Entscheidungsstichwort (Thema)

Staatsanwaltschaft. Pressemitteilung. Ermittlungsverfahren. Maßnahme. Unterlassungsanspruch

 

Leitsatz (amtlich)

1. Auskünfte der Staatsanwaltschaft oder anderer Ermittlungsbehörden an die Presse oder andere Medien über ein Ermittlungsverfahren fallen grundsätzlich unter den Begriff der Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet der Strafrechtspflege getroffen werden, so dass der Rechtsstreit um solche Mitteilungen an Publikationsorgane grundsätzlich der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG unterliegt.

2. Die Geltendmachung eines im Verfahren über die Rechtmäßigkeit von Pressemitteilungen verfolgten vorbeugenden Unterlassungsanspruchs ist dagegen in dem Verfahren nach den §§ 23 ff EGGVG durch das Gesetz nicht vorgesehen und daher unzulässig; für die Geltendmachung eines solchen Anspruchs ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 VwGO gegeben, wenn die Pressemitteilung ausschließlich im Zusammenhang mit der unzweifelhaft dem hoheitlichen Bereich zuzuordnenden Ermittlungstätigkeit der jeweiligen Behörde erfolgt ist.

 

Normenkette

EGGVG §§ 23 ff.; GVG § 17a; VwGO § 40 Abs. 1

 

Tenor

Für den gestellten Antrag ist der Rechtsweg zum Oberlandesgericht Hamm nach den §§ 23 ff. EGGVG nicht gegeben.

Die Sache wird gemäß § 17a Abs. 2 GVG zuständigkeitshalber an das Verwaltungsgericht Düsseldorf verwiesen.

 

Gründe

A.

Die Antragsteller, die nach dem Antragsvorbringen bis September 2016 insgesamt elf Hotels in Nordrhein-Westfalen und Sachsen selbst betrieben haben, von denen mittlerweile ein Teil verpachtet worden ist und ein weiterer Teil durch verschiedene Gesellschaften, an denen sie beteiligt sind, weiterbetrieben wird, wenden sich mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff EGGVG gegen bestimmte Formulierungen und Mitteilungen in einer Pressemitteilung der Antragsgegnerin vom 07.12.2016 mit der Überschrift "Bundesweite Großaktion gegen betrügerische Hotelbetreiber", in der unter anderem ausgeführt wird, aufgrund eines Verdachtes der Hinterziehung von Sozialabgaben in einer vermuteten Höhe von 2 Millionen Euro sowie des Verdachtes von Verstößen gegen den gesetzlichen Mindestlohn hätten am 07.12.2016 rund 150 Einsatzkräfte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit unter anderem in E, O, I, J, N, X und F insgesamt elf Hotels und sechs weitere Objekte, darunter Privatwohnungen der Beschuldigten durchsucht. Die Antragsgegnerin ermittle bereits seit Anfang 2016 gegen eine dreiköpfige Tätergruppe, die in Nordrhein-Westfalen und Sachsen mehrere Hotels betreibe. Nach derzeitiger Einschätzung belaufe sich der eingetretene Schaden auf mindestens 2 Millionen Euro.

Die Antragsteller begehren mit ihrem Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach den §§ 23 ff EGGVG, im Wege der einstweiligen Anordnung zu beschließen:

  • I.

    Die Antragsgegnerin hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 Euro zu unterlassen, wie in der Pressemitteilung vom 07.12.2016 im Hinblick auf die Antragsteller zu verbreiten:

    1. "betrügerische Hotelbetreiberbetreiber" und/oder
    2. "dreiköpfige Tätergruppe, die in Nordrhein-Westfalen und in Sachsen mehrere Hotels betreibt" und/oder
    3. "nach derzeitiger Einschätzung beläuft sich der eingetretene Schaden auf mindestens 2 Millionen Euro",

      (wobei sich das Verbot nur auf die unterstrichenen Wörter bezieht).

  • II.

    Die Antragsgegnerin hat es bei Vermeidung von Ordnungsgeld bis zu EUR 250.000 zu unterlassen, identifizierend über die Antragsteller im Zusammenhang mit dem gegen sie geführten Ermittlungsverfahren durch Angabe der Anzahl der Hotels (elf) und der Hotelstandorte E, O, I, J, N, X und F in dieser Kombination zu berichten, wenn dies geschieht wie in der Pressemitteilung vom 07.12.2016.

  • III.

    Hilfsantrag (für den Fall, dass dem Antrag zu I. nicht stattgegeben wird): Es wird festgestellt, dass die Veröffentlichung der Pressemitteilung vom 07.12.2016 rechtswidrig war.

Die Antragsteller sind der Ansicht, dass sie durch die beanstandeten Formulierungen sowie dadurch, dass sie in der Pressemitteilung durch die genaue Nennung der einzelnen Hotelstandorte und der Angabe der Anzahl der Hotels als die Beschuldigten des gegen sie geführten Ermittlungsverfahrens identifizierbar seien und dadurch in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht gemäß Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG sowie hinsichtlich der für sie streitenden Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK tangiert seien. Die Antragsgegnerin weigere sich trotz einer entsprechenden Aufforderung, die beanstandeten Äußerungen künftig zu unterlassen. Da das Ermittlungsverfahren weiter andauere, sei auch eine Wiederholung gleichartiger oder ähnlicher Äußerungen zu befürchten. Ihnen - den Antragstellern - stehe daher der geltend gemachte Unterlassungsanspruch zu. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei geboten, da ihnen, falls das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abgewartet werden müsste, schwere Nachteile sowohl in Form von betrieblichen Beeinträchtigungen - ...

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