Entscheidungsstichwort (Thema)

Vormundschaftsgerichtliche Regelung des Umgangs des betreuten Elternteils mit seinem erwachsenen Kind

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gegen ein vom Vormundschaftsgericht gegen die Tochter ausgesprochenes Verbot, mit ihrer unter Betreuung stehenden, in einem Heim lebenden Mutter Kontakt aufzunehmen, steht der Tochter nach § 20 Abs. 1 FGG ein Beschwerderecht zu.

2. Die Beschränkung des Umgangs zwischen einem Elternteil und seinem erwachsenen Kind stellt einen Eingriff in den Schutzbereich des Grundrechts des Art. 6 Abs. 1 GG dar. Die Beschränkung ist bei einer Gefährdung der Gesundheit der Betroffenen unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt.

 

Normenkette

BGB § 1632 Abs. 2-3; FGG § 20 Abs. 1; GG Art. 6 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Essen (Beschluss vom 04.08.2008; Aktenzeichen 7 T 88/08)

AG Gelsenkirchen-Buer (Aktenzeichen 37 XVII L 505)

 

Tenor

Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das LG zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens der weiteren Beschwerde übertragen wird.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Betroffene ist die Mutter der Beteiligten zu 4) und 5).

Durch Beschluss des AG Gelsenkirchen-Buer vom 8.10.2007 ist für die Betroffene eine Betreuung mit den Aufgabenkreisen Personensorge einschließlich Aufenthaltsbestimmung, Behörden- und Gerichtsangelegenheiten, Entgegennahme und Öffnen der Post, Gesundheitsfürsorge und Vermögensangelegenheiten eingerichtet und der Beteiligte zu 2) zum Berufsbetreuer bestellt worden.

Die Bestellung eines Berufsbetreuers war erforderlich geworden, weil das Verhältnis der Beteiligten zu 4) und 5) von gegenseitigem Misstrauen und Anschuldigungen geprägt ist.

Der Betreuerbestellung lag ein Gutachten der Frau Dr. H2 vom 9.9.2007 zugrunde, nach dem bei der Betroffenen eine Demenz vom vaskulären Typus besteht, aufgrund derer sich die Betroffene in einem die freie Willensbildung ausschließenden Zustand befindet. Sie ist aufgrund mehrerer Schlaganfälle und zahlreichen Knochenbrüchen im Rahmen einer chronischen Polyarthritis und einer schweren Osteoporose auch körperlich hinfällig.

Mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 9.11.2007 beantragte die Beteiligte zu 4), den Beteiligten zu 2) als Betreuer zu entpflichten. Sie bezichtigte ihn, sein Amt schlecht auszuüben. So habe er ihr gegenüber ein Haus- und Besuchsverbot ausgesprochen, weil sie angeblich versuche, die Betroffene nach Spanien zu verbringen. Sie habe zwar vorgehabt, die Betroffene für kurze Zeit nach Spanien mitzunehmen, wie dieses unstreitig in der Vergangenheit schon des öfteren praktiziert worden sei, sie akzeptiere jedoch die vom Beteiligten zu 2) geäußerten Bedenken gegen diese Reise.

Am 11.11.2007 erklärte die Beteiligte zu 4) ggü. dem Heimpersonal, mit der Betroffenen Verwandte in H4 besuchen zu wollen. Tatsächlich wurde dort nur ein Zwischenstop eingelegt. Die Beteiligte zu 4) reiste mit der Betroffenen nach Spanien weiter, wo die Betroffene mehrere Wochen verblieb. Nachdem die Betroffene kurzzeitig wieder in Deutschland gewesen war, sollte sie nach dem Willen der Beteiligten zu 4) am 8.1.2008 erneut nach Spanien reisen. Dieses scheiterte aber daran, dass der Beteiligte zu 2) die Flughafenpolizei informierte, die einen Abflug der Betroffenen verhindern konnte. Die Betroffene befand sich bis zu ihrer Rückführung in das Seniorenheim in N vorübergehend in polizeilichem Gewahrsam.

Bereits mit Schriftsatz vom 16.11.2007 hatte der Beteiligte zu 2) beim AG den Erlass eines Kontaktverbotes für die Beteiligte zu 4) beantragt. Die Beteiligte zu 4) beantragte nun ihrerseits, die Aufhebung des Ausreiseverbots für die Betroffene.

Unter dem 9.1.2008 wurde die Betroffene von dem Sachverständigen Dr. U untersucht und von der zuständigen Amtsrichterin angehört. Dr. U erstattete ein mündliches Gutachten, nach dem die Betroffene zu einer freien Willensbildung in Bezug auf ihren Ortswechsel nicht mehr in der Lage sei. Nach dem Attest des Dr. H3 stellte dieser am 9.1.2008 bei der Betroffenen einen mäßigen Ernährungszustand, multiple zum Teil infizierten Wunden und eine Pilzinfektion fest, die bei seiner letzten Untersuchung am 9.11.2007 nicht vorgelegen hatten.

Mit Beschluss vom 10.1.2008 untersagte das AG im Wege der einstweiligen Anordnung der Beteiligten zu 4) den Umgang mit der Betroffenen und drohte ihr im Falle der Zuwiderhandlung ein Zwangsgeld i.H.v. 1.000 EUR an. Den Antrag der Beteiligten zu 4), den Beteiligten zu 2) anzuweisen, das ggü. der Betroffenen verhängte Ausreiseverbot aufzuheben, wies das AG zurück.

Gegen diesen Beschluss hat die Beteiligten zu 4) mit anwaltlichem Schriftsatz vom 16.2.2008 Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, die einstweilige Anordnung über das Kontaktverbot aufzuheben. Der Antrag, den Beteiligten zu 2) als Betreuer zu entlassen, wurde erneuert.

Die Beteiligten zu 2) und 5) teilten mit, dass die Betro...

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