Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufgabe des Sorgerechts durch unzureichenden Umgang

 

Leitsatz (amtlich)

Nimmt ein Vater, der zusammen mit der Mutter das gemeinsame Sorgerecht innehat, sein ihm durch Urteil eingeräumtes Umgangsrecht mit seinem Sohn ca. 1 1/4 Jahr nur völlig unzureichend wahr, so kommt dies einer Aufgabe seines Sorgerechts gleich, so dass eine Rückführung nach Art. 12 und 3 HKiEntÜ ausgeschlossen ist, wenn die Mutter zusammen mit dem Sohn aus Polen nach Deutschland umsiedelt und sich weigert, den Sohn freiwillig nach Polen zurückzuführen.

 

Verfahrensgang

AG Hamm (Beschluss vom 30.10.2003; Aktenzeichen 3 F 207/03)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers vom 17.11.2003 gegen den Beschluss des AG – FamG – Hamm vom 30.10.2003 wie auch der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren werden zurückgewiesen.

Gerichtskosten werden für das Beschwerdeverfahren nicht erhoben, Auslagen werden nicht erstattet.

Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Parteien sind seit Herbst 1999 getrennt lebende und durch Urteil des AG O. vom 15.12.2000 – nach Zurückweisung der hiergegen eingelegten Berufung des Antragstellers inzwischen rechtskräftig – geschiedene Eheleute. Aus der Ehe ist der am 12.12.1998 geborene Sohn P. hervorgegangen, der bei der Antragsgegnerin lebt und ebenso wie die Parteien die polnische Staatsangehörigkeit besitzt. Die elterliche Sorge wurde durch das vorgenannte Scheidungsurteil beiden Eltern gemeinsam übertragen, dem Antragsteller wurde daneben ein näher ausgestaltetes Umgangsrecht eingeräumt.

Nachdem die Trennung der Parteien zunächst innerhalb der Ehewohnung in der K.-Straße in O. vollzogen worden war, zog die Antragsgegnerin später zu ihren Eltern in deren etwa 3 km entfernt gelegene Wohnung. Umgangskontakte des Antragstellers mit seinem Sohn fanden auch danach noch bis August 2001 in der früheren Ehewohnung statt, wobei die Antragsgegnerin dem Sohn jeweils zu dem Antragsteller brachte, endeten dann aber aus streitigem Anlass.

Der Antragsteller will anschließend am 28.9.2001 beim Bezirksgericht Olsztyn einen Antrag gestellt haben, die Antragsgegnerin zur Einhaltung des ihm – dem Antragsteller – zustehenden Umgangsrechts mit dem gemeinsamen Sohn anzuhalten und sich, nachdem dieser bei Gericht nicht weiterbearbeitet worden sein soll, in verschiedenster Form, letztlich aber gleichwohl erfolglos um eine Realisierung seines Umgangsrechts bemüht haben. Obwohl der Antragsteller im Mai 2002 zu seinen Eltern gezogen war, deren Wohnung nur wenige hundert Meter von der seiner Schwiegereltern liegt, kam es in der Folge nur noch einmal anlässlich einer im Zuge des Scheidungsverfahrens angeordneten Begutachtung durch das Familienzentrum für Diagnostik und Konsultation in Olsztyn zum persönlichen Kontakt zwischen dem Antragsteller und seinem Sohn, bevor die Antragsgegnerin am 12.12.2002 zusammen mit dem Sohn in die Bundesrepublik umsiedelte, wo sie seither in B., seit dem 23.12.2002 in zweiter Ehe verheiratet, lebt. Der Aufforderung des Antragstellers, den Sohn freiwillig nach Polen zurückzuführen, ist sie nicht nachgekommen.

Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin daher im vorliegenden Verfahren auf Herausgabe des Kindes zum Zwecke seiner Rückführung nach Polen in Anspruch.

Das AG hat den Herausgabeantrag nach Anhörung der Parteien und des Kindes sowie Einholung einer Stellungnahme des Jugendamtes der Stadt B. durch den angefochtenen Beschluss zurückgewiesen und zur Begründung unter näherer Darlegung ausgeführt, die Antragsgegnerin habe durch die ohne Zustimmung des Antragstellers erfolgte Verbringung des gemeinsamen Sohnes in die Bundesrepublik zwar das Sorgerecht des Antragstellers verletzt, hierbei aber nicht widerrechtlich gehandelt, da der Antragsteller sein Sorgerecht nach den getroffenen Feststellungen vor der Übersiedlung in die Bundesrepublik über einen Zeitraum von 1 1/4 Jahren tatsächlich nicht mehr ausgeübt habe.

Gegen diese ihm am 3.11.2003 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 17.11.2003 eingelegte sofortige Beschwerde des Antragstellers, der sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertieft und unter näherer Darlegung ergänzend dazu vorträgt, dass er sich entgegen der Annahme des AG sehr wohl durchgängig und intensiv, gleichwohl aber erfolglos um eine Wahrnehmung seines Umgangsrechts mit seinem Sohn bemüht habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Feststellungen des AG in seinem angefochtenen Beschluss verwiesen.

II. 1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Gemäß § 8 Abs. 2 SorgeRÜbkAG findet gegen eine im ersten Rechtszug ergangene Entscheidung das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 22 FGG statt (Bach/Gildenast, Intentionale Kindesentführung 1999, Rz. 172). Diese wurde hier nach am 3.11. 2003 erfolgter Zustellung des angefochtenen Beschlusses fristgerecht innerhalb der Z...

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