12) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass die Beschlüsse des Vorstands der Beklagten zu TOP 2.1 und TOP 2.2 der Vorstandssitzung vom 31.08.2012, mit denen der Kläger aus dem Vorstand ausgeschlossen worden ist, unwirksam sind und der Kläger nach wie vor dem Vorstand der Beklagten angehört.

Es wird festgestellt, dass das Anstellungsverhältnis der Parteien ungekündigt fortbesteht.

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.241,32 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.12.2013 zu zahlen.

Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Höhe ihrer Jahreseinnahmen im Jahr 2013 zu erteilen.

Die weiter gehende Klage auf Zahlung der Vergütung für das Jahr 2012 nebst Zinsen wird abgewiesen.

Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Auf die im Wege der Anschlussberufung erfolgte Klageerweiterung wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Höhe ihrer Jahreseinnahmen in den Jahren 2014 und 2015 zu erteilen.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.

Dieses Teilurteil und das angefochtene Teilurteil sind - Letzteres soweit es aufrecht erhalten wurde - ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Soweit die Beklagte zur Zahlung verurteilt ist, darf sie die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Hinsichtlich der Verurteilung zur Auskunftserteilung darf die Beklagte die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 100,- Euro für jedes zu beauskunftende Kalenderjahr abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

I. Die Parteien streiten um die Wirksamkeit des Ausschlusses des Klägers aus dem Vorstand der Beklagten, über Vergütungsansprüche des Klägers und Schadensersatzforderungen der Beklagten.

Die im Jahr 1895 gegründete Beklagte ist eine rechtsfähige Stiftung des Privatrechts zur finanziellen Förderung und Unterhaltung der Abkömmlinge aus der Familie der Stifter. Alleiniges Vertretungsorgan ist der aus sieben Personen bestehende Vorstand, in welchen der Kläger im Jahr 1975 als Mitglied eintrat.

Hinsichtlich Abberufung und Vergütung des Vorstands trifft die Satzung der Beklagten - in ihrer zuletzt durch Vorstandsbeschlüsse vom 11.07.2003 und 02.04.2004 geänderten Fassung - folgende Regelungen:

§ 9

Sollte der Vorstand die Stiftungszwecke pflichtwidrig außer Acht lassen und ein ganzes Jahr die Anberaumung von Sitzungen unterlassen, oder zwölf Monate lang in den anberaumten Sitzungen nicht beschlussfähig sein, so ist der Magistrat der Stadt E berechtigt, die für säumig erachteten Mitglieder auszuschließen und an ihrer Statt Mitglieder aus der zu dieser Stiftung berufenen Familien der Stifter zu ernennen.

§ 10

Der Vorstand ergänzt sich durch Kooptation. Ergibt sich keine Stimmenmehrheit, so entscheidet engere Wahl und bei Stimmengleichheit das vom Vorsitzenden zu ziehende Los.

Die Mitgliedschaft des Vorstandsmitglieds endet durch freiwilliges Ausscheiden, durch Ausschluss oder durch seinen Tod.

Außerdem kann aber auch der Vorstand ein Mitglied ausschließen und für seine Stelle eine Ergänzungswahl vornehmen, wenn das Mitglied drei aufeinanderfolgende ordentliche Sitzungen ohne triftigen Grund versäumt.

...

§ 12

Jedes Vorstandsmitglied erhält aus der Stiftungskasse für die Wahrnehmung der Sitzung halbjährig eine Remuneration von 30 Mark und die Erstattung seiner baren Auslagen. Am Schlusse jedes Kalenderjahres soll außerdem der Vorstand für seine Mühewaltung drei Prozent der Jahreseinnahme der Stiftung erhalten, welche jedem Mitglied mit 1/8, dem Vorsitzenden aber mit 2/8 zu zahlen sind. ...

Wegen des weiteren Inhalts der Satzung in ihrer seit den o..g. Änderungsbeschlüssen gültigen Fassung wird auf...

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