Leitsatz (amtlich)

Dem Telefonnetzbetreiber obliegt die nebenvertragliche Verpflichtung aus dem Telefondienstvertrag, Verbindungen zu 0190-Servicenummern nach einer Stunde zu unterbrechen, um Kunden vor Schäden durch unbeabsichtigte Verursachung hoher Kosten zu schützen.

 

Normenkette

TKV § 5

 

Verfahrensgang

LG Detmold (Aktenzeichen 1 O 291/01)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird das am 28.12.2001 verkündete Urteil der Zivilkammer I. des LG Detmold abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 126,43 Euro (= 247,28 DM) nebst 5,5 % Zinsen seit dem 18.4.2001 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehenden Rechtsmittel werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen zu 98 % die Klägerin und zu 2 % der Beklagte.

Die Revision wird zugunsten der Klägerin zugelassen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Bezahlung ihrer Telefonrechnung vom 2.2.2000 für den Monat Januar 2000, die sich über insgesamt 14.913,40 DM beläuft, in Anspruch. Neben in der Berufungsinstanz unstreitig gestellten monatlichen Nettogrundgebühren von 21,38 DM und ebenfalls mittlerweile unstreitig gestellten City-, Regional- und Deutschlandverbindungen von 4,23 DM weist diese Rechnung einen Nettobetrag von 12.830,77 DM für eine am 20.1.2000 hergestellte, insgesamt 68 Stunden, 22 Minuten und 43 Sekunden andauernde Verbindung zu einer 0190-Servicenummer auf.

An dem Anschluss des Beklagten, der sich in einem in seinem Wohnhaus eingerichteten Büroraum befindet, ist ein von der Klägerin früher vertriebenes kombiniertes Telefon-Telefaxgerät vom Typ „AF 310 T” angeschlossen, das über einen eingebauten Raumlautsprecher verfügt, der durch Betätigen einer dafür vorgesehenen Taste eingeschaltet werden kann. Der Beklagte verfügt darüber hinaus in seinem Haus über einen zweiten Telefonanschluss zum Netz der Klägerin mit einer anderen Rufnummer. Von diesem Anschluss aus wurden in den Monaten Mai bis November 1999 Gespräche zu 0190-Nummern mit monatlichen Gebühren von durchschnittlich 38 DM geführt. Den hier streitigen Anschluss nutzt der Beklagte nach seinem Vorbringen ohne Ausnahme als Faxanschluss.

Das LG hat den Beklagten zur Zahlung des Rechnungsbetrages von 14.913,40 DM nebst 4 % Zinsen verurteilt und die Klage lediglich wegen der Zinsmehrforderung abgewiesen: Der Klägerin stehe gegen den Beklagten aus dem Telefondienstvertrag ein Anspruch auf Zahlung der Telefonrechnung vom 2.2.2000 zu. Der Beklagte habe weder hinreichend darlegen noch beweisen können, dass die streitige Verbindung zu der 0190-Nummer aufgrund von Ursachen zustande gekommen sei, die nicht in seiner Sphäre gelegen hätten. Der Anscheinsbeweis spreche für die Richtigkeit der Abrechnung der Klägerin.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Beklagten, mit der er sein erstinstanzliches Begehren der Klageabweisung weiterverfolgt. Er behauptet, dass er selbst, seine Ehefrau und sein Sohn zum Zeitpunkt der Herstellung der streitigen Verbindung zu der 0190-Nummer abwesend gewesen seien und andere Personen keinen Zugang zu dem Anschluss hätten. Seinem Anschluss sei durch – unvermeidbare – Restfehler in dem Abrechnungssystem von Telekommunikationsanbietern ein falsches Gespräch zugeordnet worden. Die Abrechnungssysteme aller Netzbetreiber wiesen nämlich Probleme und Mängel auf. Auch seien Übertragungsfehler in der Datenübertragung zwischen den Gesprächserfassungssystemen (Vermittlungsstellen in der Nähe der Teilnehmer) und der Weiterverarbeitung (zentrale Recheneinheit) möglich. Aus diesem Grunde könne nicht mehr von einem für die Richtigkeit der Abrechnung der Klägerin sprechenden Anscheinsbeweis ausgegangen werden. Die Grundsätze des Anscheinsbeweises könnten hier auch deshalb keine Geltung haben, da die von der Klägerin veranlasste technische Vollprüfung seines Anschlusses erst drei Monate nach der angeblichen Verbindung vorgenommen worden sei und demgemäß über den technischen Zustand der Abrechnungseinrichtungen bezogen auf den Zeitpunkt des 20.1.2000 nicht aussagekräftig sei.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, die Klägerin habe eine ihm ggü. bestehende Sorgfaltspflicht verletzt. Angesichts der von ihm bereits am 7.2.2000 vorgenommenen Beanstandung der Rechnung vom 2.2.2000 bei der Kundenniederlassung D. und der erst Anfang April von der Klägerin in Auftrag gegebenen Eilprüfung hätte sich bei dieser aufdrängen müssen, dass eine Klärung innerhalb der Sechsmonatsfrist der Telekommunikationsdatenschutzverordnung nicht gewährleistet gewesen sei. Aufgrund dessen hätte die Klägerin veranlassen müssen, dass die Daten bei dem technischen Dienstleister für den Anbieter der 0190-Nummer überprüft und nic...

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