Leitsatz (amtlich)

Einem Ehegatten steht in der Regel kein Schadensersatzanspruch gegen den anderen Ehegatten zu, wenn dieser die Zustimmung zu einer Verfügung über das Vermögen im Ganzen verweigert.

 

Normenkette

BGB § 1365 Abs. 1 S. 1

 

Verfahrensgang

AG Schwerte (Beschluss vom 28.12.2010; Aktenzeichen 13 F 228/10)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Schwerte vom 28.12.2010 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I. Die Parteien waren von Juli 1993 bis Februar 2011 miteinander verheiratet; seit etwa Oktober 2003 lebten sie getrennt voneinander. Das Vermögen der Antragstellerin bestand aus dem in ihrem Alleineigentum stehenden Haus N-Straße in T, das nach der Trennung zunächst von ihr und dem Sohn der Beteiligten bewohnt wurde. Im März 2007 wollte die Antragstellerin die Immobilie für 190.000 EUR verkaufen und forderte den Antragsgegner auf, hierzu gem. § 1365 BGB die Zustimmung zu erteilen. Diese wurde verweigert, weshalb die Antragstellerin beantragte, die Zustimmung des Antragsgegners gem. § 1365 Abs. 2 BGB vormundschaftsgerichtlich zu ersetzen; dem Antrag wurde - nachdem ein Prozesskostenhilfeantrag des Antragsgegners in zwei Instanzen erfolglos geblieben war - durch Beschluss des AG Schwerte vom 8.10.2007 entsprochen. Nach Darstellung der Antragstellerin waren inzwischen die Kaufinteressenten abgesprungen, weshalb die Immobilie erst im Jahre 2010 für nur noch 179.000 EUR verkauft werden konnte.

Die Antragstellerin beabsichtigt, den Antragsgegner wegen des Differenzbetrages von 11.000 EUR zzgl. vorgerichtlicher Kosten i.H.v. 837,52 EUR auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, und hat für das beabsichtigte Verfahren Verfahrenskostenhilfe beantragt. Das AG hat diesen Antrag durch Beschluss vom 28.12.2010 zurückgewiesen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.

II. Die hiergegen fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet, denn das AG hat eine hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu Recht verneint; die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruches der Antragstellerin gegen den Antragsgegner sind weder dargelegt worden noch ersichtlich. Zwar ist zugunsten der Antragstellerin im VKH-Prüfungsverfahren davon auszugehen, dass der Antragsgegner die Zustimmung zu der im März 2007 beabsichtigten Veräußerung der Immobilie ohne ausreichenden Grund verweigert hat, doch ein Schadensersatzanspruch der Antragstellerin kann daraus unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt hergeleitet werden.

1. Gemäß § 1365 Abs. 1 S. 1 BGB kann sich ein Ehegatte nur mit Einwilligung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen als Ganzes zu verfügen. Die Regelung ist hauptsächlich eine Schutzbestimmung im Interesse der Familiengemeinschaft und zur Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlage der Familie; daneben bezweckt sie auch, den anderen Ehegatten vor einer Gefährdung seiner Anwartschaft auf Zugewinnausgleich bei Beendigung des Güterstandes zu schützen (vgl. z.B. BGH FamRZ 1978, 1380 ff.; Staudinger/Thiele, Kommentar zum BGB, Neubearbeitung 2007, § 1365 Rz. 2). Allerdings hebt das Gesetz die rechtsgeschäftliche Freiheit der Ehegatten auch im Hinblick auf die Geschäfte über das Vermögen im Ganzen nicht schlechthin auf. Es betrachtet vielmehr lediglich beide Ehegatten als bestimmungsberechtigt darüber, ob solche Geschäfte trotz ihrer abstrakten Gefährlichkeit vorgenommen werden sollen. Durch das Erfordernis der Zustimmung des anderen Ehegatten wird diese Vorstellung rechtstechnisch verwirklicht. Dem anderen Ehegatten wird dadurch kein Recht am Vermögen oder an den einzelnen Vermögensgegenständen eingeräumt (Staudinger/Thiele, a.a.O., Rz. 3), wohl aber ein freies Mitspracherecht in Angelegenheiten, die die wirtschaftlichen Grundlagen der Ehegemeinschaft und den Zugewinnausgleich betreffen (a.a.O. Rz. 101).

Wenn die Zustimmung ohne ausreichenden Grund verweigert wird oder durch Krankheit oder Abwesenheit nicht erteilt werden kann, kann sie auf Antrag durch das Familiengericht ersetzt werden, wenn das Rechtsgeschäft den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entspricht (§ 1365 Abs. 2 BGB); hierfür kommt es letztlich auf die wirtschaftliche Zweckmäßigkeit des Geschäfts unter Berücksichtigung der gesamten familiären Situation unter vernünftigen wirtschaftlichen Erwägungen an (Koch, MünchKomm/BGB, 5. Aufl. 2010, § 1365 Rz. 93). Mit "ausreichendem Grund" wird die Zustimmung nur verweigert, wenn das Rechtsgeschäft mit den Schutzzwecken des § 1365 BGB nicht zu vereinbaren ist. Jede Verweigerung, die nicht die Erhaltung der wirtschaftlichen Grundlagen der Familie oder die Sicherung der (möglichen) künftigen Zugewinnausgleichsforderung im Blick hat, ist unbeachtlich. Nicht zu berücksichtigen ist etwa der Wunsch, einen eigenen Anspruch gegen den Ehegatten durchzusetzen, denn § 1365 hat nicht die Funktion eines Zurückbehaltungsrechts (a.a.O.). Bei der Prüfung der Frage, ob "ausreichend...

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