Entscheidungsstichwort (Thema)

Risiken bei Berufungsbegründung per Telefax

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine per Fax übermittelte Berufungsbegründung ist nur dann fristgerecht, wenn das Gerät die Begründung (ohne Anlagen) vor Fristablauf ausgedruckt hat.

2. Der Absender muss damit rechnen und berücksichtigen, dass das Empfangsgerät den Ausdruck erst nach Empfang des gesamten Schriftsatzes beginnend mit der letzten Seite ausdruckt.

 

Normenkette

ZPO § 520

 

Verfahrensgang

LG Hagen (Beschluss vom 25.02.2004)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 25.04.2006; Aktenzeichen IV ZB 20/05)

 

Tenor

Unter Zurückweisung des Antrags der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist wird die Berufung der Klägerin gegen das am 25.2.2004 verkündete Urteil der 2. Zivilkammer des LG Hagen als unzulässig verworfen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Streithelferin der Beklagten.

 

Gründe

I. Das angefochtene Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 14.4.2004 zugestellt worden. Sie hat am 14.5.2004 dagegen Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründungsfrist ist antragsgemäß zunächst bis zum 14.7.2004 verlängert worden.

Mit einem am 12.7.2004 bei Gericht eingegangenen Fax-Schreiben (Bl. 155 d.A.) haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin unter Angabe eines falschen Aktenzeichens eine weitere Verlängerung bis 14.8.2004 beantragt; ein Einverständnis der Gegner ist nicht mitgeteilt worden. Der Antrag hat dem Senatsvorsitzenden oder einem anderen Senatsmitglied bis einschließlich 14.8.2004 nicht vorgelegen.

Mit zwei Fax-Sendungen am 14./15.7.2004 und 15.7.2004 haben die Prozessbevollmächtigten der Klägerin dem Gericht eine Berufungsbegründung nebst Anlagen übermittelt.

Ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Einzelverbindungsübersicht der Deutschen Telekom (Bl. 196 f.) hat eine erste Verbindung bestanden ab 23:55:40 Uhr am 14.7.2004 mit einer Dauer von 4 min 24 sec, also bis 00:00:04 Uhr am 15.7.2004. Mit dieser Verbindung wurden die sieben Seiten der Berufungsbegründung (Bl. 159 bis 165) sowie zwei Seiten Anlagen (Bl. 166 f.) übermittelt. Das Fax-(Empfangs-)Gerät des Gerichts hat die Seiten mit folgenden "Empfangszeiten" ausgedruckt: 23:59 für S. 1 und 2 der Berufungsbegründung: 00:00 für S. 3 und 4; 00:01 für S. 5 und 6; 00:02 für S. 7 und die erste Seite Anlagen; 00:03 für die zweite Seite Anlagen.

Eine zweite Verbindung hat ausweislich der Einzelverbindungsübersicht bestanden ab 00:02:08 Uhr am 15.7.2004 mit einer Dauer von 3 min 19 sec, also bis 00:05:27 Uhr. Dabei sind übermittelt worden weitere vier Seiten Anlagen (Bl. 168-171).

Auf Nachfrage des Senats (Bl. 253 f.) hat der stellvertretene Geschäftsleiter unter dem 30.11.2004 Folgendes mitgeteilt (Bl. 255): Das in Rede stehende Telefaxgerät ist so eingestellt und ist auch am 14./15.7.2004 so eingestellt gewesen, dass der Ausdruck einer Fax-Sendung erst nach Empfang sämtlicher Seiten der Fax-Sendung erfolgt. Die von dem Gerät aufgedruckte "Empfangszeit" ist die jeweilige Zeit des Eingangs der Seite in dem Fax-Speicher des Geräts gewesen. Die Seiten sind sortiert ausgedruckt worden, also die zuletzt gesendete Seite (hier: zweite Seite Anlage) zuerst und die zuerst gesendete Seite (hier: S. 1 der Berufungsbegründung) zuletzt.

Das Gericht unterhält unter der zur Übermittlung der Berufungsbegründung benutzten Telefonnummer zwei Fax-Geräte. Auf Rückfrage des Senats (Bl. 265) hat der stellvertretende Geschäftsleiter unter dem 21.1.2005 mitgeteilt, dass sich Vorstehendes auf beide seinerzeit eingesetzte Fax-Geräte bezieht (Bl. 266).

Wegen der Einzelheiten wird auf die Anfragen des Senats und die dienstlichen Äußerungen des stellvertretenden Geschäftsleiters Bezug genommen; die Parteien haben Gelegenheit zur Stellungnahme gehabt. Außerdem wird auf die Verfügungen des Berichterstatters vom 18.8.2004 (Bl. 189 f.) und 15.10.2004 (Bl. 229 f.), 2.1.2005 (Bl. 256 R) und 2.2.2005 (Bl. 267) verwiesen.

Wegen der Stellungnahmen der Parteien zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufungsbegründung wird auf deren Schriftsätze Bezug genommen.

Hilfsweise hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 16.11.2004 (Bl. 241 ff.) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist beantragt. Auch dazu wird auf ihre Schriftsätze Bezug genommen.

II. Die Berufung ist unzulässig, da die Klägerin die Berufungsbegründungsfrist versäumt hat (§ 522 Abs. 1, 520 Abs. 1 ZPO).

1. Die Berufungsbegründungsfrist hat geendet mit Ablauf des 14.7.2004.

Dem zweiten Verlängerungsantrag hat nicht entsprochen werden können, da eine Einwilligung des Gegners bis Ablauf des 14.7.2004 nicht vorgelegen hat (§ 520 Abs. 2 S. 2 ZPO). Der Senat hat die Klägerin auch nicht rechtzeitig auf das Erfordernis der Einwilligung des Gegners hinweisen können, da der zweite Verlängerungsantrag dem Senat bis Fristablauf nicht vorgelegen hat.

2. Diese Frist hat die Klägerin nicht gewahrt.

a) Maßgeblich für den rechtzeitigen Eingang der Be...

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