Verfahrensgang

LG Bielefeld (Beschluss vom 09.08.1996; Aktenzeichen 16 O 2/95)

 

Tenor

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung hat die Rechtspflegerin des Landgerichts Bielefeld nach Maßgabe der nachstehenden Gründe erneut über das Kostenfestsetzungsgesuch der Gläubigerin vom 22. Juli 1996 und über die Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens zu befinden.

 

Gründe

Die nach ihrer Vorlage an das Oberlandesgericht gemäß § 11 Abs. 2 RpflG als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung hat vorläufigen Erfolg.

Die Auffassung der Rechtspflegerin, daß die für einen (erfolglosen) Drittschuldnerprozeß aufgewandten Kosten des betreibenden Gläubigers nicht Kosten der Zwangsvollstreckung sein können und also unter keinen Umständen vom Schuldner getragen werden müssen, vermag nicht zu überzeugen. Der hierzu zitierte Beschluß des Oberlandesgerichts München vom 31. Mai 1990, wonach der Kostengrundentscheidung des Drittschuldnerprozesses eine die Anwendung des § 788 ZPO ausschließende endgültige Zuteilungsfunktion zukomme (in Rpfleger 1990, 528), läßt die gebotene Differenzierung zwischen Prozeßkosten auf der einen Seite und Vollstreckungskosten andererseits vermissen. Das Betreiben einer Drittschuldnerklage qualifiziert sich als Vollstreckungsmaßnahme des Gläubigers, weil damit der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß durchgesetzt werden soll. Deshalb stellt sich ohne weiteres die Frage, ob und inwieweit die Kosten des Gläubigers für die gerichtliche Hilfe zur Durchsetzung der angeblichen Forderung des Schuldners von diesem gemäß § 788 ZPO zu tragen sind (vgl. Beschluß des OLG Düsseldorf vom 8. Mai 1990 in JurBüro 1990, 1014 f mit zustimmender Anmerkung von Mümmler). Bei einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) oder einer Drittwiderspruchsklage (§ 771 ZPO) liegt die Situation hingegen gänzlich anders. Dort geht es um gerichtlichen Schutz gegen die Vollstreckung, also um die Verhinderung der Anspruchsverfolgung. Diese Angriffe finden erst anläßlich der Vollstreckung des Gläubigers statt, verstehen sich aber nicht selbst als Vollstreckungshandlung. Schon deshalb sind sie entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts München (a.a.O.) nicht mit der Drittschuldnerklage vergleichbar (vgl. Zöller-Stöber, ZPO, 19. Auflage, einerseits Rdnr. 12 und zum anderen Rdnr. 13 unter „Rechtstreit” zu § 788 ZPO m.w.N.).

Besondere Gesichtspunkte, wonach die Anwendbarkeit des § 788 ZPO auf die Kosten einer Drittschuldnerklage ausgeschlossen sein könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Der Schutz des Schuldners vor weiterer Verstrickung durch Anwachsen seiner Verbindlichkeiten infolge sinnloser Prozesse des Gläubigers zur Realisierung zweifelhafter Forderungen ist mit dem Prüfungsmaßstab des § 91 ZPO gewährleistet; der Gläubiger kann nur jene Kosten erstattet verlangen, die er bei vernünftiger Würdigung der Erfolgsaussichten einer Drittschuldnerklage für erforderlich halten durfte. Es spricht nichts dafür, warum der Schuldner von diesem Kostenrisiko und also von seiner prozessualen Erstattungspflicht freigestellt werden sollte, falls der Gläubiger angebliche Ansprüche des Schuldners erfolgversprechend einklagt. Das gilt unabhängig vom Ausgang des Rechtsstreits und der dortigen Kostenverteilung. Während die Kostenentscheidung gemäß den §§ 91 ff ZPO allein das Prozeßrechtsverhältnis betrifft und sich nach dem Ergebnis des Verfahrens richtet, regelt § 788 ZPO die Zuordnung dieser Kosten im Verhältnis von Gläubiger und Schuldner anhand der Beurteilungsgrundlage, ob das Kostenrisiko der Drittschuldnerklage verantwortbar war. Insoweit ist vor allem der Gläubiger schutzwürdig, weil er in der Regel auf die Angaben des Schuldners angewiesen ist, um die Erfolgsaussichten einer Drittschuldnerklage einschätzen zu können. Das wird insbesondere bei einer Fallgestaltung wie der anstehenden deutlich. Wäre die Kostengrundentscheidung des Urteils vom 18. Mai 1996 in dem Rechtsstreit zwischen der Gläubigerin und der Drittschuldnerin (6 C 102/96 Amtsgericht Bünde) endgültig, müßte die Gläubigerin die prozessuale Kostenlast voll alleine tragen und sogar dem Schuldner als Streithelfer der Drittschuldnerin die Kosten erstatten, obwohl sie die Klage nur deshalb erhoben haben will, weil der Schuldner sich der Forderung berühmt und deren Bestand eidesstattlich versichert haben soll (9 M 513/95 Amtsgericht Bünde).

Dem anerkennenswerten Interesse des Gläubigers, die Kosten einer zunächst erfolgversprechenden, letztlich aber erfolglosen Drittschuldnerklage abwälzen zu können, wird entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts München nicht schon durch § 840 Abs. 2 Satz 2 ZPO Rechnung getragen. Diese Vorschrift verpflichtet nur den Drittschuldner und erfaßt nicht jene Fallgestaltung, wo die Klage ungeachtet rechtzeitiger und richtiger Angaben des Drittschuldners deshalb erhoben wird, weil der Schuldner eine schlüssige Anspruchsbegründung dargetan hat und selbige glaubhaft erscheinen durfte. Auch geht es nicht an, den Gläubiger ersatzweise auf einen materiell-recht...

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