Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsschutzbedürfnis für Abänderungsklage bei Verzicht des Unterhaltsgläubigers auf Unterhalt für die Zukunft

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Rechtsschutzinteresse für eine auf Reduzierung der laufenden Unterhaltsverpflichtung auf Null gerichteten Abänderungsklage i.S.v. § 323 ZPO besteht nicht, wenn zwar der Vollstreckungstitel vom Unterhaltsgläubiger nicht herausgegeben wird, weil dieser für die Vollstreckung von Unterhaltsrückständen benötigt wird, sich jedoch aus den Umständen des Einzelfalls, insbesondere einer entsprechenden Erklärung des Unterhaltsgläubigers unzweifelhaft ergibt, dass wegen des laufenden Unterhalts auf die Rechte aus dem Titel verzichtet wird.

 

Normenkette

ZPO § 323

 

Verfahrensgang

AG Essen (Beschluss vom 27.12.2005; Aktenzeichen 106 F 411/05)

AG Essen (Beschluss vom 22.12.2005; Aktenzeichen 106 F 411/05)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers und Klägers vom 5.1.2006 gegen die Beschlüsse des AG - FamG - Essen vom 22.12.2005 und 27.12.2005 wird zurückgewiesen.

Gerichtsgebühren werden nicht erhoben; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 664,69 EUR (13 × 51,13 EUR).

 

Gründe

Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, denn das FamG hat dem Kläger im Ergebnis zu Recht mangels Erfolgsaussicht der Klage keine Prozesskostenhilfe bewilligt (§ 114 ZPO).

Der Kläger hat zunächst zutreffend eine Abänderungsklage unter dem Vorbehalt der Prozesskostenhilfebewilligung eingereicht, um mangels Leistungsfähigkeit die Vollstreckungswirkung des bestehenden Unterhaltstitels zu beseitigen (§§ 775 Nr. 1, 776 ZPO). Das Rechtsschutzbedürfnis für die beabsichtigte Abänderungsklage ist aber aufgrund der im Prozesskostenhilfeverfahren abgegebenen Verzichtserklärung der Beklagten entfallen:

Zwar entfällt das Rechtsschutzbedürfnis für eine Abänderungsklage grundsätzlich erst, wenn der Unterhaltsgläubiger den Vollstreckungstitel zurückgibt, da eine Abänderungsklage grundsätzlich möglich ist, solange der Titel der Vollstreckung zugänglich ist (KG v. 11.11.1987 - 18 UF 2044/87, FamRZ 1988, 310; OLG München v. 3.12.1998 - 12 WF 1327/98, OLGReport München 1999, 41 = FamRZ 1999, 942; OLG Karlsruhe v. 11.11.1999 - 16 WF 131/99, OLGReport Karlsruhe 2000, 174 = FamRZ 2000, 905). Eine mit Leistungsunfähigkeit begründete Abänderungsklage des Unterhaltsschuldners wird dementsprechend grundsätzlich nicht schon dadurch unzulässig, dass der Unterhaltsgläubiger auf die Vollstreckung aus dem mit der Abänderungsklage angegriffenen Unterhaltstitel verzichtet, ohne den Unterhaltstitel an den Unter-haltsgläubiger herauszugeben (OLG Karlsruhe, a.a.O.). Kann jedoch der Unterhalts-gläubiger bei Dauerleistungen bzw. wiederkehrenden Leistungen wie dem Unterhalt den Titel nicht zurückgeben, weil er zwar ab einem bestimmten Zeitpunkt auf die Rechte aus dem Titel und die diesbezügliche Zwangsvollstreckung verzichtet, den Titel aber noch zur Zwangsvollstreckung für frühere offene Unterhaltsrückstände benötigt, genügt statt der Rückgabe des Titels ausnahmsweise die Erklärung, ab einem bestimmten Zeitraum nicht mehr zu vollstrecken (BGH, FamRZ 1984, 770, 771; OLG München v. 3.12.1998 - 12 WF 1327/98, OLGReport München 1999, 41 = FamRZ 1999, 942).

So liegt der Fall hier: Die Beklagte hat die unbedingte Erklärung abgegeben, ab dem 1.10.2005 ausdrücklich und endgültig auf Volljährigenunterhalt von dem Kläger zu verzichten. Wie sich aus den Schriftsätzen der Beklagten vom 13.11.2005 und 11.12.2005 ergibt, beschränkt sie das von ihr eingeleitete Zwangsvollstreckungsverfahren auf Unterhaltsrückstände bis einschließlich Februar 2000. Diese Unterhaltsrückstände, aufgrund derer sie noch der vollstreckbaren Ausfertigung des Vergleichs zur Zwangsvollstreckung bedarf, hat die Beklagte in ihren Schriftsätzen substantiiert dargelegt und berechnet. Der Einwand des Klägers, laufend den einvernehmlich reduzierten Unterhalt von monatlich 51,13 EUR gezahlt zu haben, greift ggü. dem von der Beklagten für die Zeit bis Februar 2000 dargelegten Unterhaltsrückstand nicht durch, denn ausweislich des vom Kläger als Anlage zur Klageschrift selbst vorgelegten außergerichtlichen Schreibens der Kindesmutter vom 13.9.2001 erfolgte die einvernehmliche Reduzierung des Unterhalts auf 100 DM = 51,13 EUR erst mit Wirkung ab dem 1.10.2001. Die Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung des Unterhaltsvergleichs ist der Beklagten deshalb noch nicht anzusinnen. Für den Klageantrag auf Abänderung des Vergleichs des AG - FamG - Essen vom 15.6.2000 dahin, dass der Kläger ab dem 1.10.2005 keinen Unterhalt mehr schuldet, besteht deshalb bereits aufgrund der ausdrücklichen und unbedingten Verzichtserklärung der Beklagten auf zukünftigen Unterhalt ab dem 1.10.2005 kein Rechtsschutzbedürfnis und damit keine Erfolgsaussicht mehr.

Der Kläger kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass bei Hauptsacheerledigung einem vor Erledigung gestellten Prozes...

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