Verfahrensgang

LG Bielefeld (Entscheidung vom 26.02.2008; Aktenzeichen 8 O 137/06)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 15.04.2010; Aktenzeichen IX ZR 86/09)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 8. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld vom 26.02.2008, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 27.03.2008, abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus einer Bürgschaftserklärung vom 09.07.1997 (Anlage K1, Bl. 12) in Anspruch.

Der Beklagte war geschäftsführender Gesellschafter der Komplementärin der Firma Q2 GmbH & Co. KG mit Sitz in I2. Zur Absicherung der Forderungen der Klägerin gegenüber dieser Firma hatte der Beklagte eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zu einem Höchstbetrag von 1 Mio. DM übernommen. In der Bürgschaftsurkunde heißt es wörtlich:

"1. Die Bürgschaft wird zur Sicherung aller bestehenden und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Sparkasse gegen den Hauptschuldner (...) aus ihrer bankmäßigen Geschäftsverbindung (insbesondere aus laufender Rechnung, Krediten und Darlehen jeder Art und Wechseln) übernommen."

Am Tag der Bürgschaftsübernahme ließ sich die Klägerin ebenfalls zur Sicherung ihrer Ansprüche gegenüber der Hauptschuldnerin von dieser im Wege der Globalabtretung

"die ihr aus Warenlieferungen und Leistungen (...) gegen alle Kunden bzw. Schuldner mit den Anfangsbuchstaben A-Z gegenwärtig und zukünftig zustehenden Forderungen"

abtreten. Desweiteren hat sich die Klägerin Warenbestände in Form eines Raumsicherungsvertrages zur Sicherheit übereignen lassen.

Im Jahre 2003 geriet die Hauptschuldnerin in Liquiditätsschwierigkeiten, die schließlich zu ihrer Insolvenz führten. Mit Schreiben vom 17.06.2003 (Anlage K16, Bl. 81) wandte sich der Mitgeschäftsführer der Hauptschuldnerin, der Zeuge X2, an die Hausbanken seiner Angestellten und teilte mit, dass die Hauptschuldnerin infolge einer überraschenden "Liquiditätsstockung" nicht in der Lage sei, die Mai-Gehälter und -Löhne pünktlich auszuzahlen. Er bat darum, die entsprechenden Beträge den Mitarbeitern kurzfristig zu kreditieren. Die Klägerin nahm dies zum Anlass, um mit Schreiben vom selben Tage (Anlage A2, Bl. 56) die Kreditlinie gegenüber der Hauptschuldnerin zu kündigen.

Es kam sodann zu einem persönlichen Gespräch zwischen dem Beklagten, dessen Sohn als Geschäftsführer der W GmbH, dem Zeugen X2, dem Leiter der Rechtsabteilung der Klägerin Rechtsanwalt X sowie dem Vorstandsmitglied der Klägerin Sievers.

Als Ergebnis dieses Gespräches eröffnete die Klägerin der Hauptschuldnerin erneut die Kreditlinie und gab der Beklagte eine neue Bürgschaftserklärung bis zu einem Betrag von 570.000,00 Euro ab (Anlage A1, Bl. 55). Diese Bürgschaftserklärung war befristet bis zum 30.06.2003.

In der Folgezeit zahlten die W GmbH und weitere Kunden als Gegenleistung für Warenlieferungen und sonstige Leistungen Beträge auf das Kontokorrentkonto der Hauptschuldnerin ein, bis dieses letztlich einen Habenbetrag von 119.957,76 Euro auswies.

Die Hauptschuldnerin beantragte schließlich am 23.07.2008 die Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Mit Schreiben vom 31.07.2003 (Anlage K2, Bl. 14) kündigte die Klägerin sodann die Geschäftsverbindung.

Sie verrechnete das Guthaben auf dem Kontokorrentkonto in Höhe von 119.957,76 Euro mit ihrer Forderung gegenüber der Hauptschuldnerin in Höhe von insgesamt 285.636,69 Euro und meldete schließlich eine Forderung von 167.595,73 Euro zur Insolvenztabelle an. Durch den Verkauf sicherungsübereigneter Waren verringerte sich der Forderungsbetrag weiter um 85.000,00 Euro und durch eine Zahlung des auch insoweit als Bürgen in Anspruch genommenen Beklagten von Ende Oktober 2003 um weitere 83.024,37 Euro.

Der durch Beschluss des Amtsgerichts Stendal vom 08.10.2003 (Anlage K4, Bl. 19) bestellte Insolvenzverwalter erhob unter dem 25.11.2004 Anfechtungsklage vor dem Landgericht Stendal gegen die Verrechnung des Kontokorrentguthabens. Das Landgericht Stendal gab dieser Klage durch Urteil vom 01.11.2005 (Anlage K5, Bl. 20) statt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, dass die verrechneten Zahlungseingänge nicht von der Globalzession erfasst würden, weil es sich um sog. Grundlagengeschäfte handele. Die W GmbH & Co.KG sei nämlich die Nachfolgegesellschaft der Hauptschuldnerin (Urteil Landgericht Stendal unter 2a). Außerdem sei die Globalzession unzulässig, weil zu unbestimmt (unter 2b). Schließlich ergäbe sich aus der Globalabtretung, falls man von ihrer Wirksamkeit augehe, nur eine inkongruente Sicherheit, die der Insolvenzverwalter hier nach § 131 Abs.1 InsO habe anfechten d...

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