Entscheidungsstichwort (Thema)

Unwirksamkeit der Nacherbenberufung. Vor- und Nacherbschaft. Benennung der Nacherben durch einen Dritten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Bestimmung in einem Testament, in der sich der Erblasser im Anschluss an die Berufung seiner Ehefrau als Vorerbin darauf beschränkt, lediglich den Personenkreis zu benennen, aus dem künftig entweder er selbst den Nacherben noch berufen will oder die von ihm dazu ermächtigte Ehefrau den Nacherben noch bestimmen soll, ist gem. § 2065 Abs. 2 BGB unwirksam.

2. Eine solche Bestimmung kann nicht dahin ausgelegt werden, es sei eine Nacherbenberufung erfolgt, die der Erblasser unter die auflösende Bedingung gestellt hat, dass seine Ehe frau nicht anderweitig über den Nachlass verfügt.

3. Die Unwirksamkeit der Nacherbenberufung führt zur Anwendung der Auslegungsregel des § 2104 BGB.

 

Normenkette

BGB § 2065 Abs. 2, §§ 2075, 2104, 2142 Abs. 2

 

Verfahrensgang

LG Münster (Beschluss vom 25.01.2006; Aktenzeichen 5 T 754/05)

AG Beckum (Aktenzeichen 2-VI 241/04)

 

Tenor

Die weiteren Beschwerden werden zurückgewiesen.

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben die dem Beteiligten zu 1) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen außergerichtlichen Kosten zu je ¾ Anteil zu erstatten.

Der Gegenstandswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 112.500 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Der Erblasser ist am 8.2,1980 verstorben. Er war in zweiter Ehe mit der am 21.9.2003 nachverstorbenen Q verheiratet Aus der Ehe mit seiner im Jahre 1966 verstorbenen ersten Ehefrau Q2 sind zwei Söhne hervorgegangen, der Beteiligte zu 1) und der am 12.6.2002 verstorbene Q3, dessen Kinder die Beteiligten zu 2) bis 5) sind.

Bereits durch notariellen Übertragungsvertrag vom 26.6.1973 (UR-Nr. .../73 des Notars O in C3) übertrug der Erblasser einen Großteil seines Vermögens, insb. diverse Betriebsgrundstücke, auf seine beiden Söhne. In Ziff. II § 5 und Ziff. III § 5 war jeweils bestimmt:

"Die Übertragungen erfolgen unentgeltlich, unter Anrechnung auf künftige Erb-, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche."

Am 20.9.1979 errichtete der Erblasser ein handschriftliches Testament, in dem er zunächst seine Ehefrau Q zur Vorerbin einsetzte. Weiter heißt es in dem Testament:

"Aus meiner durch Ableben meiner ersten Ehefrau beendeten Ehe sind 2 Söhne hervorgegangen. Diese Kinder aus meiner 1. Ehe haben im Wege des Übertragungsvertrages, also der vorweggenommenen Erbfolge, bereits den größten Teil meines Vermögens erhalten.

Nacherben sollen einer oder mehrere meiner beiden Söhne aus 1. Ehe, oder deren Kinder, sein.

Falls ich die Benennung des oder der Nacherben nicht selbst vornehme, soll meine Ehefrau Q die Auswahl des oder der Nacherben aus meinen vorgenannten Blutsverwandten vornehmen."

Die Ehefrau des Erblassers errichtete nach dessen Tod mehrere Testamente, zuletzt in notarieller Form am 23.9.2002 (UR-Nr. ..2/2002 des Notars H in C3). Darin heißt es u.a.:

"Entsprechend der Ermächtigung meines verstorbenen Mannes Q4 in seinem privatschriftlichen Testament vom 20.9.1979, die Bestimmung des Nacherben aus seinem Testament vorzunehmen, bin ich insoweit zur bedingten Vorerbin eingesetzt und setze zu Schlusserben hinsichtlich des von meinem Mann geerbten Vermögens und damit zu Erben die Söhne meines verstorbenen Neffe, Q3, nämlich Q5 und Q6 zu je ½ Anteil ein.

Der Beteiligte zu 1) hat in notarieller Urkunde vom 1.9.2004 (UR-Nr. ..3/2004 Notar Dr. C2 in I) beantragt, ihm einen gemeinschaftlichen Erbschein zu erteilen, der ihn als Miterben zu ½ und die Beteiligten zu 2) bis 5) als Miterben zu je 1/8 ausweisen soll. Zur Begründung hat er im Wesentlichen geltend gemacht:

Die Bestimmung im Testament seines Vaters vom 20.9.1979, mit welcher der Ehefrau die Befugnis zur Bestimmung eines oder mehrerer Nacherben eingeräumt worden sei, verstoße gegen § 2065 Abs. 2 BGB und sei unwirksam. Es sei nicht Wille des Erblassers gewesen, einen seiner Söhne im Hinblick auf die bereits zu Lebzeiten erfolgten Vermögensübertragungen ganz von der Erbfolge auszuschließen. Es sei auch nicht zutreffend, dass der ihm selbst übertragene Anteil am Vermögen des Vaters deutlich mehr wert gewesen sei als das, was sein Bruder erhalten habe. Durch die Einsetzung der Ehefrau als Vorerbin habe diese lediglich zu ihren Lebzeiten versorgt werden sollen.

Die Beteiligten zu 2) und 3) haben sich gegen die Erteilung des beantragten Erbscheines gewandt. Der Beteiligte zu 2) hat die Auffassung vertreten, als Nacherben des Erblassers seien er und der Beteiligte zu 3) berufen. Das Testament sei dahingehend auszulegen, dass der Erblasser seine Abkömmlinge unter der auflösenden Bedingung zu Nacherben eingesetzt habe, dass die Vorerbin nicht anders testiere. Die Ehefrau habe in ihrer Testierfreiheit nur insoweit eingeschränkt sein sollen, als das Vermögen nach ihrem Tode nicht an familienfremde, sondern an einen oder mehrere "Blutsverwandte" habe gehen sollen. Dabei habe es der Ehefrau jedoch freigestellt sein sollen, welchen Abkömmling sie von der Erbfolge ausschließ...

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