Normenkette

ZPO § 92 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Essen (Aktenzeichen 12 O 434/01)

 

Tenor

Der der Klägerin von dem Beklagten zu erstattendeBetrag wird abändernd auf 1.867,84 Euro nebst Zinsen i.H.v. 5 % über dem Basiszinssatz nach § 1 des Diskontsatz-Überleitungsgesetzes vom 9.6.1998 (BGBl. I S. 1242) seit dem 29.1.2002 festgesetzt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Gegenstandswert von 1.817,52 Euro.

 

Gründe

Die zulässige sofortige Beschwerde der Klägerin (§§ 104 Abs. 3 S. 1 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG) hat Erfolg.

Sie begehrt zu Recht die hälftige Ausgleichung der im selbstständigen Beweisverfahren 12 O H 1/00 LG Essen entstandenen Gerichtskosten. Die Gerichtskosten jenes Verfahrens betragen nach der Kostenrechnung vom 7.9.2001 insgesamt 9.196,11 DM. Hiervon haben beide Parteien jeweils die Hälfte, also 4.598,06 DM zu tragen. Da die Klägerin 8.152,81 DM gezahlt hat, steht ihr insoweit ein Erstattungsanspruch von 3.554,76 DM = 1.817,52 Euro gegen den Beklagten zu, so dass sich einschl. des für den Rechtsstreit 12 O 434/01 LG Essen festgesetzten Betrages von 50,32 Euro eine Forderung von 1.867,84 Euro nebst Zinsen zugunsten der Klägerin ergibt.

Der von den Parteien am 15.1.2002 geschlossene Vergleich, nach dem die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs gegeneinander aufgehoben worden sind, ist dahin auszulegen, dass auch die Gerichtskosten des vorausgegangenen selbstständigen Beweisverfahrens 12 OH 1/00 LG Essen entsprechend § 92 Abs. 1 S. 2 ZPO beiden Parteien je zur Hälfte zur Last fallen sollten. Zwar ist die Rechtspflegerin im angefochtenen Beschluss zu Recht von der st. Rspr. des Senats ausgegangen, dass die Gerichtskosten eines selbstständigen Beweisverfahrens auch nach dessen am 1.4.1991 in Kraft getretenen Neuregelung als außergerichtliche Kosten des späteren Hauptsacheprozesses anzusehen sind und deshalb im Falle einer Kostenaufhebung im Hauptsacheprozess grundsätzlich nicht ausgeglichen werden können (siehe z.B. OLG Hamm, Beschl. v. 24.3.1999 – 23 W 391/98, JurBüro 2000, 257; v. 5.8.1996 – 23 W 213/96, OLGReport Hamm 1997, 240 und v. 19.2.1987 – 23 W 675/86, JurBüro 1987, 1409). Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Parteien die Kostenregelung eines von ihnen abgeschlossenen Vergleichs übereinstimmend anders verstanden haben (s. OLG Hamm, Beschl. v. 28.5.2001 – 23 W 79/01 unveröffentlicht). Zwar ist bei der Auslegung eines Vergleichs im Kostenfestsetzungsverfahren von seinem Wortlaut auszugehen. Sonstige Umstände können nur berücksichtigt werden, wenn sie im Vergleichstext wenigstens Anklang gefunden haben (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 28.44.1989 – 23 W 152/89, Rpfleger 1989, 521 [522]). Dies hindert eine Auslegung entgegen den oben dargestellten Grundsätzen des Senats im Einzelfall jedoch nicht, weil die Frage, ob die Gerichtskosten eines selbstständigen Beweisverfahrens im späteren Hauptsacheprozess als Gerichtskosten oder außergerichtliche Kosten zu behandeln sind, nicht von vornherein nur i.S.d. st. Rspr. des Senats entschieden werden kann, sondern vielfach auch anders beurteilt wird (siehe zum Streitstand etwa Zöller/Herget, ZPO, 23. Aufl., § 91 Rz. 13 zum Stichwort „Selbständiges Beweisverfahren” a.E.; Hartmann in Baumbach/Lautermann/Albers/Hartmann, ZPO, 60. Aufl., § 91 Rz. 199 f.). Einem im Einzelfall festzustellenden Willen der Parteien, die Gerichtskosten auch des selbstständigen Beweisverfahrens seien im Fall einer im Hauptsacheprozess vereinbarten Kostenaufhebung hälftig zu tragen, kann deshalb nicht abgesprochen werden, im Vergleichstext Anklang gefunden zu haben.

Hier steht aufgrund der Umstände fest, dass die Parteivertreter bei Vergleichsschluss der Ansicht waren, nicht nur die Gerichtskosten des Hauptsacheprozesses, sondern auch die des selbstständigen Beweisverfahrens sollten geteilt werden. Dies gilt nicht nur für Rechtsanwalt B., der die von dieser Auslegung begünstigte Klägerin im Kammertermin vom 15.1.2002 vertreten hat, sondern auch für Rechtsanwalt L., der für den Beklagten aufgetreten ist. Beide Parteivertreter haben nämlich am 17. bzw. 25.1.2002 im Hinblick auf die Kostenregelung des am 15.1.2002 geschlossenen Vergleichs einen Ausgleich auch der Gerichtskosten des selbstständigen Beweisverfahrens beantragt. Entgegen dem jetzigen Vorbringen des Beklagten kann dies nicht nur aus Gründen anwaltlicher Vorsorge für den Fall geschehen sein, dass das LG von der ständigen Rechtsprechung des Senats abweichen würde. Der Ausgleichungsantrag des Beklagten vom 17.1.2002, der noch vor dem Antrag der Klägerin gestellt worden ist und deshalb auch keine Reaktion auf ein gegnerisches Begehren gewesen sein kann, lautet nämlich einschränkungslos wie folgt:

Beantragen wir unter Berücksichtigung der Kostenregelung in dem gerichtlichen Vergleich vom 15.1.2002 auch den Ausgleich der Kosten (Gerichtskosten sowie Sachverständigenaufwendungen) in dem vorgeschalteten Beweisverfahren gleichen Rubrums, Az. 12 OH 1/00 mit auszugleichen.

Erst auf den anschließenden Hinweis vom 28.2.2002, e...

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