Verfahrensgang

LG Bochum (Aktenzeichen 1 O 321/18)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 16.05.2019 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bochum, Az. I-1 O 321/18, wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung aus diesen Urteilen gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Gründe

I. Der Kläger begehrt die Feststellung der Schadensersatzpflicht nach dem Kauf eines gebrauchten Fahrzeugs der Marke Q1 Diesel gegenüber der Beklagten als Herstellerin des Fahrzeugs.

Mit verbindlicher Bestellung vom 24.09.2013 bestellte der Kläger bei der U AG & Co.KG das streitgegenständliche Fahrzeug der Marke Q1 Diesel EU4, KM-Stand: 92.000, EZ: 11.05.2009 zu einem Kaufpreis von 39.999,- EUR, welches ihm am 27.09.2013 übergeben wurde (Anlage K31, Anlagenband). Nach der EWG-Übereinstimmungsbescheinigung vom 27.04.2009 handelt es sich um den Typ 9PA des Fahrzeugs mit V6 Motor mit einer Nennleistung von 176 kw (Anl. K34). Nach der EWG-Übereinstimmungsbescheinigung wurde die EG-Typgenehmigung für den Typ des streitgegenständlichen Fahrzeugs am 17.11.2008 erteilt.

Die Beklagte stellte den Motor des streitgegenständlichen Fahrzeugs nicht selbst her, sondern bezog ihn von der B AG. Das Fahrzeug verfügt nicht über einen SCR-Katalysator mit AdBlue-Einspritzung. Einen Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Bezug auf das streitgegenständliche Fahrzeugmodell der Beklagten gibt es nicht. Rückrufe des KBA gab es u.a für das Modell Q1 Bj. 2014-2016, 3.0 l V6 TDI, EU6 und Q2 3.0 l V6 TDI, EU6.

Mit Schreiben vom 05.07.2018 forderte der Kläger die Beklagte mit der Behauptung, in allen 3.0l TDI Motoren der Beklagten sei eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut, zur Zahlung des Kaufpreises von 39.999 EUR bis zum 19.07.2018 erfolglos auf (Anl. K32). Die Q Deutschland GmbH wies dies mit Schreiben vom 14.07.2018 mit dem Bemerken zurück, bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug mit dem Baujahr 2009 (EU4) seien bei der Prüfung und Typisierung die gesetzlichen Vorschriften eingehalten worden. Es sei von der Maßnahme des KBA zum Q1 3.0l V6 Diesel (EU6) der Baujahre 2014 - 2017 nicht betroffen (Anl. K33).

Der Kläger hat u.a. behauptet:

Das streitgegenständliche Fahrzeug enthalte mindestens zwei Softwaremanipulationen, die als unzulässige Abschalteinrichtungen iSd Art. 5 Abs. 2 VO (EG) Nr. 715/2007 zu qualifizieren seien:

Erstens liege ein illegales sog. Thermofenster vor. Die Abgasnachbehandlung funktioniere nur in einem Umgebungstemperaturbereich von 17 - 33 °C, wie sie auf dem Prüfstand vorherrsche, während insbesondere bei den hierzulande oft vorherrschenden niedrigeren Temperaturen die Wirksamkeit der Emissionskontrolle reduziert werde. In dem Fahrzeug des Typs Q2 3.0l V6 EU6 sei der gleiche Motor verbaut wie in dem streitgegenständlichen Fahrzeug. Die Fahrzeugtypen enthielten die gleichen Abschalteinrichtungen. Das Thermofenster sei zum Motorenschutz nicht notwendig.

Zweitens sei eine Software verbaut, die erkenne, ob sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befinde. Nehme die Software dies an, werde eine sog. Aufwärmstrategie ausgelöst, die den Ausstoß an NOx reduziere. Außerhalb des Testzyklus (Real Drive) komme eine andere Schaltpunkteinstellung zum Tragen. Die Aufwärmstrategie betreffe die Schalt-Einstellung des Getriebes. Bei Nutzung der Aufwärmstrategie lägen die Schaltpunkte zwischen den Gängen höher als sonst, wodurch die NOx-Werte reduziert würden. Die Prüfstandserkennung erfolge mittels einer sogenannten Lenkwinkelerkennung.

Dies stellten unzulässige Abschalteinrichtungen iSd Art. 5 EG (VO) 715/2007 dar. Zur weiteren Begründung verweist der Kläger auf Ergebnisse aus dem Bericht der Untersuchungskommission W, der Fahrzeuge der Abgasnormen EU5 und EU6 betraf (Anl. K3), Zeitungsberichte über Auffälligkeiten bei Untersuchungen von Fahrzeugen des Typs Q1 in den USA und in Deutschland und Rückrufe des KBA betreffend andere 3.0 l V6-Dieselmotoren, die von der B AG hergestellt worden sind (Spiegel (24/2017), K2; Spiegel Online vom 21.01.2018, K6, Bild vom 20.01.2018, K7; Spiegel Online vom 26.01.2018 zum Q2, K4 und Handelsblatt vom 12.12.2017 zum W X).

Der Beklagten sei bekannt gewesen, dass Manipulationen vorgelegen hätten. Die Motoren der B AG seien umkonstruiert und von der Beklagten überarbeitet worden. Dabei sei der Schadstoffausstoß geprüft und erkannt worden, dass Manipulationen vorlägen. Im Jahr 2011 habe die Beklagte beschlossen, mit ihrem neuen Q1 SUV den US-Diesel Markt zu erschließen. Die Beklagte sei an die B AG herangetreten, um den 3,0l V6 Dieselmotor der B AG für den Einsatz beim Q1 zu erwerben. Die B AG habe sich einverstanden erklärt, die Beklagte mit dem 3,0l Motor fü...

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