Verfahrensgang

LG Essen (Urteil vom 07.01.1985; Aktenzeichen 4 O 581/84)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 7. Januar 1985 verkündete Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Essen abgeändert und wie folgt neu gefaßt:

Es wird festgestellt, daß die Beklagte verpflichtet ist, den Neuwert des am 4. Dezember 1983 zerstörten Hausrats bis zur Höhe von 15.180,– DM zu ersetzen, sofern die Kläger nachweisen, daß die Verwendung des Betrages zur Wiederherstellung von Hausrat oder den sonst betroffenen Sachen bis zum 4. Dezember 1985 sichergestellt ist.

Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 4/5 und der Kläger 1/5.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Jeden Partei darf die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung abwenden, sofern nicht die die Zwangsvollstreckung betreibende Partei zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die von der Beklagten zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zu leistende Sicherheit wird auf 3.100,– DM festgesetzt, die von den Klägern zur Abwendung der Zwangsvollstreckung zu leistende Sicherheit wird auf 800,– DM festgesetzt.

Die Beklagte darf die Sicherheit durch unbedingte und unbefristete Bürgschaft der … leisten. Die Kläger dürfen Sicherheit durch eine entsprechende Bürgschaft der … in … leisten.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Kläger sind Geschwister und in ungeteilter Erbengemeinschaft Rechtsnachfolger ihrer am 04.12.1983 verstorbenen Mutter.

Die Erblasserin hatte bei der Beklagten eine Hausratsversicherung mit einer Versicherungssumme von 80.000,– DM abgeschlossen. Dem Versicherungsvertrag lagen die Allgemeinen Bedingungen für die Neuwertversicherung des Hausrats gegen Feuer-, Einbruchdiebstahl-, Beraubungs-, Leitungswasser-, Sturm- und Glasbruchschäden (VHB 74) zugrunde. Hinsichtlich der in § 4 VHB 74 geregelten Neuwertversicherung war die sog. erweiterte Neuwertversicherung nach Klausel 824 vereinbart.

Bei einem Wohnungsbrand am 04.12.1983 wurde im wesentlichen der gesamten Hausrat der Erblasserin zerstört, beschädigt oder unbrauchbar. An den bei diesem Brand erlittenen Rauchvergiftungen starb die Erblasserin.

Die Beklagte ermittelte in Übereinstimmung mit den Klägern den Zeitwert des zu Schaden gekommenen Hausrats mit rund 66.200,– DM und den Neuwert des Hausrats mit 81.380,– DM. Den Zeitwertschaden ersetzte sie den Klägern während sie sich zum Ersatz der darüber hinausgehenden Differenz bis zur Höhe des Neuwertes aus Rechtsgründen nicht für verpflichtet hält.

Mit der Klage haben die Kläger diese Differenz geltend gemacht und beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie als Gesamthandsgläubiger 15.180,– DM nebst 4 % Zinsen seit dem 8. Mai 1984 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, ein Anspruch auf Ersatz der Differenz zwischen Neuwert und Zeitwert (Neuwertspanne) bestehe nach den Versicherungsbedingungen nur dann, wenn die Wiederherstellung des Hausrats sichergestellt sei; die Wiederherstellung sei hier aber nicht möglich, weil die Versicherungsnehmerin verstorben sei und die beiden Kläger nicht in der Wohnung der Versicherungsnehmerin gewohnt hätten. Sie hat sich dazu auf § 5 Ziff. 3 Buchstabe a VHB 74 berufen, der folgenden Wortlaut hat:

„Der Versicherungsnehmer erwirbt bei den zum Wiederbeschaffungspreis versicherten Sachen den Anspruch auf den Teil der nach Nr. 2 errechneten Entschädigung, der den Zeitwertschaden übersteigt, nur insoweit, als die Verwendung der Entschädigung für Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung von Hausrat oder den sonst betroffenen Sachen innerhalb von zwei Jahren nach dem Versicherungsfall sichergestellt ist.”

Das Landgericht hat der Klage antragsgemäß stattgegeben und die Auffassung vertreten, § 5 Ziff. 3 Buchstabe a VHB 74 stehe dem Zahlungsanspruch der Kläger nicht entgegen. Die Erblasserin sei nicht zu Beginn des Brandes gestorben, sondern gegen dessen Ende, als der Hausrat bereits zerstört gewesen sei. Solange sie gelebt habe, sei sichergestellt gewesen, daß der Hausrat wiederbeschafft werde. Denn die Erblasserin hätte ihren Hausrat ersetzen müssen. Damit sei der Anspruch auf Auszahlung der Neuwertspanne entstanden und mit dem Erbfall auf die Kläger übergegangen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die das Ziel der Klageabweisung weiterverfolgt.

Die Beklagte führt im wesentlichen folgendes aus:

Die Erblasserin selbst habe keine Maßnahmen zur Wiederbeschaffung des Hausrats mehr ergreifen können. Insoweit scheide eine konkrete Sicherstellung der Wiederbeschaffung aus.

Eine den Versicherungsanspruch auf Zahlung der Neuwertspanne begründende Wiederbeschaffung seitens der beiden Kläger sei nicht möglich. Mit dem Tod der Versicherungsnehmerin sei nämlich das versicherte Interesse nachträglich weggefallen. Gegenstand der Hausratsversicherung sei ein Inbegriff von Sachen, der Hausrat des Versicherungsnehmers, der mit dem Tode des Versicherungsnehmers schon begrifflich nicht wiederherges...

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