Leitsatz (amtlich)

Bei einem Internatsvertrag sind die beiderseitigen Vertragspflichten am Sitz des Internats zu erfüllen. An diesen können Eltern, die - weil sie getrennt wohnen - unterschiedliche allgemeine Gerichtsstände haben, ohne vorherige Gerichtsstandsbestimmung gemeinsam verklagt werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 29, 36 Abs. 1 Nr. 3

 

Tenor

Der Senat lehnt eine Zuständigkeitsbestimmung ab.

Die Kosten des Bestimmungsverfahrens trägt die Antragstellerin.

Der Gegenstandswert wird auf bis zu 2.000 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin will die Antragsgegner wegen angeblicher Ansprüche aus einem Erziehungs- und Schulvertrag betreffend deren Sohn in Anspruch nehmen.

Sie hat die Eltern zunächst im Mahnverfahren in Anspruch genommen. In dem gegen die in N wohnhafte Mutter gestellten Mahnantrag hat sie als Prozessgericht, an das im Fall des Widerspruchs das Verfahren abgegeben wird, das LG N, in dem gegen den in P wohnhaften Vater gestellten Mahnantrag als solches das LG P benannt. Beide Antragsgegner haben jeweils gegen den gegen sie gerichteten Mahnbescheid Widerspruch eingelegt. Das gegen die Mutter gerichtete Verfahren wurde an das LG N abgegeben. In diesem Verfahren hat die Antragstellerin zunächst eine Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt.

Auf den Hinweis der Berichterstatterin, dass die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht vorliegen dürften, da für beide Antragsgegner ein gemeinsamer Gerichtsstand bestehen dürfte, hat die Antragstellerin die Verweisung des Verfahrens an das LG Fulda beantragt, sofern das Gericht davon ausgehe, dass als gemeinsamer Gerichtsstand der Erfüllungsort in Betracht komme.

II.1. Die Voraussetzungen einer Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO liegen nicht vor. Zwar haben die Antragsgegner bei verschiedenen LGen ihren allgemeinen Gerichtsstand und möchte die Antragstellerin sie als Streitgenossen in Anspruch nehmen; es besteht aber für beide Antragsgegner gem. § 29 ZPO ein gemeinsamer besonderer Gerichtsstand. Im Fall eines Internatsvertrags ist der gemeinsame Erfüllungsort für die beiderseitigen Leistungspflichten der Internatssitz (OLG Hamm, Urt. v. 10.07.1989 - 25 U 254/88 - zitiert nach juris, dort insbes. Tz. 6; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., 2014, § 29 ZPO Rn. 25 "Ausbildungsvertrag").

Die Antragstellerin hätte mithin von vornherein für beide Antragsgegner das für den Internatssitz zuständige LG als Prozessgericht der Hauptsache angeben können. Dies hat sie nicht getan, sondern in den Mahnanträgen jeweils die Wohnsitzgerichte der Antragsgegner als die Gerichte benannt, an denen ein streitiges Verfahren durchgeführt werden solle. Damit hat sie das ihr gem. § 35 ZPO zustehende Wahlrecht verbindlich ausgeübt. Eine Gerichtsstandsbestimmung gem. § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO scheidet jedoch aus, wenn im Zeitpunkt der Gerichtswahl ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand bestanden hat und dieser durch eine anderweitige Gerichtswahl verlorengegangen ist (Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 36 ZPO Rn. 15).

Für die Entscheidung über den hilfsweise gestellten Verweisungsantrag ist nicht der Senat, sondern das LG N zuständig. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass derzeit mit Blick auf die obigen Ausführungen kein Raum für eine Verweisung durch das als Wohnsitzgericht für eine Klage gegen die Mutter zuständige LG N zu erkennen ist.

2. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ergeht im Falle der Antragszurückweisung eine Kostenentscheidung auch dann, wenn zwischenzeitlich Klage erhoben wurde. Es ist nicht vollständig auszuschließen, dass den Beklagten durch das Zuständigkeitsbestimmungsverfahren zusätzliche Kosten entstanden sind. Bei der Wertfestsetzung ist der Senat davon ausgegangen, dass dem Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung regelmäßig das Kosteninteresse zugrunde liegt, kein isoliertes neues Verfahren gegen den weiteren Antragsgegner führen zu müssen. Ausgehend davon wird ein geschätzter Ansatz von 20 % der Hauptsache für angemessen erachtet.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI9216262

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