Leitsatz (amtlich)

1. Steht einem Bauunternehmer ein prozessrechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Bauherren zu, weil er in dem Prozess des Baustofflieferanten gegen den Bauherren auf Zahlung von Baustoffen dem obsiegenden Baustoffhändler beigetreten ist, so steht dem Bauherren insoweit ein materiellrechtlicher Kostenerstattungsanspruch gegen den Bauunternehmer auf Rückzahlung dieser Kosten zu, wenn der Bauunternehmer aufgrund des Bauvertrags verpflichtet war, die Baustoffe zu bezahlen.

2. Ein an den Bauunternehmer gerichtetes Aufforderungsschreiben des Anwalts des Bauherrn auf Erstattung der Kosten dient der Vorbereitung der Klage gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 RVG. Es gehört zum Rechtszug und begründet keinen außergerichtlichen Gebührenanspruch gem. Nr. 2400 RVG-VV, wenn sich der Anwalt bei pflichtgemäßer Beratung des Mandanten bereits einen unbedingten Klageauftrag erteilen lassen musste.

 

Verfahrensgang

LG Münster (Beschluss vom 22.04.2005; Aktenzeichen 2 O 152/05)

 

Tenor

Im Übrigen bleibt der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen.

 

Gründe

Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin wegen der bereits am 7.11.2003 an die Beklagte (Bauunternehmerin) geleisteten vertragsgemäßen Zahlung ein Erstattungsanspruch gegen diese wegen der zusätzlich von der Klägerin am 7.10.2004 vorgenommenen Bezahlung der Verblendsteine i.H.v. 4.507,09 EUR zzgl. Zinsen i.H.v. 156,24 EUR (an die Baustofflieferantin) zusteht. Diesen Betrag hat die Klägerin bezahlt, nachdem ihr in dem Rechtsstreit 4 C 292/04 (AG Lüdinghausen v. 6.1.2005 - 4 C 292/04), in dem sie von der Baustoffhändlerin V. GmbH auf Bezahlung der Verblendsteine in Anspruch genommen worden ist, mit der zutreffenden Begründung keine Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, dass sie die Verblendsteine nicht im Namen der Beklagten bestellt habe und zudem auch keine entsprechende Vertretungsmacht der Klägerin bezüglich der Beklagten festgestellt werden könne.

Im Innenverhältnis der Klägerin und der Beklagten war letztere dazu verpflichtet, die Verblendsteine zu bezahlen ....

Die beabsichtigte Klage hat weiterhin Aussicht auf Erfolg, soweit die Klägerin die Zahlung von 436,80 EUR begehrt, die sie aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses des AG Lüdinghausen vom 6.1.2005 (AG Lüdinghausen v. 6.1.2005 - 4 C 292/04) an die Beklagte zu zahlen hatte. Der Kostenfestsetzungsbeschluss bezieht sich lediglich auf die prozessrechtliche Verpflichtung der Klägerin zur Kostenerstattung in dem Vorprozess, nicht aber auf die materiellrechtliche Verpflichtung der Beklagten, solche Kosten aufgrund ihrer vertraglichen Pflichten ggü. der Klägerin gar nicht erst zu verursachen. Insoweit steht der Klägerin ebenfalls ein Anspruch aus § 280 Abs. 1 S. 1 BGB zu, da die Beklagte durch ihren Beitritt in dem Vorprozess auf der Seite Baustofflieferantin mit dem Ziel, eine Verurteilung der jetzigen Klägerin, der Beklagten des Vorprozesses, zur Zahlung der Verblendsteine zu erreichen, gegen ihre Pflichten aus dem Bauvertrag verstoßen hat. Die Beklagte hätte die Klägerin aufgrund ihrer dieser ggü. bestehenden vertraglichen Pflichten von deren Zahlungspflicht ggü. der Lieferantin der Steine, der Firma V. GmbH freistellen müssen und durfte nicht die im Vorprozess formal gegebene Möglichkeit in treuwidriger Weise ausnutzen, zusätzliche Kosten zum Nachteil der Klägerin zu verursachen.

Im Übrigen verbleibt es bei der Zurückweisung des Antrags auf Prozesskostenhilfe .... Der Klägerin steht kein Anspruch auf Erstattung von außergerichtlichen Kosten i.H.v. 278,05 EUR gem. Nr. 2400 RVG-VV i.V.m. Vorbem. 3 Nr. 4 zu, weil auch ihrem Prozessbevollmächtigten kein entsprechender Anspruch gegen die Klägerin zusteht. Das vorprozessuale Aufforderungsschreiben zur Zahlung vom 15.2.2005 diente der Vorbereitung der Klage vom 8.3.2005 und gehörte deshalb gem. § 19 Abs. 1 Nr. 1 RVG zum Rechtszug (Gerold/Schmidt/von Eicken, RVG, 16. Aufl., § 19 RVG Rz. 10; Gerold/Schmidt/Madert, RVG-VV, 16. Aufl., Nrn 2400-2403 Rz. 19-22; Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, RVG, "Geschäftsgebühr" 3. Begriff der Angelegenheit; Bischoff/Jungbauer/Podlech/Trappmann, § 19 RVG Rz. 17; Mayer/Kroiß, § 19 RVG, Rz. 7; Hartmann, KostG, 35. Aufl., RVG-VV Nr. 3100 Rz. 32).

Der gegenteiligen Auffassung von Römermann (Hartung/Römermann, § 19 RVG Rz. 22), kann nicht gefolgt werden. Sie gründet sich auf die rechtsirrige Annahme, dass durch eine Mahnung die Fälligkeit eines Anspruchs begründet werden könne. Es entspricht jedoch allgemeiner Meinung, dass eine Mahnung gem. § 286 Abs. 1 S. 1 BGB erst nach Fälligkeit ausgesprochen werden kann; vorher ausgesprochen ist sie wirkungslos und sie bleibt es auch nach Eintritt der Fälligkeit (BGHZ 77, 60 [64]; BGH v. 29.4.1992 - XII ZR 105/91, MDR 1992, 1155 = NJW 1992, 1956; Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 286 Rz. 16; Ernst in MünchKom/BGB, 4. Aufl., § 286 Rz. 51).

Vorzugswürdig ist die Auffassung, die danach differenziert, ob der Rechtsanwalt zunächst nur mit der außergerichtlichen Geltendmachung der ...

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