Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftbeschwerde. Haftprüfung durch das Oberlandesgericht. Verhältnis

 

Leitsatz (amtlich)

Ist Haftbeschwerde eingelegt und steht gleichzeitig das besondere Haftprüfungsverfahren nach §§ 121, 122 StPO an, so kommt diesem grundsätzlich der Vorrang zu. Durch die Entscheidung im Haftprüfungsverfahren wird eine Haftbeschwerde gegenstandslos. Ausnahmsweise gilt dies nicht, wenn die Entscheidung im Haftprüfungsverfahren nicht zu dem Erfolg führen kann, der dem Angeklagten im Falle der Beschwerdeentscheidung beschieden wäre (etwa: den Angeklagten begünstigende Abänderung des Haftbefehls und Neufassung).

 

Normenkette

StPO §§ 304, 112, 121-122

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 34 KLs 38/15)

 

Tenor

  1. Die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus wird angeordnet.

    Die Haftprüfung für die nächsten drei Monate wird dem nach den allgemeinen Vorschriften dafür zuständigen Gericht übertragen.

  2. Die Haftbeschwerde des Angeklagten ist gegenstandslos.
 

Gründe

I.

Der Angeklagte wurde am 21.01.2015 vorläufig festgenommen und befindet sich aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Dortmund vom 19.01.2015 (701 Gs

500 Js 215/144 - 167/15) seit dem Tag der Festnahme, an dem ihm auch der Haftbefehl verkündet worden ist, in Untersuchungshaft. Mit dem Haftbefehl wird dem Angeklagten zur Last gelegt,

"in nicht rechtsverjährter Zeit

vor dem 30.05.2014 bis zum 01.12.2014

in E und F

durch 3 selbstständige Handlungen

unerlaubt mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge Handel getrieben zu haben."

Dazu heißt es im Haftbefehl:

"Der Beschuldigte unterstützte eine aus Mitgliedern der Familie G bestehende Gruppierung, die in E einen umfangreichen Straßenhandel mit Kokain in nicht geringen Mengen und darüber hinaus einen Handel mit Heroin in nicht geringen Mengen in E und C betreibt, indem er dieser Bargeldbeträge zur Finanzierung der Betäubungsmittelgeschäfte zur Verfügung stellte. Darüber hinaus tätigte er aber auch eigenständige Betäubungsmittelgeschäfte, wobei er die Gruppierung der Familie G belieferte bzw. von dieser Betäubungsmittel bezog.

Dem Beschuldigten können u.a. folgende Taten nachgewiesen werden:

1) und 2)

Am Mittag des 30.05.2014 begaben sich die gesondert verfolgten I und B zu dem Beschuldigten nach F, nachdem I und der ebenfalls gesondert verfolgte B2 am 29.05.2014 erfolglos versucht hatten, Kokain guter Qualität in den Niederlanden zu beschaffen.

In F erwarben sie von dem Beschuldigten 300 Gramm Kokain zum Preis von 12.000,00 Euro und fuhren anschließend zurück nach E. Aus dieser Menge belieferte der I den gesondert verfolgten U in J, der das Kokain gegen 16.20 Uhr von dem mit der Auslieferung beauftragten gesondert verfolgten D erhielt.

Bereits zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt vor dem 30.05.2014 erwarben I und B von dem Beschuldigten in F 300 Gramm Kokain zum Preis von 12.000,00 Euro zum gewinnbringenden Weiterverkauf.

3)

Am 01.12.2014 gegen 01.50 Uhr suchte der Beschuldigte den gesondert verfolgten B nach entsprechenden telefonischen Vorabsprachen an dessen Wohnanschrift in der T-Straße in E auf und erhielt von diesem 1 kg Heroin, das er seinerseits gewinnbringend weiterveräußerte. Zu diesem Zwecke hatte er bereits im Vorfeld entsprechende Kontakte zu diversen Abnehmern hergestellt."

Der Haftbefehl ist gestützt auf den Haftgrund der Fluchtgefahr. Dazu führt das Amtsgericht aus:

" Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr nach § 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO.

Der Beschuldigte ist libanesischer Staatsangehöriger. Er ist verheiratet, lebt derzeit jedoch getrennt von seiner Ehefrau und den beiden gemeinsamen Kindern. Der von dem Beschuldigten betriebene Autohandel ist wegen erheblicher Geldprobleme in Schwierigkeiten geraten. Er dürfte sowohl im Bundesgebiet als auch im Ausland über Kontakte zu einer Vielzahl von Familienangehörigen und Landsleuten verfügen, bei denen er untertauchen kann. Er ist erst am 22.03.2009 wieder aus dem Ausland zugezogen, nachdem ihm eine Aufenthaltserlaubnis wegen Familiennachzugs zur deutschen Ehegattin erteilt worden ist.

Er ist strafrechtlich bereits erheblich und auch einschlägig in Erscheinung getreten. Am 19.11.2002 wurde er vom Amtsgericht Minden (36 Js 1181/02 V

25 Ls 49/02) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Hieraus und aus einer zuvor gegen den Beschuldigten verhängten Geldstrafe wegen Führen eines Kraftfahrzeuges ohne Versicherungsschutz in Tateinheit mit Kennzeichenmissbrauch und Urkundenfälschung ist am 23.07.2003 vom Amtsgericht Minden nachträglich eine Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 7 Monaten gebildet worden. Am 21.07.2004 ist er vom Landgericht Münster (36 Js 2252/02 - 8 Ls 21104) wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und wegen Beihilfe zur unerlaubten Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren und 4 Monaten verurtei...

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