Entscheidungsstichwort (Thema)

Sachliche Zuständigkeit. Binnenschifffahrtsgericht. Verweisung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die sachliche Zuständigkeit ist eine von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzung; einer Verfahrensrüge gem. § 338 Nr. 4 StPO bedarf es insoweit daher nicht.

2. Die Bestimmung des § 10 BinSchGerG steht der Revision gegen ein Berufungsurteil des sachlich unzuständigen Landgerichts in einer Schiffahrtssache nicht entgegen.

 

Normenkette

BinSchGerG § 10; StPO §§ 355, 6, 338 Nr. 4 § 6

 

Verfahrensgang

LG Bielefeld (Aktenzeichen 12 Ns 32/14)

 

Tenor

  1. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben.
  2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die notwendigen Auslagen des Angeklagten im Revisionsverfahren, an das Schifffahrtsobergericht bei dem Oberlandesgericht Hamm verwiesen.
  3. Die gerichtlichen Auslagen und Kosten des Revisionsverfahrens und des Berufungsverfahrens vor dem Landgericht Bielefeld bleiben außer Ansatz.
 

Gründe

I.

Das Schifffahrtsgericht Minden hat den Angeklagten wegen Trunkenheit im Verkehr zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung nicht zur Bewährung ausgesetzt. Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte fristgerecht Rechtsmittel eingelegt und dieses in der Folge nicht näher begründet. Nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist hat der Vorsitzende des Schifffahrtsgerichtes die Akten der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht in Bielefeld "zur weiteren Veranlassung (Weiterleitung an das LG Bielefeld)" übersandt. Diese leitete die Akten gemäß § 321 StPO zur Entscheidung über die Berufung an das Landgericht Bielefeld. Mit dem nunmehr angegriffenen Urteil hat die 12. kleine Strafkammer das als Berufung auszulegende Rechtsmittel auf Kosten des Angeklagten als unbegründet verworfen.

Die zulässig erhobene und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision führt zur Aufhebung des Urteils und Verweisung an das für die Entscheidung über die Berufung zuständige Schifffahrtsobergericht beim Oberlandesgericht Hamm, § 355 StPO.

Das Schifffahrtsgericht hat die folgenden Feststellungen und Wertungen getroffen:

Der Angeklagte fuhr am 3. Juni 2012, 13.02 Uhr mit einem ihm zu diesem Zeitpunkt gehörenden Motorboot in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand, was ihm auch bewusst war, auf der Fulda bei km 80,1. Er übernahm auf eigene Initiative von einem Zeugen das Ruder, um an den Anlagesteg heranzufahren. Im Anschluss führte der Angeklagte das Anlegemanöver selbstständig durch, brach den ersten Versuch ab, machte rückwärts und legte im zweiten Versuch in die vorgesehene Stegbox an. Dabei half ihm der Zeuge, indem er das Boot an den Steg heranzog und festmachte. Eine um 14.30 Uhr entnommene Blutprobe ergab eine Blutalkoholkonzentration des Angeklagten in Höhe von 2,98 Promille. Dem Angeklagten war bewusst, dass er zum Tatzeitpunkt fahruntüchtig war und das Boot nicht mehr steuern durfte.

Der Senat hat zum Verfahrensgang ergänzend festgestellt:

Mit Anklageschrift vom 20. Dezember 2012 erhob die Staatsanwaltschaft Bielefeld wegen dieser Tat zunächst Anklage beim Amtsgericht - Strafrichter - in Minden. Der zuständige Dezernent übersandte die Akte am 28. Dezember 2012 an die Staatsanwaltschaft Bielefeld mit dem Bemerken, die Zuständigkeit des Strafrichters sei nicht ersichtlich. Gegebenenfalls möge Anklage vor dem zuständigen Schifffahrtsgericht erhoben werden. Daraufhin nahm die Staatsanwaltschaft Bielefeld mit Verfügung vom 15. Januar 2013 die Anklage zurück und erhob gleichzeitig neue Anklage bei dem Schifffahrtsgericht Minden. Diese Anklage wurde vom Schifffahrtsgericht Minden mit Beschluss vom 20. Februar 2013 ohne Einschränkungen zur Hauptverhandlung zugelassen. Ausdrücklich heißt es in diesem Beschluss, der das Aktenzeichen des Schifffahrtsgerichtes trägt und in der Einleitung des Beschlusskopfes auch diese Bezeichnung aufführt: "Auf Antrag der Staatsanwaltschaft wird das Hauptverfahren gegen ihn vor dem Strafrichter eröffnet." Sowohl in dem Protokoll der zunächst wieder ausgesetzten Hauptverhandlung vom 18. April 2013, als auch in dem Protokoll vom 11. bzw. 19. Dezember 2013 ist das erkennende Gericht als Schifffahrtsgericht bezeichnet. In dem schriftlich abgefassten Urteil wird nicht ausdrücklich die Bezeichnung "Schifffahrtsgericht" aber das Aktenzeichen des Schifffahrtsgerichtes genannt.

II.

Die Revision des Angeklagten führte zur Aufhebung des angegriffenen Urteils der kleinen Strafkammer und Verweisung an das zuständige Schifffahrtsobergericht bei dem Oberlandesgericht Hamm, § 355 StPO. Denn die kleine Strafkammer war sachlich nicht für die Entscheidung über die Berufung des angegriffenen Urteils des Schifffahrtsgericht Minden zuständig. Sachlich zuständig war demgegenüber das Schifffahrtsobergericht; örtlich das Schifffahrtsobergericht bei dem Oberlandesgericht Hamm.

1. Die Revision ist zulässg, insbesondere ist sie statthaft, § 333 StPO.

§ 10 des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in Binnenschifffahrtssachen (BinSchGerG) steht dem nicht entg...

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