Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis. Strafzumessung. strafschärfende Berücksichtigung des Handelns unter nicht näher bestimmtem Drogeneinfluss

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Verurteilung wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis ist die strafschärfende Erwägung, dass der Angeklagte bei der Tat unter dem - nicht näher festgestellten - “Einfluss von Kokain und Amphetamin„ gestanden hat, nicht hinreichend tragfähig, wenn der Angeklagte insofern nicht neben dem Fahren ohne Fahrerlaubnis tateinheitlich weitere Straftatbestände verwirklicht oder eine Ordnungswidrigkeit begangen hat, und auch nicht belegt ist, dass in dem Unterlassen der gebotenen kritischen Selbstüberprüfung des Angeklagten im Hinblick auf den eigenen Drogenkonsum und das Fahren eines Pkw ein gegebenenfalls strafschärfender Mangel an Verantwortungsbewusstsein zu Tage getreten wäre; der bloße Umstand einer alkohol- oder drogenbedingten Enthemmung wirkt sich hingegen regelmäßig selbst dann nicht strafschärfend aus, wenn die Voraussetzungen des § 21 StGB nicht erfüllt sind.

 

Normenkette

StGB § 46; StVG § 21 Abs. 1 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Dortmund (Aktenzeichen 54 Ns 74/17)

 

Tenor

Das angefochtene Urteil wird im Strafausspruch mit den zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückverwiesen.

 

Gründe

I.

Das Amtsgericht L hat den Angeklagten am 22.08.2017 wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt sowie eine dreijährige Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis erteilt. Die hiergegen gerichtete Berufung des Angeklagten, die nachträglich auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt wurde, hat das Landgericht Dortmund mit Urteil vom 06.04.2018 verworfen.

Nach den vom Landgericht als bindend angesehenen Feststellungen des Amtsgerichts L vom 22.08.2017 hat der Angeklagte, der zuvor bereits am 30.11.2016 - rechtskräftig - vom Amtsgericht E wegen vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis zu einer zur Bewährung ausgesetzten siebenmonatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden war, am 09.02.2017 "unter dem Einfluss von Kokain und Amphetamin" im Straßenverkehr in L einen Pkw geführt, obwohl er wusste, dass er hierzu aufgrund einer im Jahr 2014 erfolgten Entziehung der Fahrerlaubnis nicht berechtigt war.

Zu Lasten des Angeklagten hat das Landgericht insbesondere berücksichtigt, dass er "nicht nur ohne gültige Fahrerlaubnis, sondern zugleich erneut unter Einfluss von Betäubungsmitteln im Straßenverkehr ein Fahrzeug geführt hat". Eine Strafaussetzung zur Bewährung ist unter anderem mit der Erwägung versagt worden, dass der Angeklagte bislang keinerlei Maßnahmen gegen seinen Betäubungsmittelkonsum bzw. seine Betäubungsmittelproblematik unternommen habe und es ihm "trotz der Vorfälle in der Vergangenheit" bislang nicht gelungen sei, "eine klare Trennung zwischen der aktiven Teilnahme am Straßenverkehr und dem Genuss verbotener Rauschmittel zu ziehen"; vielmehr stehe zu vermuten, dass der Angeklagte "aufgrund einer nicht aufgearbeiteten Betäubungsmittelproblematik erneut Drogen konsumieren und im Zusammenhang damit weitere Straftaten begehen würde". Auch die gemäß § 69a StGB angeordnete Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis ist insbesondere mit der "nicht aufgearbeiteten und sich ständig verfestigten Betäubungsmittelproblematik" des Angeklagten begründet worden; ihm solle deutlich vor Augen geführt werden, "dass das Führen von Kraftfahrzeugen nicht nur ohne Fahrerlaubnis, sondern zugleich unter Einfluss von Betäubungsmitteln für die Rechtsordnung nicht hinzunehmen" sei.

Gegen das Urteil des Landgerichts wendet sich der Angeklagte mit der Revision, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt und hierbei Einwände gegen die Strafzumessung erhebt.

Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm hat beantragt, die Revision als offensichtlich unbegründet zu verwerfen.

II.

Die Revision des Angeklagten ist zulässig und hat vorläufig Erfolg.

1.

Infolge der wirksamen Beschränkung der Berufung auf den Rechtsfolgenausspruch sind der Schuldspruch des Urteils des Amtsgerichts Dortmund vom 22.08.2017 und die ihn tragenden Feststellungen in Rechtskraft erwachsen.

2.

Hingegen war der Rechtsfolgenausspruch auf die Sachrüge hin aufzuheben und die Sache insoweit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere kleine Strafkammer des Landgerichts Dortmund zurückzuverweisen (§§ 349 Abs. 4, 354 Abs. 2 SPO). Er hält der rechtlichen Nachprüfung insofern nicht stand, als die strafschärfende Berücksichtigung des Umstands, dass der Angeklagte bei der Tat "unter dem Einfluss von Kokain und Amphetamin" gestanden hat, sich als nicht hinreichend tragfähig begründet erweist.

Dass der Angeklagte insofern neben dem Fahren ohne Fahrerlaubnis tateinheitlich weitere sich - gegebenenfalls strafschä...

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