Leitsatz (amtlich)

Der Betreiber eines Schwimmbades haftet nicht für einen Rutschenunfall eines Badegastes, weil eine ursächliche Verletzung der Verkehrssicherungspflichten nicht festgestellt werden konnte.

Die Anlagen einer Badeanstalt müssen so beschaffen sein, dass die Benutzer vor vermeidbaren Gefahren bewahrt bleiben. Das bedeutet, dass die Badegäste vor den Gefahren zu schützen sind, die über das übliche Risiko bei der Anlagenbenutzung hinausgehen, von ihnen nicht vorhersehbar und nicht ohne weiteres erkennbar sind. Den Betreiber trifft dabei neben der Pflicht, eine nach ihrer Bauart sichere, den einschlägigen technischen Normen entsprechende Anlage bereitzustellen, auch die Pflicht, die Benutzer durch klare und leicht verständliche Hinweise über den richtigen Gebrauch der Anlage zu instruieren sowie die Pflicht, die ordnungsgemäße Nutzung bei dem Betrieb der Anlage zu beaufsichtigen.

 

Normenkette

BGB §§ 280, 241 Abs. 2, § 823 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Münster (Urteil vom 18.01.2012; Aktenzeichen 02 O 218/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 18.1.2012 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Münster wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

 

Gründe

A. Die Beklagte betreibt das Freizeitbad "x" in E. Der Kläger nimmt sie auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes in einer Größenordnung von 150.000 EUR und auf Feststellung der Ersatzpflicht sämtlicher weiterer entstandener und zukünftiger Schäden aus einem Unfall in Anspruch, der sich am 8.3.2009 bei der Nutzung einer im Außenbereich des Bades befindlichen Wasserrutsche ereignet hat. Der Kläger erlitt bei dem Unfall, dessen Hergang im einzelnen streitig ist, schwere Verletzungen und ist seitdem vom Bauchnabel abwärts gelähmt und auf den Rollstuhl angewiesen.

Der Kläger hat behauptet, er habe die Wasserrutsche sitzend und vorwärts rutschend benutzt. Am Ende des Rutschvorgangs sei er nach einer unwillkürlichen Körperdrehung so in das ca. 1,10 m tiefe Wasserbecken gefallen, dass er mit dem Kopf auf den Beckenboden aufgeschlagen sei. Der genaue Ablauf und die Ursache der Drehung sei ihm nicht erinnerlich. Nach dem Aufprall auf den Beckenboden habe er bewegungsunfähig mit dem Gesicht nach unten im Wasser getrieben. Seine Ehefrau, die sich im Wasserbecken aufgehalten habe, sei zu ihm geschwommen und habe seinen Kopf aus dem Wasser gehoben. Mit Hilfe eines anderen Badegastes sei es ihr dann gelungen, den Kläger über den Beckenrand an Land zu rollen. Aufsichtspersonal der Beklagten sei im Außenbereich nicht anwesend gewesen und erst später, durch andere Badegäste alarmiert, hinzugekommen. Seine Gesundheitsschäden hätten sich durch das Einatmen von Wasser, dass durch ein sofortiges Eingreifen der Badeaufsicht hätte verhindert werden können, vertieft. Der Unfallhergang belege, dass die Rutsche bauartbedingt gefährlich sei. Anderenfalls sei der Unfall nicht ohne ein Fremdeinwirken, insbesondere ein Aufrutschen durch einen anderen Besucher, erklärbar. Im Fall des Aufrutschens eines anderen Besuchers habe die Beklagte ihre Aufsichtspflicht verletzt, da ihr Aufsichtspersonal den Rutschbetrieb nicht beobachtet und ein gefährliches Aufrutschen nicht verhindert habe. Dass am Aufgang zur Rutsche bereits zum Unfallzeitpunkt Hinweisschilder mit Piktogrammen angebracht gewesen seien, die ein Rutschen im Sitzen als unzulässig gekennzeichnet hätten, hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten. Er habe zudem schon deshalb davon ausgehen dürfen, dass das Rutschen im Sitzen gestattet sei, weil diese Rutschhaltung durch Fotos im Prospektmaterial der Beklagten als üblich dargestellt sei und das Aufsichtspersonal weder bei ihm noch bei anderen Gästen das Rutschen im Sitzen eingeschritten sei. Die Beklagte habe zudem jedenfalls ihre Instruktionspflichten verletzt, da die Hinweisschilder keine Angaben zum einzuhaltenden Sicherheitsabstand enthielten und die Benutzung der Rutsche nicht durch eine Ampelanlage geregelt sei.

Die Beklagte hat den vom Kläger behaupteten Unfallhergang und bauartbedingte Eigenschaften der Rutsche als Ursache für den Unfall bestritten. Sie hat behauptet, bei ordnungsgemäßer Benutzung der Rutsche entsprechend der an der Rutsche befindlichen Benutzungshinweise hätte sich der Unfall nicht ereignen können. Das Aufsichtspersonal habe den Außenbereich des Freitzeitbades unter Einschluss der Rutsche auf ständig durchgeführten Kontrollgängen laufend aus verschiedenen Blickwinkeln beobachtet und kein Fehlverhalten von anderen Badegästen wahrgenommen. Nach dem Unfallereignis sei ihr Personal spätestens binnen 30 Sekunden an der Unfallstelle erschienen und habe umgehend mit einem als Badegast anwesenden Arzt die Erstversorgung des Klägers durchgeführt.

Wegen der weiteren E...

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