Leitsatz (amtlich)

Das zugunsten des Erklärungsempfängers bestehende Recht des § 174 BGB wird rechtsmissbräuchlich ausgeübt und ist vom Schutzzweck der Norm nicht mehr gedeckt, wenn es dem Erklärungsempfänger tatsächlich nicht um den Erhalt der fehlenden Vollmachtsurkunde geht, sondern er den Erhalt einer entsprechenden Urkunde im Gegenteil gerade verhindern oder zumindest erschwerden will.

 

Verfahrensgang

LG Münster (Aktenzeichen 014 O 169/17)

 

Tenor

Die Berufung gegen das am 09.11.2017 verkündete Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das angefochtene Urteil ist nunmehr ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar.

Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

A. Die Klägerin ist seit Oktober 2014 Eigentümerin des Grundstücks O 82, 84, N2, eingetragen im Grundbuch von N2 Blatt ...38, laufende Nr. 1, G2, Flur X, Flurstück X, Gebäude und Freifläche, mit einer grundbuchmäßigen Größe von 1671 m2 (nachfolgend: Zielgrundstück).

Die Beklagte betreibt gegen die Klägerin die Zwangsvollstreckung in das genannte Grundstück aufgrund der vollstreckbaren Ausfertigungen der notariellen Grundschuldbestellungsurkunde des Notars M2er in Münster vom 28.12.1995 (UR-Nr. 6... L/1995) und aufgrund der vollstreckbaren Ausfertigung des Grundstückskaufvertrages vom 21.03.1995 (UR-Nr. 1... L/1995).

Am 21.03.1995 erwarben die Gesellschafter bürgerlichen Rechts der T3 GbR, Frau H, Herr T und Herr T2 das Zielgrundstück zu einem Kaufpreis von 480.000 DM. Zur Finanzierung dieses Grundstückes nahmen die Gesellschafter unter dem 22.12.1995 ein Darlehen i.H.v. 2,8 Millionen DM (umgerechnet: 1.431.617,22 EUR) bei der E3 Deutsche Industrie- und Handelsbank AG auf (im Folgenden: Darlehen I). Zu deren Gunsten erfolgte unter dem 17.04.1996 die Eintragung einer Buchgrundschuld i.H.v. 2,8 Millionen DM in das Grundbuch des Zielgrundstückes gemäß der Grundschuldbestellungsurkunde vom 28.12.1995 mit persönlicher Haftungsübernahme und Zwangsvollstreckungsunterwerfung. Ausweislich Ziff. 5.1 der Grundbuchbestellungsurkunde dienen Grundschuld, persönliche Haftungsübernahme und alle sonstigen Rechte aus der Urkunde zur Sicherung aller bestehenden und künftigen (...) Ansprüche der E3 AG gegen die mitverpflichteten Gesellschafter bürgerlichen Rechts. Eine entsprechende Vollstreckungsklausel wurde unter dem 28.12.1995 erteilt.

Am 20.01.1999 trat die E3 die eingetragene Grundschuld an die Westdeutsche Landesbank Girozentrale E4/N2 ab. Die Eintragung im Grundbuch erfolgte am 01.02.1999. Am 17.02.1999 erfolgte die Erteilung einer entsprechenden Vollstreckungsklausel durch den Notar M2 zu Gunsten der Westdeutschen Landesbank Girozentrale.

Am 23.10.2006 erfolgte sodann die Abtretung des eingetragenen Grundpfandrechts i.H.v. 2,8 Millionen DM der Westdeutschen Landesbank Girozentrale auf die Westdeutsche Immobilienbank, Anstalt des öffentlichen Rechts, N3. Die Eintragung der Abtretung in das Grundbuch erfolgte am 31.10.2006. Am 22.11.2006 wurde zu Gunsten der Westdeutschen Immobilienbank und zu Lasten der verbliebenen Grundstückseigentümer Frau H und Herrn T2 eine entsprechende Vollstreckungsklausel durch den Notar erteilt.

Im August 2009 schieden die Eheleute H und T aus der T3 GbR aus und übertrugen das Eigentum an dem Zielgrundstück auf Herrn T2, der am 21.08.2009 als alleiniger Eigentümer in das Grundbuch eingetragen wurde. Die Westdeutsche Immobilienbank entließ die Eheleute zudem aus der Darlehensverpflichtung des Darlehensvertrages vom 22.12.1995.

Am 19.11.2009 vereinbarte Herr T2 mit der Westdeutschen Immobilienbank eine Konditionenneuvereinbarung und Änderungsvereinbarung zum Kreditvertrag vom 22.12.1995. Bezüglich eines Darlehensbetrages i.H.v. 1.124.000 EUR wurde ein jährlicher Zinssatz von 3,79 % mit einer Zinsbindung bis zum 30.10.2014 vereinbart. Als Sicherheit diente die auch dem ursprünglichen Darlehensvertrag zu Grunde liegende Buchgrundschuld i.H.v. 1.431.617,27 EUR, die im Grundbuch in Abt. III unter der ldf. Nr. 1 eingetragen war.

Am gleichen Tage wurde zwischen Herrn T2 und der X AG ein weiterer Darlehensvertrag über einen Nennbetrag i.H.v. 200.000 EUR zwecks Ausgleiches aufgelaufener fälliger Verbindlichkeiten aus dem Darlehen I abgeschlossen (im Folgenden: Darlehen II). Dazu gab es eine Nachtragsvereinbarung vom 10.05.2010.

Mit Auflassung vom 18.07.2014 und Eintragung in das Grundbuch am 15.10.2014 wurde die Klägerin Eigentümerin des Zielgrundstücks.

Mit Schreiben vom 12.08.2014 informierte die Westdeutsche Immobilienbank Herrn T2 darüber, dass eine Übertragung des Engagements auf die Beklagte erfolgt sei. Mit weiterem Schreiben aus August 2014 teilte auch die Beklagte selbst diese Übertrag...

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