Verfahrensgang

AG Essen (Entscheidung vom 18.11.2011; Aktenzeichen 107 F 463/10)

 

Tenor

1.

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der am 18.11.2011 erlassene Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Essen abgeändert.

Der Antrag des Antragstellers vom 02.11.2010 auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge für das Kind H auf die Kindeseltern wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.

2.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird festgesetzt auf 3.000,00 €.

 

Gründe

I.

Im vorliegenden Verfahren begehrt der Antragsteller die Einräumung der gemeinsamen elterlichen Sorge hinsichtlich des am 20.03.1997 geborenen Kindes H.

Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Der Antragsteller ist der nichteheliche Vater des Kindes H. Dieses ist aus der Beziehung des Antragstellers mit der Antragsgegnerin hervorgegangen, die beendet worden ist, als das Kind ca. 3 Jahre alt war. Die Antragsgegnerin hat seit Geburt des Kindes die alleinige elterliche Sorge inne.

Nach der Trennung der Kindeseltern Anfang 2000 kam es in der Folgezeit zu mehreren (mit dem vorliegenden insg. acht) gerichtlichen Verfahren u.a. betreffend den Umgang des Antragstellers mit dem Kind. Das letzte diesbezügliche Verfahren ist im Jahre 2007 abgeschlossen worden.

Im Hinblick auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu § 1626 a BGB hat der Antragsteller unter dem 30.08.2010 sich an die Antragsgegnerin mit der Bitte gewandt, eine gemeinsame Sorgerechtserklärung zu unterzeichnen. Dies ist von der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 13.09.2010 abgelehnt worden, weil ein gemeinsames Sorgerecht nach ihrer Ansicht dem Kindeswohl nicht zuträglich sei.

Daraufhin hat der Antragsteller das vorliegende Verfahren unter Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeleitet.

Er hat die Ansicht vertreten, die Ausübung des gemeinsamen Sorgerechts entspräche dem Kindeswohl. Hierzu hat er behauptet, sie, die Kindeseltern, würden seit längerem die Belange des Kindes einvernehmlich regeln, nachdem der Streit um das Umgangsrecht in der Vergangenheit geklärt worden sei.

Der Kindesvater hat beantragt,

den Kindeseltern die gemeinsame elterliche Sorge für das Kind H, geboren am 20.03.1997, zu übertragen.

Die Antragsgegnerin hat beantragt,

den Antrag zurückzuweisen.

Sie hat die Ansicht vertreten, die gemeinsame elterliche Sorge entspreche nicht dem Kindeswohl. Hierzu hat sie behauptet, zwischen ihnen, den Kindeseltern, bestünden in wesentlichen Punkten betreffend Werte und Erziehung des Kindes unterschiedliche Auffassungen. Darüber hinaus sei eine Kommunikation zwischen ihnen beiden nicht möglich, da keine Konsenzfähigkeit bestehe. Der Umgang sei seit zwei Jahren deutlich reduziert, der letzte Umgang mit Übernachtung habe am 20.12.2008 stattgefunden. Zudem bestehe keine Notwendigkeit für eine entsprechende Regelung, da im Hinblick auf das Alter allein noch schulische Belange insoweit in Betracht kämen.

Das Jugendamt hat sich ebenfalls gegen die Übertragung der elterlichen Sorge auf beide Elternteile ausgesprochen, weil keine gemeinsame Elternebene, keine Vertrauensebene und keine gemeinsame Beratungsfähigkeit bestünden.

Das Familiengericht hat nach Anhörung der Beteiligten dem Antrag stattgegeben, weil zu erwarten sei, dass dies dem Kindeswohl entspreche.

Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Anhörung aller Beteiligten und unter Berücksichtigung einer an § 1671 BGB orientierten Kindeswohlprüfung bestehe kein Dissens der Kindeseltern in wesentlichen Bereichen des Kindeswohls. So sei der Lebensmittelpunkt des Kindes bei der Antragsgegnerin ebenso unstreitig, wie Art und Weise des Umgangs des Antragstellers mit dem Kind. Entsprechendes gelte hinsichtlich der schulischen Situation, weil sich beide Elternteile im Ergebnis dafür ausgesprochen hätten, dass das Kind ein Schuljahr wiederholt, obwohl zuvor auch andere Lösungsmöglichkeiten diskutiert worden seien. Auch hinsichtlich der Gesundheitsfürsorge und der religiösen Erziehung sei ein Dissens nicht ersichtlich. Zudem zeigten die Einigungen der Kindeseltern, dass zwischen ihnen eine Kommunikationsebene bestehe. Der allein entgegenstehende Wille der Antragsgegnerin führe jedenfalls nicht zu einem Ausschluss des gemeinsamen Sorgerechts.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie ihren erstinstanzlichen Zurückweisungsantrag weiterverfolgt. Sie ist weiterhin der Ansicht, die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge diene nicht dem Kindeswohl. Der vom Familiengericht gewählte Ansatz des § 1671 BGB sei nicht zutreffend. Hierzu behauptet sie, das Kind sei wegen der ständigen Konflikte der Eltern belastet. Zudem versuche es die Kindeseltern gegeneinander auszuspielen.

Nach Erlass des Beschlusses kam es zu Beginn des Jahres verstärkt zu Erziehungsschwierigkeiten in der Beziehung des Kindes zur Kindesmutter. Weil sich das Kind zunehmend respektlos gegenüber ihr und der Restfamilie verhalten hat, hat die Kindesmutter vom Kindesvater die Aufn...

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